Posts mit dem Label MP3 werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label MP3 werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 30. Oktober 2009

Es sind Worte, nur Worte

Der Eine und der Andere. Beide in einem Boot. Sie segeln zwischen zwei Polen, der sicheren Bucht und dem bewegten offenen Meer. Existenzielles Schwimmen, zwischen Aufbruch und Abschiednehmen. Eine Unterhaltung, bestehend aus fragmentierten Sätzen und unzulänglichem Satzgerüst füllt die Szenerie, beeindruckend untermalt von den aufwühlenden Klängen eines Cellos.

Ich habe es getan
Wie hast Du es getan?
einfach so

Der Eine, überdrüssig des Lebens, des Lärms der Anderen und seiner selbst. Der Gedanke, vom Boot zu springen, es einfach zu tun, auch wenn es Angst macht, lässt ihn nicht los. Der Andere versucht zu vermitteln, zu ergänzen und zu verstehen, folgt den Erklärungen des Einen, Erklärungen, die sich auflösen, die sich immer wieder verlieren an den Grenzen der Sprache.

Das sind alles nur Worte. Es ist alles ausgedacht.

Fosse zeichnet poetische, vielschichtige Sprachlandschaften, deren Wortgewalt sich durch Aussparung, durch Reduktion auf das Unwesentliche auszeichnet. Es, das vermeintlich Wesentliche bleibt nebulös, wird durch das Unaussprechliche ausgedrückt, drängt sich dem Zuschauer auf im Scheitern der Sprache. Ein logisches Paradoxon.

Ich fühle mich so schwer, so schwer wie ein Stein
Du meinst, grau?
Ja. Grau. Nein. Grau ist nicht hässlich. Grau ist schön. Und hässlich.

Handlung gibt es in diesem Stück kaum, es offenbart sich einem eher als Meditation, als Landschaft oder schwebender Zustand zwischen Leben und Tod. Die imaginäre Wirklichkeit wird unterstützt durch ein Bühnenbild, welches ebenso reduziert ist, wie das Stück selbst. Die beiden Männer sitzen auf einem schwankenden Balken, dahinter ist ein netzartiges Segel gespannt. Befreiende Aufbruchstimmung kommt auf, als auf dem Balken gespeist und Schnaps gekippt wird. Die Koketterie mit anheimelnder Normalität ist jedoch von kurzer Dauer. Der Eine stellt sich euphorisch in den Wind, will hinaus in die ungewisse Weite, der Andere klammert sich an den Anker der Sicherheit versprechenden Bucht. Der Eine lässt sich nicht beirren, segelt hinaus, lässt alle Fixpunkte hinter sich. Das Boot wird zum Spiel der Wellen. Und dann passiert es.

wo bist Du? wo bist Du?

Jegliche Rettungsversuche scheitern. Der eine ist fort. Fort mit dem Wind. Das Scheitern manifestiert sich in verzweifeltem Aufbäumen gegen das Unfassbare.

ich bin fort mit dem Wind - ich bin der Wind 

Fosse erzeugt in diesem sperrigen Stück eine triste Stimmung, die nicht leicht zu ertragen ist. An manchen Stellen entsteht der Wunsch, die Protagonisten von der Stange zu werfen, um der Befindlichkeitsfolter ein Ende zu setzen. Manchmal fragt man sich, ob nicht das Cello allein das Stück sehenswert macht.
Doch das täuscht. Die Kraft von Fosse's Sprache wirkt nach, erschliesst sich einem in ihrer Tiefe erst nach dem Verlassen des Theaters. Auch Stunden später bleiben unklare Gedanken, die aber nach und nach einer klaren Faszination weichen.

Jon Fosse "Ich bin der Wind" / Regie Wulf Twiehaus / Stadttheater Konstanz

Arcade Fire - Cold Wind [mp3]
Juliette Lewis - Suicide Dive Bombers [mp3]
The Decemberists - Lost At Sea [mp3]
Regina Spektor - Sailor Song [mp3]
The Unicorns - Sea Ghost [mp3]

Freitag, 23. Oktober 2009

Schweinegrippe...

...oder: was nützt einem Gesundheit, wenn man sonst ein Idiot ist ?

aus der taz :

Machen Sie alles falsch!
 
So geht es in zehn Schritten über die Angst vor der Seuche, die Furcht vor der Zwei-Klassen-Medizin und die Abneigung gegen Politiker hin zum totalen PR-Desaster.

1. Sorgen Sie für eine diffuse, angstverbreitende Problemlage und nennen Sie das Problem beim Namen eines Tieres, das für seine Körperhygiene nicht bekannt ist. Prophezeien Sie das Ende der Menschheit, mindestens aber das Ende aller menschlichen Körperkontakte.

2. Sorgen Sie dafür, dass durch dieses alarmistische Meldesystem jeder einzelne Fall bekannt wird. Heizen Sie damit die Stimmung an. Gut auch, wenn das Problem aus dem bösen Ausland stammt und jede Minute herüberzuschwappen droht. Verbreiten Sie in den Medien flächendeckend Bilder von vermummten Menschen hinter Quarantänezellenfenstern, die Augen blicken traurig bis verzweifelt. Scheuen Sie sich nicht, dafür Kinder zu benutzen.

3. Vermeiden Sie einfache Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit, wie die Aufstellung von Desinfektionsmitteln in öffentlichen Räumen. Ignorieren Sie gute Beispiele aus dem Ausland. Sie wissen ja: Es kommt ganz dicke, da nutzt das sowieso alles nichts.

4. Bringen Sie stattdessen zwei verschiedene Impfstoffe in Umlauf. Raten Sie der einen Gruppe zum einen und warnen Sie die andere Gruppe vor dem anderen. Sorgen Sie dafür, dass Kinder- und Frauenärzte frühzeitig Bedenken an dem für die Normalbevölkerung gedachten Impfstoff anmelden und gerade die weltschützenswerteste Gruppen der Schwangeren und Kleinkinder in Gefahr scheinen. Je mehr Mediziner sich äußern, desto besser. Tun Sie alles, um die Lobby der Impfgegner zu stärken.

5. Verteilen Sie den Impfstoff, der nicht in der Kritik steht, an in der Bevölkerung ohnehin nicht unbedingt sympathieerzeugende Gruppen wie Beamte, Politiker und Bundeswehrsoldaten. Schüren Sie in den Medien dank Ihrer guten Kontakte zu Sozialverbänden und SPD-Gesundheitspolitikern die aufwühlende Debatte um die Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland. Nur zwei Klassen? Reagieren Sie auf diese Vorwürfe aber erst mal gar nicht.

6. Behandeln Sie die Bestellung von Impfstoffen als eine Art Nebensache. Als Innenministerium: Nehmen Sie das billigste Mittel, aber bestellen Sie möglichst früh. Bei billig muss man schnell zuschlagen. Wenn das Mittel keine Wirkstoffverstärker hat, umso besser. Warten Sie ab, es wird sich noch auszahlen.

7. Rücken Sie erst später mit der Sprache raus. Damit, dass der teurere Impfstoff in 50 Millionen Dosen übers Land verschippert wird. Schieben Sie alles auf die böse Pharmaindustrie. Demonstrieren Sie Machtlosigkeit.

8. Gehen Sie da als Kanzlerin vorneweg. Mit der Aussage, erst mal Ihren Hausarzt fragen zu müssen, wie sinnvoll eine Impfung überhaupt ist, beweisen Sie Kernkompetenz beim Thema und distanzieren Sie sich von der eigenen Entscheidungsmacht. Überlassen Sie das nicht Ihren Partei-Hardlinern wie den beiden Wolfgangs, Schäuble und Bosbach, die sich gar nicht erst impfen lassen wollen.

9. Vertreiben Sie auch noch die letzen Impfwilligen, indem Sie klarmachen: Ist alles schlecht. Oder: "Gleichgültig, was verimpft wird, es gibt immer Nebenwirkungen." (Klaus Vater, Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums)

10. Die von Ihnen medienwirksam in Szene gesetzte Pandemie bleibt aus. Gänzlich ungeimpft.

Dann doch lieber geimpft mit guter Musik das Sauwetter am Wochenende geniessen.
Da macht ihr nichts falsch :)

Fucked Up - Year Of The Pig [mp3]
Converge - Year of the Swine [mp3]
Sparklehorse - Pig [mp3]

Dienstag, 6. Oktober 2009

Ein Hauch von Hollywood

Venice Beach ist ein quirliges, buntes Zentrum für durchtrainierte Los Angelenos, Touristen, Strassen- und Lebenskünstler. Der 4,5 km lange Strand ist fest in der Hand der Surfer, nachts gehört er den Obdachlosen und Gangs. Kleine Läden, Cafes und hübsche Häuschen reihen sich aneinander, doch die wenigsten, die hier flanieren, wohnen auch hier. Der grosse Rest kommt - vor allen Dingen am Wochenende - mit dem Auto. Dementsprechend rar sind die Parkplätze. Als wir nach der fünften Runde das Angebot eines Parkplatzdealers für 10$ die Stunde ausgeschlagen hatten, wurden wir endlich fündig. Das Schnäppchen versprach 2$ pro Stunde, zahlbahr in Quarters an der Parkuhr. Ich hatte noch keine Münzen und wollte schnell im Laden nebenan wechseln, da stand schon der Cop am Wagen und fummelte das 50$ Knöllchen an die Scheibe, alles Reden half  nichts. Da wir noch Hollywood auf dem Programm hatten, reichte uns die eine Stunde. Ein bisschen Beach-Life schnuppern, den Surfern zuschauen, dann machten wir uns vom Acker.
Auf der Durchfahrt präsentierten sich uns die Residenzen der Reichen und Schönen in Beverly Hills und Bel Air zugeknöpft und eingemauert in Hochsicherheitstrakts, der Versuch, einen Blick durch den Zaun zu werfen, wird durch fehlende Bürgersteige vereitelt - Gehen auf der Fahrbahn ist schlicht strafbar.
Hollywood machte auf uns einen sehr geschäftigen, aber leicht heruntergekommenen Eindruck. Auf dem 35 km langen Sunset Boulevard entdeckte ich an einer Ampel stehend zufällig das legendäre Wisky A Go Go, in dem einst Rock-Grössen wie The Doors, Janis Joplin, Led Zeppelin, Alice Cooper oder The Mothers of Invention ihre fulminanten Auftritte feierten.

Nachdem wir das Auto für 20$ auf einem bewachten Langzeit-Parkplatz untergebracht hatten, liessen wir uns mit den Menschenmassen über den Hollywood Boulevard treiben, vom berühmten Chinese Theatre zum 2001 speziell für die Oskar-Verleihungen entworfenen Kodak Theatre, über den Walk Of Fame an Michael Jacksons Stern vorbei zum Wax Museum und auf der anderen Strassenseite wieder zurück. Hollywood forever - das reichte.

Der Tag sollte enden mit einem Abstecher zum Laurel Canyon. Wir wollten ein wenig herumschlendern, um vielleicht ein paar ehemalige Domizile der einen oder anderen Rock-Legende zu finden. Schon früher hatte ich mich gewundert, dass man im www nur wenige Bilder vom legendären Tal des Rock'n Roll findet. Als wir den Laurel Canyon Boulevard entlang fuhren, wurde mir klar: wenn unterschiedliche Adressen in LA sich in derselben Straße befinden, heisst das noch lange nicht, dass man von Punkt A nach Punkt B zu Fuß innerhalb eines Tages kommt! Wie auch teilweise in Beverly Hills, gab es gar keine Gehwege mehr, geschweige denn Parkmöglichkeiten. So fuhren wir auf  der kurvigen, schmalen Strasse zum Lookout Mountain, erhaschten dort einen schnellen Blick auf die Smog-verhangene Skyline und folgten dann dem verschlungenen Verlauf des Mulholland Drive am Rücken der Santa Monica Mountains bis zum Wilacre Park. Dort erlebten wir Los Angeles von einer ganz anderen Seite. Junge und Alte, mit oder ohne Kinder, mehr oder weniger sportliche Jogger und Spaziergänger, meist in Begleitung von mehreren Hunden, drehten ihre Runden auf den sandigen Wegen hoch über LA und genossen offensichtlich den Blick auf die Stadt im Sonnenuntergang und die Ruhe des Parks in den Abendstunden.
So we did.
Zurück fuhren wir an den Studios vorbei, auf der La Brea Avenue nach Inglewood. Die Füsse brannten. In einer panzerverglasten Imbissbude holten wir uns noch einen Burger und verzogen uns rasch in unser Hostel.

Für diesen Tag waren wir fertig. Mit allem.

Eminem - Say Good Bye To Hollywood [mp3]
Jackie De Shannon - Laurel Canyon [mp3]
Phil Ochs - The World Began In Eden And Ended In Los Angeles [mp3] 
The Byrds - Bad Night At The Whiskey [mp3] 
Neil Young - L.A. [mp3]

Freitag, 25. September 2009


Jetzt muss man wieder die Terassentüre schliessen. Das schlägt mir auf den Magen und aufs Gemüt. Vielleicht ist es auch ein neuer Virus oder Chinesisches Fieber.
Jedenfalls hatte ich Zeit für ein paar Lektionen in Chinesisch und um meine Musik neu zu verpacken.

Joni Mitchell - Chinese Cafe [mp3]
David Bowie - China Girl [mp3]
R.E.M. - 7 Chinese Brothers [mp3]

Mittwoch, 23. September 2009

Die Baum Partei


„Auf jeden Fall sollten unsere alten Bäume nicht verschwinden. Ihr Holz wird eines Tages für Barrikaden gebraucht werden. Unser marodes System wird Menschen auf dieselben treiben.“

Haug von Kuenheim - "Zeit Magazin"

Estasy - Tree Of Dead [mp3]

Montag, 21. September 2009

Coming into Los Angeles

"I'll give you a bigger car for a special price" sagte der Mann routiniert an der Alamo-Autovermietung des Flughafens von Los Angeles. Den Kleinsten und Billigsten hatte ich gebucht, wohl zu klein, um 2 Rucksäcke, 2 Koffer und 2 Personen durch Kalifornien zu bugsieren. Möglicherweise gibts so was Herziges gar nicht im Land der Superlative.
Müde von 24 Stunden Reise und einer Wartestunde auf das Auto, war mein Widerstand bald gebrochen, ich schaute mir die Upgrade-Wagen durch und als auch meine Kreditkarte einwilligte, führte mich der Mann zu unserem temporären Spielzeug, einem Ford Escape Hybrid 4WD. Rundrum verstellbarer Sitz, Automatik, Übersicht, jede Menge Platz und Aircondition. Es sollte sich noch als gute Entscheidung erweisen.
Inzwischen wars spät, ich todmüde. Der Geschwindigkeitszähler zeigte miles per hour an, draussen hatte es 90° Fahrenheit und auf den 6- bis 8 spurigen Strassen wurde munter rechts überholt - eine wahre Herausforderung, die mich aber vor dem Sekundenschlaf rettete. Lediglich "fünf Minuten entfernt" sollte unser Motel vom Flughafen sein, auf der map waren es wenige mm. Distanz? Ist relativ. Schweissgebadet, einige Meilen und 20 Minuten später, um nach 23 Uhr warfen wir endlich unser Gepäck ins Zimmer und liessen uns von den tieffliegenden Jets und den im Viertelstundentakt vorbeijaulenden Einsatzfahrzeuge in den Schlaf begleiten.

Entgegen aller Prognosen war ich am Morgen danach um 6 Uhr putzmunter. Das Frühstück bestand aus Donuts, Toast mit Butter und Marmelade auf Papptellern und Kaffee aus Styroporbechern. Wenn man fertig war, musste man alles nur wegschmeissen. Etwas gewöhnungsbedürftig, immerhin konnte man aus dem selben Becher gleich mehrere Kaffees trinken.

Da wir nichts anderes vorhatten, wollten wir testen, ob Los Angeles es wert ist, um 6 Uhr a.m. aufzustehen. Also beschlossen wir, erst mal nach Venice Beach und dann nach Hollywood zu fahren.

Arlo Guthrie - Coming Into Los Angeles [mp3]
Spanish Prisoners - Los Angeles Guitar Dream [mp3]

Montag, 10. August 2009

Medusa


Heute hab ich mich mal wieder auf meine alte Seite CosmicCow verirrt. Das Verfallsdatum ist schon seit geraumer Zeit abgelaufen, die Kuh modert still vor sich hin und bräuchte dringend eine Frischzellenkur, sonst hab ich nix an ihr zu mäkeln.
Der nächste Winter kommt bestimmt und dann geht's an die Renovierungsarbeiten...
Beim Durchklicken blieb ich beim link zu Medusa hängen. Medusa gibt's noch und erfreut stellte ich fest, dass auch ihre Hompage inzwischen fertig ist und sogar auf dem aktuellen Stand - thumbs up Dennis :o)

Living For



Do you feel if something happens
can you see the secret of universe
there is a reason to walk into future
there is a meaning when you die away
fighting crying loving for

living and talking and watching for
working writing waiting for
breathing and laughing and weeping for

there is a reason to have hope for
there is a meaning when you wither away
earth is moving around
don´t you feel it
you can´t stop it
humans are going their way
a way of glory
a way of dying - time - space
time takes you to unknown dimensions
it holds your back of your neck
there is no chance to escape
so you will fall
falling into void

it´s hard to believe but we are nothing
it´s hard to ignore how small we are
it´s hard to realize our product of imperfection
it´s easy for us to close our eyes

Medusa - Living For [mp3]
Medusa - Personal Hell [mp3]
Medusa - Trace The Signs [mp3]

Sonntag, 2. August 2009

Der Speermürli-Blues



Erst auf den Berg zum Alm-Öhi, dann zum Küchenhock beim Stadt-Öhi und am Ende zum Blues, wie sich das gehört. So war der Plan.

I woke up that morning.

Um sechs in der Früh rief mich der sechste Berg in den vergangenen vier Wochen. Schweizer Nationalfeiertag, strahlend blauer Himmel und eine bomben Kondition boten beste Vorraussetzungen für einen Testlauf im nahen Toggenburg.
Die Tour zum Speermürli hat ähnliche Anforderungen wie ein Tagesetappe auf dem John-Muir-Trail: 18 km Wegstrecke, 1000 Höhenmeter, keine Seilbahn und Sonne pur. Auch die Tierwelt weist Ähnlichkeiten auf. Hier Kühe, dort Bären - beide braun, von vergleichbarer Körpermasse und die Verdauungsreste erreichen baugleiche Dimensionen. Einzig auf die Killer-Bremsen, die hier gleich zu Anfang in Legionen über mich herfielen, könnte ich dort verzichten. Ich hoffe mal, dass denen in einer Höhe von knapp 3.000 m die Luft ausgeht.

Got a good beer before the sun burnt my brain

Beim Abstieg verlieh uns ein kaltes Haldengut-Bier in Gesellschaft von frohen Bergmenschen Flügel, wir wären nach Nesslau geschwebt, hätten uns die schweren Wanderschuhe nicht geerdet. Auf dem letzten Wegabschnitt erschien uns ein motorisierter Bergengel, der mein Winken als Aufforderung zum Dienst am Nächsten missverstand und uns die letzten 2 km Fussweg zum Nesslauer Bahnhof ersparte. Festlich bekleidet mit Feinrippunterhemd schwelgte er gänseblümchenkauend in Kindheitserinnerungen, während wir an seinem Geburtshaus vorbeifuhren.























Got a good Ossobuco and the dog ate the bone

Eigentlich reif für die Couch, quälte ich mich nach der Rückkehr noch eine Runde durchs Kaufland, schmiss mich dann unter die Dusche und anschliessend in Schale. Ossobuco, Gemüsepfanne und köstliche Mangocreme, akkustisch bereichert durch B.B. King und John Mayall's Blues vom Laurel Canyon, erwiesen sich als angemessene Alternative zur Couch.
Unter den illustren Gästen befand sich auch ein tibetanischer Tempelhund mit vorzüglichen Tischmanieren und ein schwarzer Mann im Anzug. Der schwarze Mann trommelte mit seinen Fingern zum Blues und der Hund legte artig ein Ohr auf den Tisch. Die beiden forderten meine ganze Aufmerksamkeit.
Warum frisst der Hund die Knochen nur von der Serviette und nicht vom Teller? Wachsen Berge analog zum Alter? Frisst der Hund auch Mangoknochen?
Fragen, über Fragen, auf die wir bis in die frühen Morgenstunden keine befriedigenden Antworten fanden und mich den Blues of the Naturfreundehaus vergessen liessen.

I woke up this morning

Nein, ich hatte keinen dicken Kopf. Mit einer dicken, ballonförmigen Hand strich ich mir die Haare aus dem Gesicht und blickte einäugig und ungläubig in den Spiegel. Das andere Auge war zwischen zwei kleineren Ballons verschwunden. An Armen und Beinen entdeckte ich noch weitere beulenartige Gebilde - die Killerbremsen hatten ganze Arbeit geleistet. Dagegen war kein Hausmittel gewachsen.

Got a good coffee before the doctor came around

In der Ambulanz wankte mir um fünf vor zwölf und kurz vor dem Zuquellen des zweiten Auges zwischen anderen Verunglückten ein sturzbetrunkener Mann mit eingenässter Hose entgegen, aus dem Sprechzimmer torkelte ein anderer, nicht weniger Besoffene mit ausgekugelter Schulter. Ich wünschte, mir würde die Nase auch noch zuquellen.
"Bisher hab ich noch nie jemand Cortison bei Insektenstichen verabreicht, aber so wie das aussieht..." meinte der Arzt sichtlich beeindruckt und verpasste mir die volle Ladung.
"Als Nebenwirkung bekommen Sie Flugzeuge im Bauch. Wie beim Verliebtsein."
Keine Ahnung, welche Drogen er zu sich genommen hatte, jedenfalls hatte ich diesen Zustand etwas anders in Erinnerung.

Draussen schüttete es wie aus Kübeln und die Polizei holte den Eigenässten zum Trocknen in die Ausnüchterungszelle ab.
Es juckte mich nicht im geringsten - meine Beulen dafür umso mehr.

John Mayall - Laurel Canyon Home [mp3]
John Lee Hooker - Mad Man Blues [mp3]
John Mayall - Medicine Man [mp3]
Del McCoury - Feel The Blues Movin' In [mp3]

Freitag, 10. Juli 2009

Hitler und das Bergidyll

"Das Kehlsteinhaus war ein Projekt Martin Bormanns, das er im Namen der NSDAP Adolf Hitler zu dessen 50. Geburtstag schenkte. Hitler besuchte das Kehlsteinhaus allerdings äußerst selten.
Wenn auch keine Entscheidung Hitlers auf dem Kehlstein fiel, so steht das Haus doch für den Wahn seines Regimes, steht es für "seine Welt" am Obersalzberg, wo Pläne für Krieg und Massenmord geschmiedet wurden. Das Kehlsteinhaus war einst Geschenk der Partei, die sich willenlos jenem Mann unterwarf, der die Welt ins Unglück stürzen sollte. Scheinbar trotzig erhebt sich das Gebäude über der schroffen Steilwand - auch eine Straße in völlig unwegsamem Gelände hatte man dem Berg mit Gewalt abgerungen. Wenngleich eine architektonische Leistung, so war es auch ein Akt der Verschwendung von Natur und Ressourcen. Ein goldglänzender Aufzug inmitten des Berges, durch den man zum "Gipfel der Macht" gleichsam emporgehoben wurde - all das eignete sich nur zu gut, um Menschen zu blenden.Die Bomben der Aliierten im Zweiten Weltkrieg trafen das Kehlsteinhaus nicht. Dank des persönlichen Einsatzes des damaligen Landrats Jacob unterblieb auch die Sprengung des Hauses. Das Kehlsteinhaus ist daher heute noch in seiner ursprünglichen Form erhalten und wird seit 1952 als Berggasthaus durch private Pächter geführt. Der bayrische Staat hat 1960, anläßlich der 150 jährigen Zugehörigkeit des Berchtesgadener Landes zu Bayern, den Besitz in eine Stiftung eingebracht. Die Erträge fließen gemeinnützigen Zwecken zu.Heute bietet es vielen Menschen nicht nur einen einzigartigen Ausblick auf eine wunderschöne Landschaft, sondern auch die Chance zur Erinnerung und Aufklärung über die Abgründe einer menschenverachtenden Diktatur."
Quelle: Das Kehlsteinhaus

Vor ein paar Wochen besuchte ich den Obersalzberg und fuhr hinauf zum Adlerhorst.
Von oben hat man einen wunderbaren Blick auf die Berchtesgadener Alpen und mit ein wenig Glück in die Tiefe auf den Königsee. Die heutige Bergidylle einerseits und andererseits der zerstörerische, abgründige Geist der Vergangenheit, den man hier überall zu spüren meint, wecken ambivalente Gefühle. Man kann diesen Ort nicht unbeschwert geniessen.
Trotzdem bin ich froh, dort gewesen zu sein. Der Besuch hat mich zutiefst beeindruckt und nachdenklich gemacht.

Am Wochenende ziehts mich erneut dorthin, allerdings werd ich einen Nachbarberg besteigen und aus wohltuender Distanz einen Blick auf den Kehlstein werfen.
Anschliessend gehts zur Grauzellenfrischkur - eine Woche Schulbank drücken.

Also, bleibt sauber, bis die Tage.

Zur Überbrückung gibt's ne ganz feine Ladung auf die Ohren.

Bruce Cockburn - Last Night Of The World [mp3]
Bruce Cockburn - Mango [mp3]

Bruce Cockburn - When You Give It Away [mp3]

John Mayall - Ready To Ride [mp3]
John Mayall - First Time Alone [mp3]
John Mayall - Somebody's Acting Like A Child [mp3]

Sonntag, 28. Juni 2009

Dream Theater






























Gestern Abend in der Sporthalle in Wettingen boten die New Yorker Metal-Pioniere ein astreines Konzert. Allein der Umstand, dass wir gefühlte vier Kilometer von der Bühne entfernt standen, die schätzungsweise ***tausend Fans sich wie die Sardinen in der Büchse davor drängelten und ein weiteres Vordringen unmöglicht machten, schmälerte das visuelle Erleben etwas. Zum Glück bekamen wir dafür einen ordentlichen Ohrgasmus.
Man brauchte nicht mal zu tanzen, die durchaus melodiös gespielten Basslinien brachten Bauch-Beine-Po von ganz alleine in Schwingung. Obwohl ich keine Stöpsel drin hatte, klingelten meine Ohren anschliessend nicht und ich hörte hinterher genauso schlecht wie vorher.
Gut konditioniert, meine Ohren. Oder - das Alter hat auch Vorteile.
Egal.
Es war saugut. Es war voll. Es war laut. Es war heiss. Und es floss unter anderem auch viel Schweiss.
Der Weg nach draussen führte am Hallenbad vorbei. Ironie des Schicksals. Gerne hätte ich einen Sprung ins kühlende Nass gewagt. Doch da waren Scheiben dazwischen.

Obwohl wir durch den regen Verkehr auf der Rückfahrt etwas ausgebremst wurden, verlief sie doch völlig unspektakulär. Kein Hagel, kein Donner und kein einziger Blitz erleuchtete den Nachthimmel.
Donnerwetter, Wettingen hat auch was. Aber Openair oder im Hallenstadion wäre der Knaller gewesen.

Dream Theater - Take The Time [mp3]
Dream Theater - Pull Me Under [mp3]
Dream Theater - Learning To Live [mp3]

Sonntag, 21. Juni 2009

Schuld war nur der Büffel-Rock

Der Briefträger hat heute wieder mal ganze Arbeit geleistet. Lesenswertes und Papiermüll füllte den Briefkasten gleichermassen. Zwischen "Gesundheit und Gesellschaft", "political correct darf man den eigentlich nicht lesen" und "direkt" der Werbebrief einer penetranten Fern-Akademie, die mir ständig Wissensdefizite suggeriert. Die üblichen Rechnungen, eine davon üblicher als normal. Hektisch riss ich das Kuvert auf - die Stadtverwaltung Radolfzell bittet zur Kasse. "Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 8 km" - macht 15 €. Puuuhhh! Gut überschritten...da war ich schon schneller unterwegs.
Wer fährt auch schon spät nachts ohne Not durch Liggeringen? Natürlich - der Büffel Rock war schuld.

Vom Flughafen Zürich kommend, wollte ich auf keinen Fall die letzten vier Songs von Skin n' Bone und deren letzte, allerletzte und allerallerletzte Zugaben im Gelände der lauschigen Bisonstube verpassen. Ordentlich ab Ortseingang 50 km/h gefahren, bis das blöde 40er Schild auftauchte. Und dann der Blitz, aber kein Gewitter weit und breit. OK - Frieden, obwohl die Knochen schon noch ne allerallerallerletzte Zugabe hätten spendieren können...für 15 €.
Vor der Rückfahrt sprach ich ein ernstes Wort mit meinem Gasfuss und er gehorchte. In Liggeringen war der Druck aufs Pedal aus gegebenem Anlass besonders behutsam. Fuss und Sonstiges waren schon beinahe eingeschlafen - bis ich vor Schreck fast das Lenkrad küsste. Von links überholte mich ein kühner Schatten - Fuchs? Hase?
Nein, es war ein Reifen. Ein Autoreifen. Der nachmitternächtlich eingeschränkte Blickwinkel hielt mich wohl zum Narren...aber mein Beifahrer war zum Glück Zeuge und konnte den Spuk - als er vor unseren Augen in den Acker rollte - eindeutig als Reifen identifizieren.

Liggerinen hat was.

Wie auch immer, ganz unten im Poststapel fand sich dann doch noch ein Schmankerl:



Drem Theater - Finally Free [mp3]
Tribe - rescue Me [mp3]
Marillon - What Ever Is Wrong With You [mp3]
Tomahawk - Mayday [mp3]
Godspeed You! Black Emperor - Moya [mp3]

Dienstag, 26. Mai 2009

Ach du grüner Himmel...

Dann flog ein Riese von einem Hagelkorn an meinem Bürofenster vorbei und ich war froh, dass die nachfolgenden zwergwüchsig waren.
Die schönen Erdbeeren. Zum Glück hab ich einige davon gerettet und in sichere Gläser verpackt...

The Doors - Riders On The Storm [mp3]
The Cure - Strange Day [mp3]

Mittwoch, 20. Mai 2009

Kannst Du mal....


Kannst Du mich mal bei der Sitzung vertreten? Kannst Du mal hier noch einen Schalter einbauen? Der Lieferant braucht die Maße, kannst Du mal eben nachschauen? Kannst Du mal den Holger zurückrufen? Kannst Du mal...
Pfingsten steht vor der Tür, Christi Auffahrt und Brückentag und dazu toller Sonnenschein - das riecht nach Urlaub. Dünn besetzt die Büros, blöd wenn man da keinen Urlaub hat, weil man grade in Urlaub war und anschliessend auf Seminar.
Für den übriggebliebenen Haufen wird es heiss und das nicht nur, weil die Sonne erbarmungslos die Bude aufheizt, auch die Rechner und das Telefon laufen zur Hochform auf und haben einen nicht unwesentlichen Anteil an der Schweissproduktion.
Kannstdumaltage sind mir ein Greuel, auch wenn das gefühlte Selbstbewusstsein von Stunde zu Stunde in schwindelnde Höhen steigt - kannsdumal - selten ist man so wichtig und unentbehrlich. Kannsumal, o hehre Hüterin der heiligen Systeme und Retterin der Brückentage - yes, I can !
Parallel dazu drängt sich manchmal die schüchterne Frage auf: "Kannst Du mal dafür sorgen, dass mein Gehaltszettel zum erfreulichen Anblick wird?" Da kommt die Crux. Anstatt eines herzhaften "Yes I can" erntet man stets ein müdes, unehrenhaftes Lächeln - "Du kannst mich mal" steht dem Befragten förmlich ins Gesicht geschrieben.
Diese Woche konnte ich mal öfters. So oft, bis ich nicht mehr konnte, sondern mal musste und dann wollte. Ich wollte nicht mehr können, ich wollte in den Feierabend, der Firma in dezentem Selbstmitleid den Rücken kehren um mich auf den kommenden Brückentag einzustimmen.
Als die heimische Haustüre endlich leise hinter mir ins Schloss gefallen war, Rucksack und Tasche ihren Platz im Standby gefunden hatten, stand wortlos aber mit vorwurfsvollem Blick die Katze neben dem leeren Futternapf. Auf dem Weg zum Kühlschrank fand ich einen harmlos wirkenden Zettel auf dem Küchentisch: "kannst Du mal bitte staubsaugen"...

P.S. ich kann jetzt mal die Füsse hochlegen und wünsche allen Lesern, Nichtlesern, Urlaubern und Brückentagnehmern ein schönes, langes Wochenende

Graffity Island - Head Hunters [mp3]
Silent Years - On Your Way Home [mp3]
Traffic - Uninspired [mp3]
Slaid Cleaves - I Feel The Blues Moving In [mp3]
Del Mc Coury - I Feel The Blues Movin' In [mp3]

Sonntag, 17. Mai 2009

Paris liegt nicht in Afrika

Mit einem freundlichen "au revoir" entliess uns Air France am Terminal 2G des Aéroport Paris-Charles-de-Gaulle, dem zweitgrössten Flughafen Europas. Gigantomanie in Reinkultur, ganz im Gegensatz zu dem geschrumpften Flieger, der uns in 1 1/2 Stunden von Zürich hierher schaukelte.
Erstmal eine Viertelstunde mit dem Bus über eine belebte Geisterbahn bis zum Hauptterminal, dort ein Dreitagesticket für die öffentlichen Verkehrsmittel gekauft und dann weiter mit der S-Bahn RER zum Gare Du Nord - alles ohne erwähnenswerte Wartezeiten.
Der erste Eindruck sorgte für Verwirrung, denn wir blickten fast ausschliesslich in dunkelhäutige Gesichter. Zwickt's mi - nein, wir sind hier nicht in Afrika, wir sind mitten in Paris...es wimmelt hier von Immigranten, überwiegend aus Afrika und Asien.
Völlig zusammenhangslos überraschte mich am Ende der Rolltreppe eine Tretmiene in Form eines grossen, braunen Haufens - merde !! Mit einem akrobatischen Sprung rettete ich meine neuen Schuhe hinüber. Diese Tretminen sollten die kommenden Tage unsere treuen Begleiter auf dem Pariser Strassenpflaster bleiben. Aha - wir sind hier auch nicht im Schwabenland...

Die Clochards hatten sich schon häuslich vor dem Bahnhof eingerichtet, als wir mit dem Stadtplan bewaffnet Kurs auf unser Ziel nahmen. Das nahegelegene "Perfect Hostel" im Stadtteil Montmartre erfordert einen nur ca. 10minütigen Fussmarsch vom Bahnhof und ist von dort aus leicht zu finden.
Alles lief nach Plan, der Pförtner händigte uns den Schlüssel für das gebuchte Zimmer aus, dann rein in den winzigen Fahrstuhl, der uns ächzend in den 6.Stock beförderte. Ein schnuckliges Kämmerchen mit Blümchentapete erwartete uns, klein aber fast fein, immerhin sauber und mit allem ausgestattet, was man vor, während und nach dem Schlafen braucht. Sogar das Wasser lief und die Steckdosen funktionierten, was für den minimalen Preis nicht unbedingt üblich ist. Das Schönste aber war das bis zum Boden reichende Fenster mit dem frankreichüblichen, schmiedeeisernen Gitter davor. Und dann der herrliche Blick über die Pariser Dächer - vive la France !
In Montmartre sucht man nicht lange nach einer passenden Kneipe, an jeder Ecke und auch zwischendrin findet man Pubs, Thailänder, Chinesen, Inder und Araber ect. Wir entschieden uns für den Thailänder gleich über der Strasse, wo wir für wenig Euros unseren Kohldampf angemessen stillen konnten.

Die Nacht war ruhig und am nächsten Tag flüchteten wir nach einem kurzen Abstecher aus dem Getümmel der nahegelgenen Basilique du Sacré-Cœur ins noch grössere Getümmel auf dem ältesten Pariser Flohmarkt, dem "marché aux puces de Saint-Ouen" am "Porte de Clignancourt". Ca. 2500 Händler feilschen auf dem legendären Flohmarkt um vieles, was das Herz begehrt aber der Geldbeutel verwehrt. Auf dem riesigen Kleidermarkt dominieren Schwarz- und Nordafrikaner, der Antiquitätenmarkt ist überwiegend den Franzosen vorbehalten. Dank der Kombination von Ramsch, astronomischen Preisen und Gepäckbegrenzung, überstand unser Portemonnaie diesen Tag relativ zugeknöpft - 2 T-Shirts uns 2 Schals waren die magere Ausbeute.

Den folgenden Tag widmeten wir der Totenstadt Père Lachaise, dem berühmten und grössten Friedhof von Paris und darauf freuten wir uns ganz besonders. Bei inzwischen fast sommerlicher Witterung fuhren wir mit der Metro durch das alte Arbeiterviertel Belleville, dem Geburtsort von Edith Piaf, wo uns mitten im Trubel der Grossstadt hinter dickem Friedhofsgemäuer ein herrlicher Park mit selten schönem Baumbestand empfing. Eine Oase der Ruhe und ein wahrhaft phantastisches Labyrinth eröffnete sich uns im Land der Toten mit seinen Grabkapellen, aus Baumkronen geformten Gewölben, Seitenalleen und Wegen. Vampirismus, Totenkult, schwarze Messen und Prostitution soll es an diesem ausserdewöhnlichen Ort geben, aber ausser einer schwarzen Katze, die mit ausgestreckter Zunge unseren Weg kreuzte, um es sich anschliessend auf einr aufgewärmten Grabplatte gemütlich zu machen, erlebten wir nichts Ungewöhnliches.
Apropos Katzen, sie sind wohl die eigentlichen Herrscher vom Père Lachaise. Man trifft sie überall und in vielen Grabkapellen haben Tierfreunde mit Stroh ausgefütterte Kartons aufgestellt. Und mittendrin die Träger grosser Namen. Meist führten uns kleine Menschentrauben aus Wallfahrern an deren letzte Ruhestätte. Molière und Oscar Wilde, die Piaf und Jim Morrison, die Ältesten in dieser Gemeinschaft, Heloise und Abélard und viele andere sind an diesem mystischen Ort im Tode vereint.














Am meisten berührt hat mich der Gang durch die Strasse der Opfer des Nazi-Regimes. Eine schier endlose Anreihung von Mahnmalen der verschiedenen Konzentrationslager lässt einem erschauern und ruft das schreckliche Ausmass dieser Greuel in Erinnerung.
Ein Tag ist fast zu kurz, um die Schönheit dieser Stätte und den Zauber der Erinnerung an die Idole vergangener Tage in vollem Umfang geniessen zu können, doch die immer schwerer werdenden Füsse forderten schliesslich zum Rückzug auf.

Was wäre ein Parisbesuch ohne seine Monumente, den Louvre, den Eiffelturm, die Tuillerien, Notre Dame und die Champs Elyées gesehen zu haben? Eigentlich ganz in Ordnung, jedoch unmöglich.
Die Nacht davor war laut, so laut, dass es selbst mich mit normalerweise gesgnetem Schlaf um die Ruhe brachte. Im Nachbarzimmer hatte sich ein chinesisches Paar eingemietet, welches die halbe Nacht in aussergewöhnlich unangenehmer Tonlage aufgeregt plapperte. Nicht nur das - Tüere auf, Türe zu, Türe nochmal zu und Wasser an. Klospülung. Schlüssel ins Loch, siebenmal rumgedreht, Türe auf, Türe zu. Lachen. Ratsch - nicht mal das Licht konnten die leise ausmachen...kurz bevor der Tiger in mir erwachte trat dann Stille ein.

Das Paris-Pflichtprogramm am nächsten Tag war anstrengend und beeindruckend gleichermassen. Strahlender Sonnenschein lud uns zwischendrin immer wieder zum "terrassieren" ein: im Strassencafe sitzen und bei einem petit Café die Flanierenden beobachten - eine Lieblingsbeschäftigung der Franzosen. Der illuminierte Eiffelturm sollte das krönende Finale am Abend sein. Ganze Legionen von aufdringlichen Strassenhändlern mit Unmengen an kitschigen Souveniers mussten wir davor abschütteln, doch irgendwann hatten wir uns mit den anderen Menschenmassen zum Wahrzeichen von Paris durchgekämpft. Beachtliche Schlangen vor den Aufzügen trieben uns dazu, die 1665 Stufen zur 2. Plattform per Pedes zu erklimmen - die oberste Plattform war zum Glück gesperrt. Ein atemberaubendes 360° Panorama und das anschliessende Aufflackern der Beleuchtung belohnte uns reichlich.
Da unser Flieger tags darauf erst am Abend abheben sollte, nutzten wir die verbleibende Zeit und unternahmen einen ausgiebigen Bummel durch Montmartre. Ein Besuch im "Musée de l'Erotisme" am Boulevard de Clichy erwies sich als aufschlussreich, amusant und sehr empfehlenswert. Moulin Rouge und ähnliche Etablissements gaben ausser Fotomotiven zu morgendlicher Stunde nichts Aufregendes her, so kauften wir ein Stück Käse, Tomaten und eines der wichtigsten Pariser Accesoires - ein Baguette - klemmten es ortsüblich unter den Arm und verbanden das Abschiedspicknik mit einem Abstecher bei "La Gouloue" auf dem Cimetière de Montmartre.

Mit vielen, tollen Erinnerungen kehrten wir Paris den Rücken - die Rückreise ging ruckzuck. Bis wir in Konstanz am Bahnhof ankamen. Dort waren die Bürgersteige schon hochgeklappt und wir mussten ernüchtert feststellen, dass der nächste Bus erst 1 Stunde später fährt.
Tja, Konstanz liegt halt nicht in Paris, aber zum Glück gibt es Freunde...

St.Vincent - Paris Is Burning [mp3]
Morrissey - I'm Throwing My Arms Around Paris [mp3]
Tom Brosseau - I Love Paris [mp3]
Magnetic Fields - Love Goes Home To Paris [mp3]
Les Baxter - The Poor People Of Paris [mp3]
Anamia _ Butterfly In Paris [mp3]

Freitag, 1. Mai 2009

Tommy Emmanuel - the wizard from Down Under

Bereits im Alter von 4 Jahren bekam Tommy von seinem Vater die erste Giterre, lernte von seiner Mutter die ersten Griffe und dann das Gitarrespielen im Selbststudium nach Gehör.

You Tube ist toll. Manchmal. Wenn man hin- und her- und dann zufällig über Musikvideos wie "Classical Gas" von Tommy Emmanuel surft. Die Initialzündung - als ich das Video sah, war klar: den muss ich live sehen, unbedingt!
Letzten Montag war es dann soweit. Im ausverkauften Züricher Volkshaus hatte der Hexenmeister der akustischen Gitarre seinen einzigartigen Auftritt.
Das Intro gehörte Rick Price. Der Singer und Songwriter aus Australien bot mit gänsehauttauglicher Stimme und exzellentem Gitarrenspiel eine halbstündige, schöne Einstimmung.
Dann, als käme er gerade aus dem Outback, das Hemd lässig über der Hose hängend, stürmt Tommy die Bühne, begrüsst unprätentiös sein begeistertes Publikum und legt los. Das folgende zweistündiges Klangewitter, erzeugt von nur einem Mann und seiner Gitarre, kann man gut und gerne als genial und einmalig bezeichnen.
Tommy spielt nicht nur mit seinen Händen, der ganze Körper kommt zum Einsatz, während seine Finger unglaublich virtuos über die Saiten, das Griffbrett und den Gitarrenkörper tanzen. Unwillkürlich sucht man nach dem Bassisten, den Drums und dem zweiten Gitarristen - mit seinem versierten Spiel ersetzt das Energiebündel eine ganze Band. Das klingt nach Django Reinhardt und Country, nach Irland und mal nach Spanien, aber immer unnachahmlich und unverwechselbar nach Tommy Emmanuel.
Musiker und Instrument scheinen zu verschmelzen - als wäre es die einfachste Sache der Welt und ganz ohne Starallüren vollzieht Tommy eine Gitarrenakrobatik, die manches Kopfschütteln und dann wieder spontane Beifallsorgien erzeugt und angesichts des Tempos manchmal schier den Atem raubt.
Sowohl Eigenkompositionen wie das Lied für seine Tochter "Angelina" als auch Klassiker wie "Michelle" oder "Over the rainbow", immer zaubert Tommy ein Feuerwerk aus verschiedenen Rhytmen und Tonarten, mitreissend und voller Enthusiasmus gespielt.
Finale und Höhepunkt des Konzerts war sicherlich "Initiation", Nachklang einer Einweihungszeremonie der Aborigines im Outback. Vögel schreien von der Gitarre, wilde Tiere rufen, stampfende Tänze und lodernde Feuer in schwarzer Nacht - man muss sich beherrschen, um nicht in ekstatisches Schreien zu verfallen. All das realisiert von einem Mann, seiner akustischen Gitarre und ihrem Verstärker, der für den Hall sorgt. Musik als Urerlebnis.

Stehende Ovationen beendeten das Musikereignis.

"Tommy Emmanuel kennt kaum jemand, ist aber wohl der beste Gitarrist der Welt" formulierte mal treffend ein Hörfunkmoderator.
Für mich ist Tommy Emmanuel der Hendrix der Akustik-Gitarre und dies war wohl das beste Konzert, welches ich je erlebt hab.

Tommy Emmanuel - Angelina [mp3]

Tommy Emmanuel - Morning Aire [mp3]
Tommy Emmanuel - Endless Road [mp3]

Mittwoch, 8. April 2009

Antony Hegarty - das weinende Licht

"Es tut weh, am leben zu sein. Aber wir denken immer, es sei nicht gut, wenn es schmerzt. Dabei ist alles Wachstum schmerzhaft. Und dann tut man einen Schritt zur Seite und staunt, wie schön das ist, was da gewachsen ist."
ANTONY HEGARTY


















Viele sind gekommen ins Kongresshaus nach Zürich an diesem Abend um ihn zu hören. Keine Lücke ist in den Reihen auszumachen.
Das Intro, die Tanzdarbietung eines - ja, was eigentlich? Fauns? Vogelmenschen? Hermaphroditen? - wird zur Geduldsprobe.
Ein endzeitlich und bis zur Schmerzgrenze intoniertes Vorspiel.
Selbst mit dem Opernglas ist nicht eindeutig auszumachen, ob Mann oder Frau. Später erst finde ich den Bezug zu Kazuo Ohno, den 103-jährigen Butoh Tänzer, der auch auf dem aktuellen Plattencover abgebildet ist und von dessen Ideen Antony sich bei seinen Auftritten leiten lässt.
Dann endlich - das Warten hat ein Ende.
Kein Engel schwebt herein, nein, ein Hüne aus Fleisch und Blut, gehüllt in eine Toga, verschwindet im Dunkeln hinterm Klavier. Und singt doch himmlisch. Und dieser von sehnsüchtiger Lyrik geprägte Gesang verleiht Flügel, trägt in ätherische Landschaften, wirbelt die Sinne durcheinander und führt sie wieder zusammen. Zur verletzlichen Schönheit der Poesie, der Klänge. Wie ein mäandernder Fluss, immer verhalten getragen durch seine spärlich beleuchtete Begleitband, ein kleines Symphonieorchster aus Cello, Geigen, Bass, Akustikgitarre, mal Saxophon und manchmal Schlagzeug.

Die Reise aus der New Yorker Subkultur ins gediegene Kongresshaus ist ihm gelungen.
Der Grenzgänger aus der "arty-punky-prostituty-transvestity" Szene füllt den Konzertsaal bis auf den letzten Platz, viele Wochen vor dem Termin war das Haus ausverkauft.
"Es ist wohl ein Zeichen der Zeit, dass einer wie ich ein solches Forum bekommen kann, ein solch grosses Publikum. Dass sie einem wie mir zuhören wollen. Ich glaube, die Leute sind auf der Suche. Genauso wie ich." sagte er in einem Interview.
Da schliesst sich der Kreis - Butoh, "Der Schritt im Dunkeln" und Kazuo Ohno's Tanz ins Licht.
Auch ich suchte, suchte an diesem Abend eine Antwort auf die Frage, was diese Stimme in mir berührt und warum sie nie kitschig oder weinerlich klingt, obwohl sie das könnte.
Ich bekam viele Antworten.
Antony lebt seine Balladen, schreitet mit brüchiger Stimme durchs Dunkel ins Licht, öffnet sich ganz, voller Hingabe. Eine Offenbarung. Obwohl gut verhüllt, hab ich selten einen Künstler auf der Bühne so nackt gesehen.
"Die Bühne, das ist für mich ein gefrorener See, und ich weiss nicht, ob das Eis hält. Ich trete darauf, liefere mich dem Publikum völlig aus und hoffe, nicht zu versinken. Das Risiko ist enorm , aber noch viel grösser ist meine Belohnung, wenn das Eis trägt."
Man sollte ihm nicht nur zuhören, sondern ihn auch verstehen.

Und dann die Metamorphose. Ein melancholischer Antony verwandelt sich in einen, der mit dem Publikum kokettiert, sich selbst auf die Schippe nimmt und Spässe macht, die häufig mit herzhaftem Lachen quittiert werden.
Es scheint so, als sei er mit einer guten Portion britischen Humors ausgestattet.
Nach der nächsten Sintflut wird Jesus eine Mädchen sein und überhaupt wäre die Welt unter weiblicher Führung eine bessere, sinniert er zwischendrin mit tiefer, leiser Stimme.
Man möchte ihm das gerne glauben, denn der fast kindlich anmutende Schalk unter der Toga entschärft den Hang zum Pathos.
Am Schluss, nach begeistertem Applaus und einigen Zugaben - alle sind schon im Aufbruch begriffen - erscheint er unverhofft noch mal allein auf der Bühne um seine Interpretation des Züricher "Mood" zu trällern. Sehr schräg, aber das Publikum hält etwas verstört inne und lauscht.

Nach diesem Konzert könnte man zwar vergessen, dass man Musik bisweilen nach Genre sortiert, aber diese zauberhafte Stimme vergisst man so schnell nicht. Sie ist wie Balsam und glättet manche Seelenfalte.

Antony & The Johnsons - AnotherWorld [mp3]
Antony & The Johnsons - Shake That Devil [mp3]
Antony & The Johnsons - Cripple And The Starfish [mp3]
Antony & The Johnsons - Hope Theres Someone [mp3]

Dienstag, 24. März 2009

jimi hendrix

Eine Biographie.
Lese sie gerade, nachts, vor dem Schlaf, um meine Träume zu beflügeln. Und im Wartezimmer, wenn die Zeit zwischen Gebrechlichen und Gebrechen wieder mal stillzustehen scheint.
Ein Geburtstagsgeschenk.

„Geräte sind nicht nur Verstärker seiner Gitarre, sondern Amplifier des Wunsches nach einer anderen Galaxie; Verstärker seiner Ausbruchssehnsucht, Raumschiffe zu einer anderen Körperbasis, von der aus die Electric Skies zu erreichen sind.“
Sätze wie diesen und viele andere kann man darin lesen, geschrieben von Klaus Theweleit und Rainer Höltschl.
In einen Meermann will er sich verwandeln, im Ozean neu aufleben. Die Wellen dafür gibt es schon, Schallwellen. Er reitet sie mit seiner E-Gitarre. Es spritzt, gurgelt, schäumt und stürmt. "Noise of the sea", schreit Jimi Hendrix, darin will er untergehen, "nicht um zu sterben", wie er versichert, "sondern um wiedergeboren zu werden". Die Erde hat er abgeschrieben, zu viele Kriege: "Every inch of earth is a fighting nest." ...steht in der "Zeit".

Die Nacht, in der ich geboren wurde, wurde der Mond feuerrot, ich schwör's.
Und meine arme Mutter schrie los: Gott! Der Zigeuner! Er hatte recht!
Und ich sah sie umfallen, tot.
Berglöwen fanden mich da wartend,
setzten mich auf Adlerflügel.
Der Vogel trug mich in die Aussenbezirke der Unendlichkeit,
und als er mich zurück nach hier brachte,
gab er mir Venus' Hexenring, sagte,
"Nun flieg weiter, flieg..."
Denn ich bin Voodoo Brut, Voodoo Chile..."

Es ist nicht immer einfach, dem fragmentierten Stoff zu folgen. Ein roter Faden begleitet einem jedoch hilfreich durch das Buch in Form eines lachsfarbenen Lesebandes. Artig platziert, und man findet im nächsten Wartezimmer gleich wieder den Einstieg in die psychedelischen Welten, in die Wah-Wah Effekte dieses göttlichen Virtuosen. Oder man liest die läppischen 224 Seiten gleich in einem Rutsch durch.
Anschliessend braucht man keinen Arzt mehr. Ein Buch wie Acid.

Jimi Hendrix - Cherokee Mist [mp3]

Jimi Hendrix - A Merman I Should Turn To Be [mp3]
Jimi Hendrix - Voodoo Chile [mp3]
Jimi Hendrix - Happy Birthday [mp3]