Posts mit dem Label Musikuss werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Musikuss werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Sonntag, 9. August 2009

Kreuzlingen rocks harder

Was gibt es Schöneres, als an einem lauen Sommerabend mit überhöhter Geschwindigkeit abseits der Starenkästen über die Rheinbrücke zu rasen, dabei die lahmen Freizeitradler, dappigen Touris und verkehrsbehindernden Kinderkutschenzieher rüpelhaft in Angst und Schrecken zu versetzen? Klar, mit dem Auto über Rot fahren - der kleine Unterschied: das eine macht nur Spass und das andere kommt nicht nur teuer zu stehen.
Die Wahrheit liegt hier wie meistens in der Mitte der Übertreibung.
Immerhin hab ich es so fünf Minuten früher zu unseren bluesigen Schweizer Nachbarn aufs Festgelände am Kreuzlinger Hafen geschafft.
Die Blues-Nacht lockte und rockte. Es spielten gleich 4 ordentliche Bands im Zelt und auf der Draussen-Bühne und verbreiteten eine super Stimmung, während die Konstanzer Sommernächte mit piefigem Peter Kraus - Flair aufwarteten. Vielleicht haben Bergvölker generell mehr Blues in den Knochen, jedenfalls ist nach den tollen Nächten in Gossau und Kreuzlingen klar, wer hier den Ton angibt.
Auf dem weitläufigen Festareal war dermassen viel anderes geboten, dass die Besucher sich angenehm verteilten und man so beim Blues die freie Auswahl an Steh- und Sitzplätzen hatte. Für einen Klaustrophobiker gar nicht mal so unangenehm.
Den Auftakt machten Skin n'Bone auf der Brunner's Erben Bühne, diesmal mit ganz verstörungsfreier, deutscher Ansage. Mehr sag I net, nix gsagt isch gnug globt.
Das Bier für 4 Fränkli, laue Sommerabendluft und dazu guten, rauchigen Blues, das lief rein nach einer harzigen Arbeitswoche.
Bevor die ostschweizer Lennox CF mit Saxophon, Sängerin und mitreissend funkig-rockigen Arrangements die Bühne eroberten, sprang mit Terminverzug aber endlich die versprochene CD aus dem Plattenkoffer der Knochen in meinen Rucksack.
Bei den Bands im grossen Zelt hielt es mich nicht lange, es war einfach zu schön, draussen durchs Festgelände zu bummeln und die Sommernacht zu geniessen. Dann, pünktlich zum Aufbruch, kam das Donnerwetter. Klar, ich hatte ja meine Regenjacke daheim gelassen.

















Am Samstag war Besuch angesagt und da der Regen artig um 20 Uhr aufhörte, wagte ich mich nach 15jähriger Abstinenz mal wieder zum Seenachtsfest, selbstverständlich nach Kreuzlingen.
Waren wir nur näher dran oder war das Schweizer Feuerwerk tätsächlich das Schönere? Was würde wohl der Schwan dazu sagen?

Mittwoch, 29. Juli 2009

Hast Du den Blues?


Die Diskussion um den Blues sprengt langsam das Kommentarfeld. Deshalb hat
Egon's letzter Kommentar ein eigenes Posting verdient. Finde ich.






Egon
hat gesagt...

1. Blues beginnt fast immer mit "Woke up this morning"

2. "I got a good woman" ist ein schlechter Blues-Anfang, es sei denn, du denkst dir für die zweite Zeile etwas ganz Gemeines aus wie "I got a good woman with the meanest face in town" oder ähnlich Mieses.

3. Der Blues ist simpel. Wenn du die erste Zeile gesungen hast, wiederhole sie einfach. Dann mach dir darauf einen Reim, etwa so: "Got a good woman with the meanest face in town, Yes, I got a good woman with the meanest face in town. Got Teeth like Margaret Thatcher, and she weighs 500 pounds".

4. Der Blues bedeutet nicht unbegrenzte Möglichkeiten.

5. Blues Autos sind Chevies, Cadillacs and alte Pick-ups. Der Blues reist nicht im Volvo, BMW oder Daimler, auch nicht im Flugzeug. Andere Blues-Transportmittel sind der Greyhound Bus oder der Zug Richtung Süden. Zu Fuß unterwegs zu sein, spielt eine bedeutende Rolle im Blues Lifestyle, warten auf den Tod auch.

6. Teenager können keinen Blues spielen, sie warten noch nicht auf den nahen Tod. Erwachsene singen den Blues. Im Blues bedeutet erwachsen sein, dass du alt genug für den elektrischen Stuhl bist, wenn du einen Typen in Memphis erschießt.

7. Du kannst den Blues in New York City haben, aber nicht auf Hawaii oder irgendwo in Kanada. Schlechte Zeiten in Minneapolis oder Seattle bedeuten lediglich Depressionen, aber keinen Blues. Chicago, St. Louis und Kansas City sind immer noch die besten Plätze um den Blues zu haben.

8. Folgende Farben kommen im Blues nicht vor: a. violett b. beige c. mauve

9. Ein Mann mit Glatze symbolisiert keinen Blues. Eine Frau mit Glatze tut es. Sich das Bein beim Skifahren zu brechen symbolisiert nicht den Blues. Sich das Bein zu brechen, weil ein Krokodil darauf rumgekaut hat, tut es.

10. Du kannst keinen Blues im Büro oder im Einkaufszentrum haben. Das Licht passt einfach nicht. Geh raus auf den Parkplatz oder setz dich neben die Mülltonnen.

11. Gute Orte für den Blues sind: a. der Highway b. der Knast c. ein leeres Bett
Schlechte Plätze sind: a. KaDeWe b. Vernissagen c. Golf-Plätze

12. Niemand wird an Blues denken, wenn du einen Anzug trägst, Ausnahme: Du bist ein alter, farbiger Mann.

13. Hast du das Recht den Blues zu spielen? Ja, wenn:
a. Dein Vorname der eines Southern State ist, z.B. Georgia b. Du blind bist c. Du jemand in Memphis erschossen hast d. Du niemals zufrieden bist Nein, wenn: a. Du früher blind warst aber jetzt wieder sehen kannst b. Du taub bist c. Du eine Lebensversicherung hast

14. Julio Iglesias und Barbra Streisand können keinen Blues singen.

15. Blues ist keine Frage der Hautfarbe. Er ist eine Frage des Unglücks im Leben. Tiger Woods kann keinen Blues spielen. Sonny Liston könnte. Nur richtig hässliche Weiße haben auch einen Anspruch auf den Blues

16. Wenn du um Wasser bittest aber Benzin bekommst, das ist der Blues. Blues Getränke sind: a. Wein b. Whiskey c. trübes Wasser d. ekliger schwarzer Kaffee Keine Blues Getränke sind: a. alle Mixgetränke b. Brause (Pulver, Tabs, Würfel) c. Eistee

17. Wenn es in einer billigen Absteige oder bei einem Waffendealer passiert, dann ist es ein Blues-Tod. Von einem eifersüchtigen Liebhaber erstochen zu werden ist auch eine Art den Blues-Tod zu sterben. Ebenso der elektrische Stuhl, Überdosierung irgendwelcher Art oder die Weigerung von Notärzten, dich zu behandeln. Es ist kein Blues-Tod, während einer Schönheitsoperation zu sterben.

18. Ein paar Blues-Namen für Frauen: a. Sadie b. Big Mama c. Bessie

19. Ein paar Blues-Namen für Männer: a. Jo b. Willie c. Little Willie d. Lightning

20. Frauen mit dem Namen wie Sierra oder Sequoia können den Blues nicht spielen, völlig egal wie viele Leute sie in Memphis erschossen haben.

21. Blues-Namen-Bausatz:
a. körperliche Behinderung wählen: z.B. Blind, Cripple, Asthmatic...
b. Vorname = Wahl aus a. + Name einer Frucht z. B. Blind Lemon, Cripple Peach
c. Nachnahme eines Präsidenten z.B. Jefferson, Johnson, Fillmore...
d. Mixen!

22. Völlig egal, wie tragisch das Leben verläuft, wenn du einen Computer hast, kannst du nie den Blues spielen.

Zu klären bliebe da noch: hat mein Computer den Blues, wenn er einen Bluescreen hat ?

Sonntag, 5. Juli 2009

I guess thats why they call it the blues



































































Berge und Blues sind immer eine besonders erfreuliche Kombination mit Seltenheitswert. Schon öfters träumte ich davon, statt unter Herscharen von Gipfelstürmern den Kuhglocken und Alphörnern zu lauschen, inmitten einer kleinen Fangemeinde auf dem Gipfel des Hohen Kasten dem Blues zu huldigen. Der Groove würde das Rheintal hinunter schallen und im Turnaround durch die Saxer Lücke am Alpstein entlang mit der Thermik zum Säntis hinaufgetragen werden. Das wäre der Gipfel !... bleibt aber erst mal Zukunftsmusik.
Immerhin hat sich der Blues den Bergen etwas angenähert. Am Samstag war Blues-Night in Gossau und von Gossau ist es ein Katzensprung in die Berge.

Turnschuhtauglich und genüsslich sollte unser Ziel sein, denn wir wollten beides - Blues und Berge. Was liegt da näher als der Kronberg? Viele Wege führen hinauf, mehr und weniger ausgetretene. Unser Weg sollte uns von Weissbad über Chlosterspitz und Scheidegg auf den Gipfel des Kronberg führen. Die Wegweiser verrieten uns erst mal nicht die Richtung. Nach einigem hin und her und Befragen von Eingeborenen pirschten wir uns langsam aber immer sicherer an den richtigen Einstieg. Von nun an gings bergauf. Eindrucksvolle Wolkenformationen verfingen sich in respektvollem Abstand ringsum in den höheren Gipfeln, doch das befürchtete Gewitter blieb aus. Statt dessen schien die Sonne mit uns zu wandern und bescherte uns herrliche Licht- und Schattenspiele. Legionen von Gleitschirmfliegern schraubten sich in der wohl vorzüglichen Thermik über die Felsen des Alpsteins und flogen lautlos - gefolgt von neidischen Blicken - über unseren Köpfen hinweg.
Bei einem kühlen Bier in Scheidegg beschlossen wir, den Gipfel des Kronbergs in Anbetracht der fortgeschrittenen Stunde links liegen zu lassen und den Rückweg über Ahorn anzutreten. Über bunte Bergwiesen, durch schattigen Wald und einen wildromantischen Tobel erreichten wir nach ca. 2 Stunden unseren Ausgangsort Weissbad.
Raus aus den Bergstiefeln, Klamottenwechsel, rein ins Auto und ab nach Gossau. Der Marktplatz dort empfing uns gut gelaunt und gut gefüllt. Halb Appenzell, Inner- Ausser- und Mittelrhoden war hier unterwegs...Wahnsinn !
Die Schweizer Chickenhouse Texas Rythm n'Blues Band heizte auf dem Marktplatz schon mächtig ein - keine Musik zum Füsse hochlegen, aber für Leute, die nicht auf dem Berg waren, durchaus hüpftauglich.
Pünktlich um 20:30 Uhr erschienen auf der Bühne der Markthalle dann unsere Lokalmatadore Skin n'Bone und begeisterten mit ihrem erdigen Blues in bewährter Manier das Publikum. Die englischsprachigen Ansagen befremdeten etwas, aber nach anfänglichen Berührunsängsten und Schwede's Bekenntnis "mir sind halt Camper" rückte das Volk den spielfreudigen Jungs immer dichter auf den Pelz und entlockte ihnen am Ende noch eine Zugabe.
Die Nacht war lau, die Stimmung toll und der Blues sowieso kein Hindernis, bis um 2 Uhr durchzufeiern - aber unsere immer schwerer werdenden Knochen forderten zum Rückzug auf.
Und so kam es, dass ich schon kurz nach Mitternacht in den Federn lag...and I guess thats why they call it the blues.

Sonntag, 28. Juni 2009

Dream Theater






























Gestern Abend in der Sporthalle in Wettingen boten die New Yorker Metal-Pioniere ein astreines Konzert. Allein der Umstand, dass wir gefühlte vier Kilometer von der Bühne entfernt standen, die schätzungsweise ***tausend Fans sich wie die Sardinen in der Büchse davor drängelten und ein weiteres Vordringen unmöglicht machten, schmälerte das visuelle Erleben etwas. Zum Glück bekamen wir dafür einen ordentlichen Ohrgasmus.
Man brauchte nicht mal zu tanzen, die durchaus melodiös gespielten Basslinien brachten Bauch-Beine-Po von ganz alleine in Schwingung. Obwohl ich keine Stöpsel drin hatte, klingelten meine Ohren anschliessend nicht und ich hörte hinterher genauso schlecht wie vorher.
Gut konditioniert, meine Ohren. Oder - das Alter hat auch Vorteile.
Egal.
Es war saugut. Es war voll. Es war laut. Es war heiss. Und es floss unter anderem auch viel Schweiss.
Der Weg nach draussen führte am Hallenbad vorbei. Ironie des Schicksals. Gerne hätte ich einen Sprung ins kühlende Nass gewagt. Doch da waren Scheiben dazwischen.

Obwohl wir durch den regen Verkehr auf der Rückfahrt etwas ausgebremst wurden, verlief sie doch völlig unspektakulär. Kein Hagel, kein Donner und kein einziger Blitz erleuchtete den Nachthimmel.
Donnerwetter, Wettingen hat auch was. Aber Openair oder im Hallenstadion wäre der Knaller gewesen.

Dream Theater - Take The Time [mp3]
Dream Theater - Pull Me Under [mp3]
Dream Theater - Learning To Live [mp3]

Dienstag, 2. Juni 2009

Open See

Kaufland im Seerheincenter am Samstag abend...immer wieder ein Erlebnis! Wenn's zu vermeiden ist, sollte man es. Wenn nicht, könnte man es zu einer Studienexkursion ausdehnen. Es war wieder mal angesagt - der Besuch am Nachmittag hatte den Inhalt des Kühli's bis auf wenige klägliche Reste dezimiert. Milchbutterkäse und Wurst ins Körbchen, die Zehen immer schön in Verteidigungsstellung, ein Schwatz hier und dann einer da mit freundlichen und genervten Freundeslippen. Bei der Einen blieb die Zeit stehen - "siehst aber gut aus" - bei der Anderen sind doch im Laufe der Jahre dreieinhalb Falten dazugekommen - "die Frisur steht Dir aber gut"...Augen sprechen Bände und Finger tasten sich über Abgelaufenes, immer auf der Suche nach dem Schnäppchen, hungrig auf Reduziertes und Geschmacksverstärktes. Je später der Abend, desto jünger die Kundschaft. Es ist noch früh am Abend, also ist Mittel-Alter unterwegs. Die wenigen Studies lungern an den Regalen und studieren die Etikette des ultimativen Samstagabendkicks - grillen? besaufen? oder beides? Selbstzensur - bevor ich hier in Plattitüden abschweife. Vom Lippenbekenntnis "oh, Du, das mach ich nie wieder" ist es nicht weit bis zur Kasse, doch bis zur Erleichterung des Geldbeutels dauert es eine gefühlte Ewigkeit. Die Schlange ist lang, das Körbchen schwer - Geduld, Geduld...ein paar Bierkisten, Tüten, Dosen und Grillwürste weiter - endlich naht die Erlösung. "War alles recht?" Nach einem souveränen "klar doch" ergreife ich leichten Herzens und befüllten Körbchens die Flucht in Richtung Rolltreppe, dann aufs Fahrrad und nach kurzem Entladen - da war doch noch was - in den Stadtgarten.
Open-See wartet, das Indipendent Festival des Kulas, umsonst, draussen und offen am See.























"The Bite" hab ich zugunsten eines üppig gefüllten Kühlschranks und glücklicher Familienmitglieder, Freunden und Freundesfreunden leider verpasst.
Dafür stehen schon die Mitglieder der "Oxford Montalvo Bäänt"- eine 7 Mann-Formation aus Konstanz - auf der Bühne und heizen mit ihrem Ska Pogo schräg und mächtig ein. Frisch bläst nicht nur der Nord-Ost-Wind über den See, auch die Mucke tönt locker mit erfrischend sozialkritisch-deutschen Texten aus der Konzertmuschel und lockt manches Bein zum Hüpfen.

Der Stadtgarten füllt sich allmählich - es herrscht Festival-Stimmung. "Slartybartfast" aus Winterthur tun sich dann etwas schwer, nach dem fetzigen Ska das Gute-Laune-Niveau zu halten. Mit ihrer durchaus sauber gespielten, ganz eigenen Mischung aus Punk, Rock und Pop, schaffen sie es nicht so recht, das Publikum aus der Reserve zu locken.

Zu guter Letzt begeistert die "Toni Hoffmann Band" mit etwas leiseren Tönen die etwa 2000 Besucher. Schöne Pop-Balladen singt der 22-jährigen Songwriter und Musiker Toni Hoffmann mit weicher, aber kräftiger Stimme, begleitet von Schlagzeug und Gitarre.

"Man soll gehen, wenn es am Schönsten ist". Die Demo-CD der Hoffmann's kaufe ich dem Mädel gerne für fünf Öre ab, dann fordern mich meine Beine kurz vor dem Schlusstakt auf, dem Sprichwort zu folgen, denn am nächsten Tag wollen sie mich leichtfüssig in die Berge tragen...

Open-See - eine klasse Event, um jungen, regionalen Musikern die Chance zu bieten, ihr Können unter professionellen Bedingungen einem breiten Publikum zu präsentieren.
Herzlichen Dank an dieser Stelle den Organisatoren des Kulturladens !

Toni Hoffmann Band - Land Floating Fish [mp3]
Toni Hoffmann Band - Who ? Am [mp3]
Toni Hoffmann Band - Nothing [mp3]
Toni Hoffmann Band - Would You Mind Me [mp3]

Freitag, 1. Mai 2009

Tommy Emmanuel - the wizard from Down Under

Bereits im Alter von 4 Jahren bekam Tommy von seinem Vater die erste Giterre, lernte von seiner Mutter die ersten Griffe und dann das Gitarrespielen im Selbststudium nach Gehör.

You Tube ist toll. Manchmal. Wenn man hin- und her- und dann zufällig über Musikvideos wie "Classical Gas" von Tommy Emmanuel surft. Die Initialzündung - als ich das Video sah, war klar: den muss ich live sehen, unbedingt!
Letzten Montag war es dann soweit. Im ausverkauften Züricher Volkshaus hatte der Hexenmeister der akustischen Gitarre seinen einzigartigen Auftritt.
Das Intro gehörte Rick Price. Der Singer und Songwriter aus Australien bot mit gänsehauttauglicher Stimme und exzellentem Gitarrenspiel eine halbstündige, schöne Einstimmung.
Dann, als käme er gerade aus dem Outback, das Hemd lässig über der Hose hängend, stürmt Tommy die Bühne, begrüsst unprätentiös sein begeistertes Publikum und legt los. Das folgende zweistündiges Klangewitter, erzeugt von nur einem Mann und seiner Gitarre, kann man gut und gerne als genial und einmalig bezeichnen.
Tommy spielt nicht nur mit seinen Händen, der ganze Körper kommt zum Einsatz, während seine Finger unglaublich virtuos über die Saiten, das Griffbrett und den Gitarrenkörper tanzen. Unwillkürlich sucht man nach dem Bassisten, den Drums und dem zweiten Gitarristen - mit seinem versierten Spiel ersetzt das Energiebündel eine ganze Band. Das klingt nach Django Reinhardt und Country, nach Irland und mal nach Spanien, aber immer unnachahmlich und unverwechselbar nach Tommy Emmanuel.
Musiker und Instrument scheinen zu verschmelzen - als wäre es die einfachste Sache der Welt und ganz ohne Starallüren vollzieht Tommy eine Gitarrenakrobatik, die manches Kopfschütteln und dann wieder spontane Beifallsorgien erzeugt und angesichts des Tempos manchmal schier den Atem raubt.
Sowohl Eigenkompositionen wie das Lied für seine Tochter "Angelina" als auch Klassiker wie "Michelle" oder "Over the rainbow", immer zaubert Tommy ein Feuerwerk aus verschiedenen Rhytmen und Tonarten, mitreissend und voller Enthusiasmus gespielt.
Finale und Höhepunkt des Konzerts war sicherlich "Initiation", Nachklang einer Einweihungszeremonie der Aborigines im Outback. Vögel schreien von der Gitarre, wilde Tiere rufen, stampfende Tänze und lodernde Feuer in schwarzer Nacht - man muss sich beherrschen, um nicht in ekstatisches Schreien zu verfallen. All das realisiert von einem Mann, seiner akustischen Gitarre und ihrem Verstärker, der für den Hall sorgt. Musik als Urerlebnis.

Stehende Ovationen beendeten das Musikereignis.

"Tommy Emmanuel kennt kaum jemand, ist aber wohl der beste Gitarrist der Welt" formulierte mal treffend ein Hörfunkmoderator.
Für mich ist Tommy Emmanuel der Hendrix der Akustik-Gitarre und dies war wohl das beste Konzert, welches ich je erlebt hab.

Tommy Emmanuel - Angelina [mp3]

Tommy Emmanuel - Morning Aire [mp3]
Tommy Emmanuel - Endless Road [mp3]

Tommy Emmanuel - Initiation

Dienstag, 28. April 2009

Und dann kam Jimi...

...aber dazu hat wils schon alles geschrieben. Er war schneller, denn ich durfte gestern gleich noch zu Tommy Emmanuel. Dazu später.

"Jimi war da".


Dem hab ich nix hinzuzufügen ausser: als leidenschaftlicher Hendrix-Fan war ich anfangs sehr skeptisch. Keiner könne den Jimi covern ohne dass es peinlich wird - dachte ich. Doch dann ging ich hin, sah und hörte. Und kam zu der Überzeugung: wenn es einer darf und kann, dann der Randy Hansen !

Mittwoch, 8. April 2009

Antony Hegarty - das weinende Licht

"Es tut weh, am leben zu sein. Aber wir denken immer, es sei nicht gut, wenn es schmerzt. Dabei ist alles Wachstum schmerzhaft. Und dann tut man einen Schritt zur Seite und staunt, wie schön das ist, was da gewachsen ist."
ANTONY HEGARTY


















Viele sind gekommen ins Kongresshaus nach Zürich an diesem Abend um ihn zu hören. Keine Lücke ist in den Reihen auszumachen.
Das Intro, die Tanzdarbietung eines - ja, was eigentlich? Fauns? Vogelmenschen? Hermaphroditen? - wird zur Geduldsprobe.
Ein endzeitlich und bis zur Schmerzgrenze intoniertes Vorspiel.
Selbst mit dem Opernglas ist nicht eindeutig auszumachen, ob Mann oder Frau. Später erst finde ich den Bezug zu Kazuo Ohno, den 103-jährigen Butoh Tänzer, der auch auf dem aktuellen Plattencover abgebildet ist und von dessen Ideen Antony sich bei seinen Auftritten leiten lässt.
Dann endlich - das Warten hat ein Ende.
Kein Engel schwebt herein, nein, ein Hüne aus Fleisch und Blut, gehüllt in eine Toga, verschwindet im Dunkeln hinterm Klavier. Und singt doch himmlisch. Und dieser von sehnsüchtiger Lyrik geprägte Gesang verleiht Flügel, trägt in ätherische Landschaften, wirbelt die Sinne durcheinander und führt sie wieder zusammen. Zur verletzlichen Schönheit der Poesie, der Klänge. Wie ein mäandernder Fluss, immer verhalten getragen durch seine spärlich beleuchtete Begleitband, ein kleines Symphonieorchster aus Cello, Geigen, Bass, Akustikgitarre, mal Saxophon und manchmal Schlagzeug.

Die Reise aus der New Yorker Subkultur ins gediegene Kongresshaus ist ihm gelungen.
Der Grenzgänger aus der "arty-punky-prostituty-transvestity" Szene füllt den Konzertsaal bis auf den letzten Platz, viele Wochen vor dem Termin war das Haus ausverkauft.
"Es ist wohl ein Zeichen der Zeit, dass einer wie ich ein solches Forum bekommen kann, ein solch grosses Publikum. Dass sie einem wie mir zuhören wollen. Ich glaube, die Leute sind auf der Suche. Genauso wie ich." sagte er in einem Interview.
Da schliesst sich der Kreis - Butoh, "Der Schritt im Dunkeln" und Kazuo Ohno's Tanz ins Licht.
Auch ich suchte, suchte an diesem Abend eine Antwort auf die Frage, was diese Stimme in mir berührt und warum sie nie kitschig oder weinerlich klingt, obwohl sie das könnte.
Ich bekam viele Antworten.
Antony lebt seine Balladen, schreitet mit brüchiger Stimme durchs Dunkel ins Licht, öffnet sich ganz, voller Hingabe. Eine Offenbarung. Obwohl gut verhüllt, hab ich selten einen Künstler auf der Bühne so nackt gesehen.
"Die Bühne, das ist für mich ein gefrorener See, und ich weiss nicht, ob das Eis hält. Ich trete darauf, liefere mich dem Publikum völlig aus und hoffe, nicht zu versinken. Das Risiko ist enorm , aber noch viel grösser ist meine Belohnung, wenn das Eis trägt."
Man sollte ihm nicht nur zuhören, sondern ihn auch verstehen.

Und dann die Metamorphose. Ein melancholischer Antony verwandelt sich in einen, der mit dem Publikum kokettiert, sich selbst auf die Schippe nimmt und Spässe macht, die häufig mit herzhaftem Lachen quittiert werden.
Es scheint so, als sei er mit einer guten Portion britischen Humors ausgestattet.
Nach der nächsten Sintflut wird Jesus eine Mädchen sein und überhaupt wäre die Welt unter weiblicher Führung eine bessere, sinniert er zwischendrin mit tiefer, leiser Stimme.
Man möchte ihm das gerne glauben, denn der fast kindlich anmutende Schalk unter der Toga entschärft den Hang zum Pathos.
Am Schluss, nach begeistertem Applaus und einigen Zugaben - alle sind schon im Aufbruch begriffen - erscheint er unverhofft noch mal allein auf der Bühne um seine Interpretation des Züricher "Mood" zu trällern. Sehr schräg, aber das Publikum hält etwas verstört inne und lauscht.

Nach diesem Konzert könnte man zwar vergessen, dass man Musik bisweilen nach Genre sortiert, aber diese zauberhafte Stimme vergisst man so schnell nicht. Sie ist wie Balsam und glättet manche Seelenfalte.

Antony & The Johnsons - AnotherWorld [mp3]
Antony & The Johnsons - Shake That Devil [mp3]
Antony & The Johnsons - Cripple And The Starfish [mp3]
Antony & The Johnsons - Hope Theres Someone [mp3]

Dienstag, 24. März 2009

jimi hendrix

Eine Biographie.
Lese sie gerade, nachts, vor dem Schlaf, um meine Träume zu beflügeln. Und im Wartezimmer, wenn die Zeit zwischen Gebrechlichen und Gebrechen wieder mal stillzustehen scheint.
Ein Geburtstagsgeschenk.

„Geräte sind nicht nur Verstärker seiner Gitarre, sondern Amplifier des Wunsches nach einer anderen Galaxie; Verstärker seiner Ausbruchssehnsucht, Raumschiffe zu einer anderen Körperbasis, von der aus die Electric Skies zu erreichen sind.“
Sätze wie diesen und viele andere kann man darin lesen, geschrieben von Klaus Theweleit und Rainer Höltschl.
In einen Meermann will er sich verwandeln, im Ozean neu aufleben. Die Wellen dafür gibt es schon, Schallwellen. Er reitet sie mit seiner E-Gitarre. Es spritzt, gurgelt, schäumt und stürmt. "Noise of the sea", schreit Jimi Hendrix, darin will er untergehen, "nicht um zu sterben", wie er versichert, "sondern um wiedergeboren zu werden". Die Erde hat er abgeschrieben, zu viele Kriege: "Every inch of earth is a fighting nest." ...steht in der "Zeit".

Die Nacht, in der ich geboren wurde, wurde der Mond feuerrot, ich schwör's.
Und meine arme Mutter schrie los: Gott! Der Zigeuner! Er hatte recht!
Und ich sah sie umfallen, tot.
Berglöwen fanden mich da wartend,
setzten mich auf Adlerflügel.
Der Vogel trug mich in die Aussenbezirke der Unendlichkeit,
und als er mich zurück nach hier brachte,
gab er mir Venus' Hexenring, sagte,
"Nun flieg weiter, flieg..."
Denn ich bin Voodoo Brut, Voodoo Chile..."

Es ist nicht immer einfach, dem fragmentierten Stoff zu folgen. Ein roter Faden begleitet einem jedoch hilfreich durch das Buch in Form eines lachsfarbenen Lesebandes. Artig platziert, und man findet im nächsten Wartezimmer gleich wieder den Einstieg in die psychedelischen Welten, in die Wah-Wah Effekte dieses göttlichen Virtuosen. Oder man liest die läppischen 224 Seiten gleich in einem Rutsch durch.
Anschliessend braucht man keinen Arzt mehr. Ein Buch wie Acid.

Jimi Hendrix - Cherokee Mist [mp3]

Jimi Hendrix - A Merman I Should Turn To Be [mp3]
Jimi Hendrix - Voodoo Chile [mp3]
Jimi Hendrix - Happy Birthday [mp3]

Freitag, 27. Februar 2009

Ten Years After

fourty years later



Auch alte Herren machen gute Musik.
Davon konnte ich mich mal wieder im Salzhaus zu Winterthur überzeugen.
Woodstock, Fillmore East und Ten Years After, unzertrennlich verbundene Begriffe, die zu Legenden wurden und deren Nennung zumindest den Frühgeborenen unter uns Glanz in die Augen treiben dürften.
Glanz in den Augen hatte auch das zahlreiche Publikum, als die Recken von Ten Years After die Bühne stürmten und mit ihren unvergesslichen Songs wie Good Morning Little School Girl, Love Like A Man und I'm Going Home der Legende Leben einhauchte und mit hinreissenden Soli und harttreibendem Groove den Saal zum Kochen brachte.
LEO LYONS am Bass, Drummer RIC LEE und CHICK CHURCHILL am Keyboard gehören noch zum Urgestein der Band, Frontman ALVIN LEE ist inzwischen leider nicht mehr mit dabei. Seinem Nachfolger, dem jungen Sänger und Gitarristen JOE GOOCH, fehlt noch der stimmliche Blues-Rotz und die Ausstrahlung, ist aber spieltechnisch definitiv ein würdiger Ersatz.
Frisch, unverkrampft und eindringlich kam ihr unverwechselbarer Sound rüber, was die Jungs abliefern hat nach wie vor durchweg grosse Klasse - und so richtig alt sind sie auch nicht geworden.

Fazit: das war Bluesrock vom Feinsten und ein tip-top Konzert in feiner Location !

Ten Years After - I'm Goin' Home [mp3]
Ten Years After - Love Like A Man [mp3]
Ten Years After - I Woke Up This Morning [mp3]

Mittwoch, 11. Februar 2009

Tommy Emmanuel

"Tommy begann im Alter von vier Jahren auf der Gitarre zu spielen. Er lernte nur nach Gehör und hatte weder Unterricht noch Lehrmaterialien. Bereits mit sechs Jahren spielte er auf nahezu professionellem Niveau. Kurz nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1966 wurde seine Familie vom australischen Countrymusik-Star Buddy Williams entdeckt und mit auf Tour genommen. Nach einiger Zeit wurde das von der australischen Kinderwohlfahrt unterbunden und die Kinder mussten auf eine normale Schule gehen.
In seiner frühen Jugend zog Tommy Emmanuel nach Sydney, um eine Laufbahn als Gitarrist einzuschlagen. Er spielte in diversen Clubs der Stadt und sein Talent blieb nicht lange unbemerkt.
Hauptsächlich spielt Tommy Emmanuel auf Westerngitarren der australischen Firma Maton, von denen er viele besitzt.
Er zupft, kratzt, trommelt und klopft auf seinen Gitarren und erschafft so eine enorme Tonvielfalt und Atmosphäre.
Seine umwerfenden Darbietungen, außergewöhnlichen Spielfähigkeiten und sein scheinbar unerschöpfliches Repertoire versetzen sein Publikum immer wieder in Staunen und Hochstimmung."

Ob Tommy auch mich in Staunen und Hochstimmung versetzen wird, erfahrt ihr nach seinem Konzert im
Züricher Volkshaus am 27.4.2009
auf diesem blog.
Bis dahin gibt's erstmal eine Kostprobe.

Sonntag, 18. Januar 2009

Antony Hegarty im Kongresshaus

Ein Wunder ! Kam doch letzte Woche eine wunderbare mail angeflattert - das "Wunder von New York" kommt nach Zürich.
Kurz zuvor hatte ich noch gegoogelt und inbrünstig gehofft, einen Gig in der Nähe zu finden.
Entweder war ich zu blind oder zu ungründlich oder beides. Egal. Die Freude ist umso grösser - er kommt und singt und ich hab noch eine der wenigen guten Karten ergattert.

04.04.2009
20 Uhr
Kongresshaus Zürich


Sonntag, 21. Dezember 2008

Drei Engel für Wils ;-)

Die beschauliche und betuliche Zeit vor Weihnachten hat ausser Plätzchen, Glühwein und Konsumrausch zum Glück auch noch andere Genüsse zu bieten und manchmal gibt es überraschende Geschenke schon vor dem eigentlichen Fest.
Das Konzert von Schwester Gaby gestern abend war eines davon.
"Ihr Kinderlein kommet ooo kommet doch all..." - dem frohlockenden Aufruf von Wils und den Schwestern folgte ich gerne ins Shamrock und ausser mir noch eine grosse, gutgelaunte Fangemeinde.
Es rieselte kein leiser Schnee und es klingelte kein Glöckchen, auch der rotummantelte Herr mit dem langen, weissen Bart kam nicht mit dickem Schlitten vorgefahren und die blau-betuchten Herren zwangen niemanden dazu, "Still still still..." zu singen. Nein, auch weit und breit kein Bulle und Esel, zumindest blieben sie meinem Auge verborgen.













Dafür gabs eine ordentliche Portion auf die Ohren: erdige und himmlische Rockmusik vom Feinsten.
Zwar versuchte Wils immer noch ein wenig hektisch dem "Bad Moon Rising" zu entfliehen, doch Gaby zügelte ihn mit ihren coolen, sehr locker wirkenden, aber richtungsweisenden Basslinien.
Michi faszinierte mich besonders - der üblicherweise im Hintergrund agierenden Drummerin war ich an diesem Abend durch glückliche Platzwahl besonders dicht auf den Pelz gerückt und konnte so hautnah ihr Solo erleben. Völlig absorbiert und eins mit ihren Drum-Sticks drosch sie wild aber akzentuiert das Schlagzeug - einfach teuflisch gut.

















Die Überraschung des Abends gelang, als die Meister/innen der lauten Töne die Stecker zogen - nicht als Stromsparprogramm, sondern um unplugged mit den guten, alten Akkustikklampfen und der wunderbaren Stimme von Lizzy leisere Töne anzuschlagen
.














Dieser Teil des Konzertes hat mir besonders gut gefallen - eine echte Bereicherung. Auch wenn der Sound an manchen Stellen noch etwas hakte und Lizzy erst bei "Proud Mary", der letzten Zugabe, ihr Stimmvolumen ansatzweise voll entfaltete. Sie lieferte uns eine Kostprobe ihres schönen Gesangs und liess erahnen, dass da noch jede Menge Reserven da sind, noch mehr kommt, wenn die anfänglichen 'Wortfindungsstörungen' des Gesangstrios überwunden sind. Gut Ding braucht eben Weil. Was ich da zu hören bekam, war auf jeden Fall sehr vielversprechend und erweitert das musikalische Spektrum der Schwestern um einen interressanten Part.
Gespannt darf man sein...
Gaby, Michi, Lizzy und Wils - das war klasse, weiter so - und ich freu mich natürlich schon aufs nächste Konzert !

Sonntag, 23. November 2008

Antony & The Johnsons - Cripple And The Starfish

Meine Ohren kleben an dieser Stimme und kommen nicht mehr los...ich höre das Lied heute zum 39sten mal...was ist das? Gibt es Abhilfe?

"Gerade erst ein Album kann Antony Hegarty in seiner Diskographie aufweisen, da schwärmt eine Legende wie Laurie Anderson bereits in den höchsten Tönen von ihm. Und nicht nur das.Lou Reed zeigt sich von Antonys Gesangskunst ebenfalls beeindruckt und nimmt ihn 2003 mit auf seine "The Raven"-Tour."

...las ich gerade bei laut.de. Offensichtlich bin ich in bester Gesellschaft. Und offensichtlich gibt es Hegarty und seine Stimme schon ne ganze Weile, ist aber bisher seltsamerweise nicht zu mir durchgedrungen. Dafür jetzt um so heftiger. Wer spät kommt, dem ist der Dank von Hilde gewiss :)
Also, jetzt noch 1x, und dann gute Nacht !

Freitag, 21. November 2008

Rote Fabrik: Joan As Police Woman



Neulich morgens - es war zwischen 7 und 8 Uhr, zwischen Dusche, Kaffee und Katzenfutter - lief eine brandneue CD, welche mir tags zuvor ein Freund geschenkt hatte. Ziemlich passend zur Tageszeit "To Survive" von "Joan As Policewoman". Absicht war, meiner untertourigen Morgenroutine mit musikalischer Untermalung etwas drive zu verleihen. Was da aus dem Lautsprecher tönte, war aber alles andere als easy listening. Der Sound verwandelte den gewünschten drive in ein Innehalten - als morgendliches Grundrauschen taugte das nicht. Ganz unpassend zur anstehenden Tagesordnung waren nur noch meine Ohren aktiv. Also, Platte raus, SWR3 rein - Steffi Tücking und Christian Thees als grundrauschende Alternative.
Ohne greifbar zu sein, wirkte die Musik nach wie ein Sog; nichts von den Songs setzte sich richtig fest und dennoch hatte ich das Bedürfnis, die Scheibe wieder zu hören.
Die sperrigen, nicht auf Anhieb eingängigen Balladen, getragen von der betörenden Soulstimme Joan Wassers wollen ungeteilte Aufmerksamkeit, und das am besten live.
Also begab ich mich am Donnerstag abend in die Rote Fabrik nach Zürich.

Pünktlich zur Türöffnung um 21 Uhr laufen wir dort ein. Ein Bier, ein paar Nüsse und schon lädt der pianolastige Sound der Vorgruppe Beach House zum träumen ein, reisst mich aber nicht gerade vom Hocker.

Kurze Pause, dann kommt Sie. Brünette Mähne, enger Glitzerfummel, schwarze Leggings und goldene Stifeletten. Am Schlagzeug nimmt Parker Kindred Platz und am Bass Joan's langjähriger Freund Timo Ellis, der die Ausnahmebassistin Rainy Orteca vertritt. Der Saal ist nicht überfüllt aber es sind genügend Leute gekommen, um dem Trio stürmisch zu applaudieren.
Nach knapper Begrüssung "Hello...how are you feeling tonight...thank you" steht sie auch schon hinter der mit Glitzerstoff verkleideten Hammond und zieht sofort das Publikum mit wunderschönen, geheimnisumwobenen Songs in ihren Bann. Später dann greift sie auch zur Gitarre, die Violine kommt an diesem Abend nicht zum Einsatz.
Wenig Worte, die Show aufs Wesentliche reduziert - trotz ihrer cool und distanziert wirkenden Art merkt man sofort, um wen und was es auf der Bühne geht.

Von Verlust, Liebe und Begehren handeln ihre schwer fassbaren, filigranen Lieder, die erst still und unscheinbar über ihre Lippen kommen um sich dann in monumentalen, intensiven Melodiekurven in luftigen Klangwolken fast zu verlieren. Immer aufgefangen und getragen von Joans wunderbar souligen, manchmal etwas verrucht zerbrechlichen, aber ausdrucksstarken und klangsicheren Stimme und dem reduziert und doch bedeutungsvoll eingestzten Fundament aus Klavier, Schlagzeug und Bass.

Erstaunlicherweise hat die Multiinstrumentalistin mit dem Singen und Songschreiben erst relativ spät angefangen.
In den 80ern liess sie sich an der New Yorker Musikhochschule zur klassischen Violinistin ausbilden um dann als gefragte Gastgeigerin im kreativen Umfeld unter anderem von Lou Reed, Elton John, Sheryl Crow, Rufus Wainwright, Anthony & the Johnsons mitzuwirken. Ende der 90er spielte sie mit ihrer ersten Band, den "Dambuilders" und der ehemaligen Begleitband ihres Freundes Jeff Buckley "Black Beetle". Als diese 2002 auseinanderbrach, gründete Joan Wasser ihre eigene Band "Joan As Police Woman", mit der sie zur Zeit anlässlich ihres zweiten Albums "To Survive" durch Europa tourt.

Jeff Buckley, mit dem Joan bis zu seinem tragischen Tod 1997 befreundet war, widmete ihr einst das Lied "Everybody Here Wants You". Und der Titel wird bestätigt. Aufmerksame Stille herrscht im Saal bis zum Schluss, unterbrochen nur vom begeisterten Applaus zwischen den Stücken. Absolut eindrucksvoll. Bisher kannte ich ein solch andächtiges Lauschen nur aus klassischen Konzerten
Sie wiederum widmete Buckley nun das Stück "To Be Lonely". Bezaubernd fragil, intensiv und verletzlich erzählt, ohne in Trauer oder Hoffnungslosigkeit zu verfallen, war es für mich der Favorit des Konzerts.

Am Ende bietet die Band noch eine Zugabe und Joan Wasser signiert am Merchstand persönlich alles, was man ihr unter die Nase hält. Dieses sehr intime Konzert liess - bis auf eine Kleinigkeit - nichts zu wünschen übrig.
Recht gewöhnungsbedürftig empfand ich Joan's Glitzerlook. Meine ausgeprägte Aversion gegen alles Glitzerige, vor allem auf Kleidung, endete zum Glück nicht in einem Fluchtreflex. Die angenehme Stimmung im Raum und die wunderbare Musik liessen mich nach kurzer Zeit nur noch das innere Glitzern und Funkeln wahrnehmen.

Inzwischen hörte ich die CD mehrmals aktiv und obwohl "To Survive" nicht grade ein fröhliches Album ist, ist es grossartig und hilft in verschiedensten Situationen beim Überleben. Man muss nur richtig hinhören.

Joan As PoliceWoman - To Be Lonely [mp3]
Joan As Police Woman - To Survive [mp3]
Antony And The Johnsons - Frankenstein [mp3]
Antony And The Johnsons - Cripple And The Starfish [mp3]
Jeff Buckley - So Real [mp3]
Jeff Buckley - Satisfied Mind [mp3]
Tim Buckley - Driftin [mp3]