Dienstag, 10. März 2009

18. Der Dempster Highway








Es gibt wenige Srassen auf der Welt wie den Dempster.
Früher ein Pfad der Gwitchin-Indianer, später als Hundeschlitten Trail genutzt, auch von William John Duncan Dempster, nach dem diese Strasse benannt wurde. Er fuhr hier in den 30ern des vorigen Jahrhunderts mit seinem Hundeschlittengespann bei -40 Grad Patrouille für die Royal Canadien Mounted Police.
40 km hinter Dawson beginnt der Highway und schlängelt sich 736 km durch die Berge bis weit über den Polarkreis ans Eismeer, nach Inuvik in den Northwest Territories. Wer ihn befahren möchte, sollte dies möglichst mit einem Four Wheeler Truck tun, denn der Highway ist eine staubige Schotterpiste mit einem Dasein voller Schlaglöcher - Massengräber von zerfetzten Autoreifen am Strassenrand zeugen stumm davon.
Seit 1979 gibt es diese "Road to Nowhere", durchgängig befahrbar nur etwa 10 Monate im Jahr.
In der schneefreien Zeit im Juli und August rücken Arbeiterkolonnen der Piste auf den Schotter, um die Schlaglöcher zu stopfen.
Zu dieser Zeit ist der Highway "bevölkert" von Touristen, die einmal mit dem Wohnmobil den Dempster bezwingen wollen, von Dawson City bis ans nördliche Ende des Kontinents.
Bevölkert heisst hier, es taucht ungefähr einmal pro Stunde ein Fahrzeug auf, zwei sind seltener Zufall.

Auch wir wollten uns heute ins staubige Getümmel auf dem Dempster mischen. Aber nicht das Eismeer - die Tobstone Mountains sollten unser Ziel sein, nur ca. 70 km weit mussten wir uns dafür durchschütteln lassen.
Jerry verpassten wir für die drei Tage bis zu unserer Rückkehr ein Zimmer im Bunkhouse in Dawson und los ging's bei strahlend frostigem Sonnenschein.
Durch urzeitlich anmutende Mooslandschaften schlängelte sich die Piste, durch Gebirge mit namenlosen Gipfeln, durch violett und rostrot gefärbte Spätsommer-Tundra, kein Mensch weit und breit, kein Tier, kein anderes Fahrzeug - nur Stille. Es war, als würden wir ans Ende der Welt fahren, oder durch Mittelerde, hinein in Tolkiensche Fantasielandschaften - die Olgivie Mountains scheinen nicht von dieser Welt.
Immer wieder machten wir Halt, um diese Farbenpracht einzuatmen, um das grossartige, stumme Schauspiel der bizarren, surrealistisch anmutenden Natur auf uns wirken zu lassen.
Hin und wieder blähte sich am Horizont eine mächtige Staubwolke auf, die näher kam um kurz vor dem Zusammentreffen ein Fahrzeug auszuspucken.
Bei km 71 erreichten wir den Tombstone Campground, auf dem wir die kommenden Tage unser Zelt aufschlagen wollten. Im vorigen Jahr war der Capground vorrübergehend geschlossen, nachdem ein Grizzly dort ein Wohnmobil ausgeräubert hatte. Wir hatten Glück, er war offen.
Die Indianerfamilie, welche den Platz betreut, informierte uns gründlich über die Beschaffenheit der Trails im umliegenden Gebiet. Mehrere Wege waren gesperrt, damit sich die Grizzlies dort ungestört ihren Winterspeck anfressen konnten.
Wir stellten unser Zelt auf und machten uns dann auf den Weg in die Tundra. Eisiger Wind pfiff uns dabei um die Ohren - Mittelerde präsentierte sich von seiner unwirtlichen Seite. Immer dunklere Wolken brauten sich zusammen, das Zwielicht gepaart mit der grandiosen, urzeitlich anmutenden Landschaft erzeugte eine unwirkliche Stimmung. Schneeflocken, getrieben vom Wind, tanzten wild durch die Luft und plötzlich raubte uns minutenlang ein kleiner Schneesturm die Sicht. Wieder am Campground angekommen, war der Spuk schon vorbei.
Rauch quoll aus dem Schornstein der Schutzhütte, die anderen Camper hatten schon ordentlich eingeheizt und nach dem Eintreten machte sich wohlige Wärme breit. Wir schnackten eine Runde und während wir unser Abendessen zubereiteten, machte sich bleierne Schwere in den Gliedern breit. Die Hitze vom Ofen liess uns schnell auftauen, brachte die Wangen zum Glühen und das abendliche Bier gab uns den Rest - von der Müdigkeit übermannt trollten wir uns in die Nacht hinaus in unser frostiges Lager. Mehrere Lagen Kleidung, die guten Schlafsäcke, in welche wir ein paar mit heissem Wasser Flaschen gefüllte Flaschen stopften, sorgten dann schliesslich für warme Füsse und einen tiefen Schlaf.

Blitzen Trapper - Big Black Bird [mp3]
Blitzen Trapper - Canyon's Edge [mp3]
Blitzen Trapper - Sleepy Time In A Western World [mp3]

Werbung in eigener Sache

Heute zog ich aus meinen 38 Spams folgendes mail:

"Ihr Reisebericht
'Von Pelly Crossing/Yukon nach Eagle/Alaska mit dem Kajak'

wurde soeben von unserer Redaktion als einer der besten Beiträge des Tages ausgewählt und erscheint somit in der aktuellen Bilderleiste auf der Startseite der GEO-Reisecommunity.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Team der GEO-Reisecommunity"

Da hat sie sich aber gefreut :)

Mittwoch, 4. März 2009

17. Midnight Dome





Böses Brummen in meinem Kopf weckte mich am nächsten Morgen - die vergangenen Nacht forderte ihren Tribut. Zahlungswillig am Tresen wartend und schwupps, standen gleich wieder drei Drinks vor mir - drei zuviel. Es war wohl Zahltag in den Goldminen und da schmissen die spendablen Jungs mit ihren Dollars nur so um sich.
Egal, ich bereute nichts.
Die Boote mussten erst mal versorgt werden, denn am nächsten Tag sollte es weitergehen auf dem Dempster Highway in die Olgivie Mountains. Also, eine Ladung eiskaltes Wasser ins Gesicht und schon war der Blick wieder klar.
Phil ist Frankokanadier, Goldwäscher und ein Freund von Jerry.
Auf den Goldclaims am Klondike River hinter Dawson lebt er im Wohnwagen, sein Husky hat ein eigenes Domizil in einem Autowrack. Auf diesem Gelände wollten wir bis zur Rückkehr aus den Bergen die Kajaks zwischenlagern. Nach einer Irrfahrt duch die Goldfelder fanden wir den Platz mit Hund, von Phil jedoch keine Spur. Eine kurze Nachricht geschrieben, Boote und Kisten abgelegt und zurück - Wasch- und Putztag war angesagt. Wir trollten uns mit dem Bündel Klamotten vom Fluss zu einem RV-Park in Dawson, wo man für ein paar Loonies die Waschräume nutzen konnte. Während die Wäsche in den Riesenmaschinen ihre Runden drehte, hüpften wir unter die Dusche und genossen ausgiebig dieses seltene, erfrischende Ereignis.
Ein paar Einkäufe, dann fuhren Bernd und Jerry nochmals zu Phil, um mit ihm über einen Autokauf zu verhandeln.
Das kam mir gerade Recht, so konnte ich mich mal abseilen und in aller Ruhe den Midnight Dome, einen Aussichtsberg hinter Dawson, erkunden. Ein abenteuerliches Unterfangen, denn was auf den ersten Blick ziemlich nah und leicht erreichbar wirkte, entpuppte sich als Gewaltmarsch. Stundenlang trabte ich durch den Wald, stiess dann auf eine Schotterpiste und wähnte mich dem Ziel nahe. Doch eine Serpentine nach der anderen folgte, kein Mensch weit und breit, gerade mal drei Fahrzeuge kamen mir entgegen. Dafür schienen sich hier mehrere Bären herumzutreiben, der Strassenrand war gepflastert mit gewaltigen, mit Beeren durchsetzten braunen Häufen - ein deutliches Zeichen.
Bei diesem Anblick wurde ich etwas hasenherzig und um mich zu beruhigen, suchte ich mir einen kräftigen Prügel und fing an laut zu singen, in der Hoffnung, die Bären damit auf Abstand zu halten. Sehr effektiv, denn offensichtlich vertrieb ich mit meinen schrägen Arien nicht nur die Bären, sondern auch sämtliche anderen Lebewesen, nicht mal die sonst überall präsenten Mücken trauten sich mehr in meine Nähe.
Endlich oben angekommen, genoss ich nur kurz den wunderbaren Ausblick, machte mich aber gleich wieder auf den Rückzug, denn es fing schon an zu dämmern.
Ziemlich erschöpft erreichte ich dann kurz vor Mitternacht die Fähre, welche zum Glück nachts durchgehend bei Bedarf zwischen Dawson und dem am gegenüberliegenden Ufer befindlichen Campground hin und her pendelt.
Bernd und Jerry waren sichtlich erleichtert, als sie das Irrlicht meiner Stirnlampe erspähten!

Blitzen Trapper - Wild Mountain Nation [mp3]
The Strokes - Walk On The Wild Side [mp3]
Beirut - My Wife, Lost In The Wild [mp3]

Dienstag, 3. März 2009

Salz auf meiner Haut



















Am Anfang dachte ich
oft
wenig
an dich
immer dann
wenn ich an dich dachte
sah ich dich im Wind stehen
an einem Strand
an einem Fluss
warum auch immer
manchmal dachte ich
Rucksack packen
hinfahren
mich in den Wind stellen
ich hab es gatan
nicht zu feige
nicht zu weit
nicht zu gefährlich

und dann kam alles ganz anders
und viel besser
und dann doch jede Menge Wind
neben dir, hinter dir, vor dir
mit dir
gegen den Sturm
mit dem Sommerwind
kein Sturm
kann deinen Geruch
von meiner Haut pusten
aber immer
ein Lächeln
in mein Gesicht wehen
und Salz auf meine Haut
wenn ich an Dich denke
und immer öfter
angekommen bin

Antony & The Johnsons - Crazy In Love [mp3]
Bonnie 'Prince Billie' -You Remind Me Of Something [mp3]
Blondie - I'm Gonna Love You Too [mp3]
Ian Dury & The Blockheads - Hit Me With Your Rythm Stick [mp3]

Montag, 2. März 2009

Auf dem Weg in die Wolfsgesellschaft?

Donnerstag, 5. März, 19.30 Uhr vhs im Kulturzentrum
Der Crash der Wolfsgesellschaft ?
Vortrag von Prof. Friedhelm Hengsbach


"Er ist einer der letzten großen Köpfe Deutschlands, der sich dem Neoliberalismus entschieden widersetzt und die Nation auf dem Weg in eine "Wolfsgesellschaft" wähnt. Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach, Sozialethiker und Theologe, kritisiert vor allem das Verschwinden der sozialen Balance: "Die Zumutungen sind nicht gerecht verteilt, die Zumutungen werden vielmehr dem unteren Rand der Gesellschaft zugewiesen." Privatisierung und Deregulierung sind neoliberale Heilskonzepte, die ihren behaupteten Vorteil nirgendwo erwiesen haben. Ergebnis dieser "kollektiven Verengung des Denkens" sei vielmehr eine Deformation des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Die Finanzkrise bestätigt die Kritik auf doppelte Weise: Sie zeigt eklatant die Schwächen des Systems, aber bestätigt zugleich auch dessen Regeln: Geholfen wird denjenigen, die den Karren in den Dreck gefahren haben. Der Verlust wird der Gesellschaft aufgebürdet. Führt die Krise zu einem Umdenken? Kommt das Primat der Politik wieder zu seinem Recht? Kann der Crash die "Wolfsgesellschaft" delegitimieren?"

Friedhelm Hengsbach, 2008 emeritiert, war seit 1985 Professor für Christliche Sozialwissenschaft/Wirtschafts- und Gesellschaftslehre, sowie Leiter des Oswald von Nell-Breuning-Instituts für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik.

Haben Mieter der Wobak eine Lobby ?

"Im Paradies hat auch nicht jeder einen Stellplatz"
Frau C. aus K. kommt nach einem Thaeaterbesuch spät nachts mit ihrem Kleinwagen nach Hause. Wie so oft sind zu dieser Stunde schon alle Stellplätze im Wohnbereich belegt. Bis auf zwei von dreien vor den Garagen am Ende ihres Wohnblocks. Nach einer erfolglosen Suchrunde um den Block stellt sie ihr Auto - wie so oft - auf einem dieser Stellplätze ab. Die sind immer frei, aber ein Schild an der Garagentür warnt sie vor dem Abschlepper.
Am darauffolgenden Sonntagmorgen wird sie wieder einmal aus dem Bett geklingelt und mit unschönen Schimpfkannonaden aufgefordert, ihr Fahrzeug wegzustellen. Einfach so, weil der Besitzer der Garage, der in einer entfernten Strasse wohnt, zufällig vorbeikam und auf sein Recht pochte.
Bis vor einem Jahr waren meistens genügend Stellplätze vorhanden, denn zwei Mietsparteien im Haus waren fahrzeuglos. Ein Mieter verstarb und eine andere Mieterin zog aus, die Nachfolger der beiden brachten jeweils ihr Auto mit. Seitdem herrscht regelmässig Gedrängel.
Frau C. wandte sich in ihrer Naivität an die Wohnungsbaugesellschaft, in der Hoffnung, dort Gehör zu finden. Fand sie auch, aber leider nur beamtenmässige Durchzugsohren einer Sachbearbeiterin und dazu passende stereotype Antworten. Blabla.
Daraufhin machte sich Frau C. im Mietrecht kundig, schrieb einen Brief an die Wohnungsbaugesellschaft und erläuterte ihr Anliegen. Im Gegensatz zu den Ausführungen der Sachbearbeiterin, sie könnten den Garagenbesitzern nicht kündigen - obwohl die Garagen so gut wie nie benutzt werden und die Besitzer nicht im Haus wohnen - fand sie heraus, dass dies sehr wohl möglich ist, sogar ohne Angabe von Gründen. Ausserdem muss die Gesellschaft jeder Mietspartei einen Stellplatz zur Verfügung stellen, in diesem Anwesen kommen aber auf 8 Mieter 6 Stellplätze.
Der Brief blieb erst mal unbeantwortet. Erst als sich Frau C. an den Aufsichtsrat der Gesellschaft wandte, gab es eine Reaktion in Form eines Telefonats.
Der erst mal freundlich klingende Herr A. am anderen Ende der Leitung bekundete, mit den Mietern der Garage gesprochen zu haben, jedoch ohne Erfolg, da diese darauf bestanden, als frühere langjährige Mieter des Hauses ein Recht auf Fortbestand des Mietvertrags zu haben. Ausserdem betonte der im Verlauf des Gesprächs immer weniger freundlich klingende Herr A., in der Gegend, wo er wohne, hätte auch nicht jeder einen Stellplatz vor dem Haus. Ganz nach dem Motto, was ich nicht hab, brauchst Du auch nicht, was scheren mich da blöde Verordnungen. Und: Frau C. könnte einen Stellplatz in einer 10 Minuten entfernten Parkpalette mieten.
Die Frage, warum denn die jetzigen Mieter der Garagen nicht dort einen Platz mieten könnten, da sie ja sowieso schon einen längeren Anfahrtsweg in Kauf nehmen würden, wurde lapidar beantwortet mit: wir könnten zwar, aber wir wollen nicht.
Zu der Frage, warum man ehemalige langjährige Mieter protegiert und jetzige langjahrige Mieter dermassen vergrault, kam es leider nicht mehr, Herr A. am anderen Ende der Leitung beendete das Gespräch abrupt.

Frau C. fragt sich nun des öfteren, warum manche Menschen den gesunden Menschenverstand mehr fürchten, als der Teufel das Weihwasser.

Auch diese Frage ist bis heute unbeantwortet.

Fortsetzung folgt.