...ja, war ein tolles Jahr. Ein grossartiges Jahr, voller Geschenke, die nicht am Geburtstag oder an Weihnachten kamen, sondern einfach so, zwischendurch, als ich nicht an Geschenke dachte. Ein Jahr voller Liebe, die ich nicht forderte, nicht brauchte und nicht erwartete, die einfach da war. Und das Schöne ist, es geht weiter.
Das wertvollste Geschenk dieses Jahr war das Erleben einer Freiheit, wie ich sie bis dahin nicht kannte. Schwer, in Worte auszudrücken. Wenn ich daran zurückdenke, was ich als Jugendliche unter "Freiheit" verstand, würde ich mich am liebsten in den Arm nehmen und ganz fest drücken und sagen "es ist ein langer, steiniger Weg in die Freiheit und du wirst aus vielen Gefängnissen ausbrechen und es wird weh tun, aber ich bin bei dir".
Freiheit.
Für die einen mehr, die anderen weniger wichtig, für manche gar bedrohlich, für mich existenziell. Dieses Motto begleitete mich von Kindesbeinen an. Die ersten Jahre war es der Wunsch, aus einem Familiensystem ausbrechen zu können, welches ich so, wie es war, nicht ertragen konnte.
Ich las Indianergeschichten und träumte davon, im Lendenschurz am Fluss Fische zu fangen.
Später folgten Träume, endlich eine eigene Bude zu haben, Auto- und Motorradfahren zu dürfen, die grosse, weite Welt zu erkunden und mir von niemandem mehr sagen lassen zu müssen, was ich tun und lassen darf, mich keinen gesellschaftlichen Zwängen unterwerfen zu müssen.
Ich träumte davon, im Lendenschurz Fische zu fangen um danach die Fische auf der Moto Guzzi mit 180 Sachen an den Mann zu bringen.
Irgendwann im letzten Jahr reifte in mir immer mehr eine Erkenntnis, und ich begriff, dass wirkliche Freiheit etwas damit zu tun hat, Dinge wirklich loszulassen, Ballast abzuwerfen, sich von Überflüssigem zu trennen, zu sortieren und einfach sich selbst zu sein, unangreifbar an der Seele zu werden, aber niemals den Lendenschurz zu vergessen.
Viele von meinen Träumen hab ich inzwischen verwirklicht, bin nicht wunschlos glücklich, aber weiss inzwischen, dass die Ewigkeit immer im Augenblick liegt.
Im Sommer war ich in der Wildnis, hab nicht im Lendenschurz sondern in Jeans gefischt, aber es kam meinem Kindheitstraum ziemlich nahe. Ich hab die Stille und Einsamkeit lieben und schätzen gelernt, sie ist meine wirkliche Heimat geworden.
Bisher habe ich diese Wildnisträume mit meinem Sohn verwirklicht, er war der ideale Reisepartner für solche Abenteuer, wir hatten viel Spass und lernten tolle Menschen dabei kennen. Während des Rückflugs vom Yukon sinnierte ich ein wenig über die Zukunft. Mir war klar, dass dies wahrscheinlich unser letzter gemeinsamer Urlaub dieser Art war und dass es nicht zwangsweise einfach sein wird, jemanden zu finden, der die Einsamkeit und die Wildnis ähnlich spannend findet. Wir flogen über Ancorage und hatten dort Zwischenstopp. Im Flughafen fiel mir ein Mann mit einer Blechköfferchen auf, der ziemlich verwegen aussah. Ich fragte ihn, ob er eine Bombe in der Kiste hätte. Wir kamen ins Gespräch und ich erfuhr dabei, dass er seit zehn Jahren im Sommer in den Yukon fliegt und dort filmt. Die Filme waren in der Blechkiste. Wir unterhielten uns den restlichen, 9-stündigen Flug über, tauschten Adressen und stellten ziemlich enttäuscht fest, dass unsere Wohnorte maximal weit voneinander entfernt sind - er Hamburg, ich Konstanz. In Hamburg war für Oktober schon lange eine Woche Tagung im Terminkalender, da trafen wir uns dann wieder. Beim gemeinsamen Sichten seiner Filme entstand der Wunsch und Plan, dieses Jahr gemeinsam mit dem Paddelboot den Yukon zu erkunden.
Ich freu mich drauf wie Bolle. Und vielleicht werd ich dann endlich auch mal im Lendenschurz fischen...
Danke an alle Menschen, die mit mir gelacht, geweint, gearbeitet, geflüstert, gestritten und geschwiegen haben, gewandert und geflogen sind, albern und ernsthaft waren.
Ein gutes Neues Jahr und ein schönes Leben wünsch ich einfach allen !
P.S. Auch 2008 fliesst der Fluss, weil er fliessen muss.