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Sonntag, 25. Juli 2010

Talflucht

Gründe, in die Berge zu fliehen, gibt es immer, auch Dornröschen und seemoz locken derzeit mit virtuellen Ausflügen in die schöne, klare Bergwelt.
Neulich, es ist inzwischen schon eine Woche her, gab es wieder mal 2 gewichtige und 2 einfache Gründe: Frau B. lud zum Gipfeltreffen mit Geburtstagskuchen und Sekt, es war heiss und es war Freitag. Grund 1 ist selbsterklärend und zählte doppelt, dank der Lastenverteilung auf die Schultern unseres sehr geschätzten Trägers und Anführers Herrn S. Da die Temperaturen im Tal auf 34° klettern sollten und man pro 100 Höhenmeter eine ca. 1°ige Entwärmung schätzt, war Grund 2 auch nicht zu verachten und wir konnten uns beim mittäglichem Eintreffen auf dem ersten Gipfel über angenehme 23° freuen. Grund 3 schliesslich ist nicht für alle selbsterklärend, denn entgegen dem Namen ist der Freitag nicht unbedingt für jeden ein freier Tag, diesen Zustand wissen aber Freelancer, Rentner und andere, von ganz regelmässiger Arbeit befreite Menschen durchaus zu schätzen, denn während sich die meisten Vollzeiterwerbstätigen in muffigen Büros durch den hitzigen Tag Richtung Wochenende schwitzen, kann man sich als Teilzeit-Fünferpack auf den Schmalspurserpentinen  richtig austoben. Alles hat seinen Preis.
Die morgendlichen Startbedingungen wichen geringfügig vom Wunsch ab, war doch am Abend zuvor Theater, wieder mal verregnet, diesmal aber von innen, was man bei der Bruthitze durchaus angenehm finden kann.
Je näher man an de kleinen Totentanz kam, desto erfischender wurde das Klima, man wünschte beinahe, sich mit den Schauspielern beregnen zu lassen - freilich ohne dabei im Regen stehend mit dem Tod zu tanzen.
Je mehr ich reflektiere, desto stärker werden die Szenen, die Aufführung brillierte aber vor allen Dingen durch das ausdrucksstarke Spiel von Susi Wirth. Sie spielte die vom Leben geschlagene und vom Unglück verfolgte Elisabeth begnadet und intensiv bis in den erlösenden Tod. Erlösend auch für's Publikum, denn so grossartig das Schauspiel war, jede Qual muss ein Ende finden, günstigenfalls wird sie mit dem angeregten Sprachfluss durch eine geölte Kehle davongeschwemmt. Sprich: es wurde spät, aber nicht zu spät, um rechtzeitig 7 Uhr morgens ein paar Mitwanderer einzusammeln und Richtung Davos zu flüchten. Die Abweichung vom Wunsch fing damit an, dass eine Mitwanderin grundlos nicht auftauchte, aber es war zu früh, um sich darüber folgenreiche Gedanken zu machen. Als wir dann am Wanderstartpunkt - dem mit Google Maps ausgetüftelten Parkplatz am reich von Reichen besiedelten Ufer des Davoser Sees - ankamen, war dort eine Schranke und weit und breit keine Spur von dem aus westlicher Richtung anreisenden zweiten Teil unserer Wandergruppe.
Inzweischen war die Zeit soweit fortgeschritten, um sich folgenreichere Gedanken zu machen, so beschlossen wir, eine halbe Stunde zu warten und im Falle des Nichttreffens zu zweit loszustapfen und Sekt und Kuchen selbst zu tragen. Eine Lagebesprechung über Handy wurde leider durch den Langzeitversuch "es klappt trotzdem" unseres sehr geschätzten Alphamännchens und Handyverweigerers, Herrn S., vereitelt. Als Dauersympathisantin dieser seltenen Spezies sagte ich zu Frau B.: "es hat bisher immer trotzdem geklappt", zog die Bergstiefel an, schaute Richtung Strasse und sah einen dunkelgrünen Audi auf uns zufahren. Endlich komplett, in zufriedener Vorfreude, stürmten wir aufs Hüreli, wo uns zwar ein merkwürdiges Gipfelkreuz erwartete, aber ein wunderbarer Tiefblick auf den Davoser See, köstlicher Nusskuchen und ein Glas (!!!) Sekt für die Mühen des Aufstiegs belohnten.
Weiter gings über die Geisterbahn Pischa, eine verwaiste Bergstation, die in einsamem Sommerschlaf auf ihren winterlichen Einsatz hindämmert, vorbei an schrumpfenden Schneepfützen, in denen ich mich angesichts der bewegungsbedingten Wärmeentwicklung am liebsten gewälzt hätte  Um mich vor etwaigen Peinlichkeiten zu bewahren, warf Herr S. alternativ mit Schneebällen, was einen ähnlichen Effekt hatte. Von nun an gings bergab, aber obwohl schon ziemlich lange unterwegs, waren wir immer noch nicht berggesättigt und nahmen auf dem Rückweg noch schnell den nur 140 m hohen, aber steilen und schweisstreibenden Gifelanstieg zum Davoser Hausberg Seehorn mit.
Zum Abschluss der Tour gab es ein erfrischendes Bad im kalten Davoser See, für die Warmduscher unter uns tat's auch knietiefes Waten um die Kneippanlage und am Ende als Lohn für die Strapazen erwartete uns ein köstliches Hefeweizen im Biergarten am See. Um halbzwölf nachts zog ich dann mit heiterer Müdigkeit die Haustüre hinter mir zu und die Wanderkluft vom Leib - toll wars...
...aber Schnee von gestern - die für dieses Wochenende geplante Tour auf die Tilisuna-Hütte verschieben wir aufs Nächste, erst zwangen mich Schnauzevollunddickerhalserreger ins Bett, dann fing vor lauter Mitleid der Himmel zu weinen an und schliesslich fiel die Planung komplett ins Wasser.

Auf der Suche nach passendem, akkustischen Background für diesen Beitrag wurde ich bei Giant Panther fündig. Giant Panther ist weder verwandt mit Zweitkatze, noch verschwägert mit Katzenkönigin, aber trotzdem sehenswert.

The Young Rascals – People Got To Be Free.mp3
The Who – I’m Free.mp3 
Tracy Chapman – Freedom Now.mp3 
Crosby, Stills, Nash & Young – Find The Cost of Freedom.mp3

Montag, 21. Juni 2010

Carmen auf der schiefen Bahn. Ach du liebe Katastrophe!

Ein Theaterabo hat auch seine gute Seite, 200m weiter befindet sich die Seekuh und dort gibt es lecker-würziges Guinness. Das geht fast immer, sei es, um die Kehle zu ölen und den Sprachfluss nach einem packenden Stück anzuregen, oder um den schalen Geschmack nach einem noch schaleren und langweiligen Schauspiel runterzuspülen.

Obwohl es mich nach einer Überdosis an verwirrender Aktivität - man könnte es auch Arbeit nennen, wenn man nur ansatzweise so etwas wie ein befriedigendes Ergebnis daraus erkennen würde - eher in die Federn zog, trollte ich mich für "Carmen - eine Liebeskatastrophe" bei strömendem Regen aus den schützenden Vierwänden, die Überlegung, ob mit Auto oder Schlauchboot war nicht mal so abwegig. Zum Glück gibts neben dem Theater eine Gasse, da fand mein Auto einen angemessen spielortnahen Platz. Das runde Schild in der Nähe ignorierten wir beide geflissentlich, schliesslich hatte ich nicht vor, die Rolle des begossenen Pudels spielen.

Gleich zu Anfang nervte ein Kopf. Der befand sich direkt  in meinem Blickfeld und war definitiv eine halbe Kopflänge zu hoch. Man sollte die Damen vor dem Theaterbesuch anweisen, ihre Frisur sichtfreundlich zu gestalten und die Haare auf dem Oberhaupt möglichst platt zu halten, eine Türsteherin mit Massband wäre für diesen Zweck denkbar. Im übrigen habe ich es aufgegeben, das Phänomen erklären zu wollen, warum die Hochfrisuren, die besonders Aufrechten und die 2 Meter-Menschen IMMER VOR MIR sitzen, auch wenn links und rechts die ganze Reihe leer ist. Diesen Abend sollte sich das später allerdings als Segen erweisen.

Die Bretter, die die Welt bedeuten - eine Schräge. Nicht zwingend unzweckmässig, und sinnig eingesetzt ein wunderbares Stilmittel, in diesem Stück aber eindeutig fehl am Platz. Die Rolle der Carmen beschränkte sich überwiegend auf die Herausforderung, ihre Absätzchen ungestürzt unter Kontrolle zu bringen, während sie die schiefe Bühne bezwang. Das wirkte weder leichtfüßig, noch begehrenswert und schon gar nicht erotisch anziehend. Wie ein Trampel polterte das Wesen über die schiefe Bahn, es blieb mir verschlossen, was sich die Regie dabei dachte, vielleicht sollte es schräg wirken, wirkte aber bemüht und angestrengt. Überhaupt, die Carmen. Blonde Langmähne kombiniert mit rotem Spitzenkleid - klischeelos und ein Augengraus. Und nicht nur das. Eine Carmen, gespielt ohne Leidenschaft und ohne Alternative dazu, bedient weder das Klischee der feurigen Spanierin, Suffragette oder Hexe, noch das der opernfernen Persiflage.
Carmen und ihr gefallener Don wirkten nicht nur wie zwei, die sehr verschieden sind, sondern wie zwei, die nichts miteinander zu tun haben. Auch die übrigen Rollen des Schauspiels schienen eher beiläufig besetzt und in das Spiel eingeflochten, einzig aus dem Orchestergraben tönte Hörenswertes, zwar zum Stück unpassend, aber dies fügte sich immerhin in den Gesamteindruck.
Im Grunde genommen hätte man das ganze Spektakel auf  einen 10minütigen Spot reduzieren können, die obligatorische aber zusammenhangslose Entkleidungsszene und der rätselhaften Auftritt der Kinderschar im Schlussakt wäre einem dann auch erspart geblieben.

Etwas ratlos verliess ich das Theater, um mich der eindeutig reizvolleren Alternative dieses Abends zu widmen. Der Geschmack war zu schal, um ihn mit nach Hause zu tragen und es drängte, noch ein paar befreiende Worte über die zurückliegenden, quälend langen eineinhalb Stunden zu verlieren, in denen ich mindestens 23 mal zu oft auf die Uhr schaute.
Der Abend hätte ja durchaus auch Alternativen geboten, z.B. den Lenz. Anyway.
Am Ende hatte ich noch Glück, und der Wegezoll blieb mir erspart. Offensichtlich war es den Ordnungshütern auch zu nass.


Cincinnati Pops Orchestra – Bizet: Carmen Suite 1: The Toreadors 
Bridges & Powerlines – Carmen

Samstag, 5. Dezember 2009

irrsinnig menschlich

[...] Als Wahnsinn oder Verrücktheit wurden in der Geschichte des Abendlandes bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bestimmte Verhaltens- oder Denkmuster bezeichnet, die nicht der akzeptierten sozialen Norm entsprachen. Dabei bestimmten stets gesellschaftliche Konventionen, was jeweils genau als „Wahnsinn“ verstanden wurde [...] 

Das Theaterstück "Irren ist menschlich", ein Gemeinschaftsprojekt von Mitarbeitern und Besuchern des Bereichs Sozialpsychiatrie der AWO, entsprach nicht unbedingt normierten Denkmustern, liess mir manchmal das Lachen im Halse stecken und machte trotzdem wahnsinnig Spass. Aufgeführt letzten Donnerstag im Festsaal der Psychiatrie Reichenau. Die Hütte war proppenvoll. Hätte es Eintritt gekostet, wär's bestimmt ausverkauft gewesen...< Spass />


Hintersinnig und voller Wortwitz meisterten die Akteure die spielerische Annäherung an ein irres Thema,   berichteten von der Kunst, Elefantenherden zu vertreiben, vom Übel des Mundgeruchs in der Therapie und dem ganzen anderen normalen Wahnsinn. Schwester Gaby und die Psychorocker boten die passende Live-Musik-Therapie und begleiteten das muntere Treiben mit irrsinnig rockigen Klängen.


Es war nicht einfach auszumachen, wer denn nun "verrückt" und wer "normal" ist, weder unter den Akteuren noch im Publikum. Es war letztendlich auch herzlich egal. Neben mir sass Hand in Hand ein älteres Paar, manche blickten apathisch, andere redeten dazwischen, aber die meisten hatten offensichtlich viel Freude an den Irrungen und Wirrungen auf der Bühne und forderten am Ende mit begeistertem Applaus eine Zugabe - ganz wie im "normalen" Theater.





Ein mutiges Projekt - da steckte viel Herzblut und auch viel Arbeit drin. Respekt und ein dickes Lob an dieser Stelle an alle Beteiligten!

Dem Wahnsinn dicht auf den Hacken war ich froh, die Anstalt wieder verlassen zu dürfen, im Gegensatz zu manch anderem Zuschauer. Der Schritt zum Ver-rückt werden ist bisweilen kleiner, als uns Normalos lieb ist. Gerade in der jetzigen Jahreszeit.
Oder mit Joachim Ringelnatz' Worten ausgedrückt:

"Die besinnlichen Tage zwischen Weihnachten und Neujahr haben schon manchen um die Besinnung gebracht."


Also, passt auf euch auf ;-)


Neko Case - Runnin' Out of Fools
 

Grateful Dead - Ship of Fools
Eagles Of Death Metal - Now I'm A Fool
 

Foreigner - Fool For You Anyway

Freitag, 30. Oktober 2009

Es sind Worte, nur Worte

Der Eine und der Andere. Beide in einem Boot. Sie segeln zwischen zwei Polen, der sicheren Bucht und dem bewegten offenen Meer. Existenzielles Schwimmen, zwischen Aufbruch und Abschiednehmen. Eine Unterhaltung, bestehend aus fragmentierten Sätzen und unzulänglichem Satzgerüst füllt die Szenerie, beeindruckend untermalt von den aufwühlenden Klängen eines Cellos.

Ich habe es getan
Wie hast Du es getan?
einfach so

Der Eine, überdrüssig des Lebens, des Lärms der Anderen und seiner selbst. Der Gedanke, vom Boot zu springen, es einfach zu tun, auch wenn es Angst macht, lässt ihn nicht los. Der Andere versucht zu vermitteln, zu ergänzen und zu verstehen, folgt den Erklärungen des Einen, Erklärungen, die sich auflösen, die sich immer wieder verlieren an den Grenzen der Sprache.

Das sind alles nur Worte. Es ist alles ausgedacht.

Fosse zeichnet poetische, vielschichtige Sprachlandschaften, deren Wortgewalt sich durch Aussparung, durch Reduktion auf das Unwesentliche auszeichnet. Es, das vermeintlich Wesentliche bleibt nebulös, wird durch das Unaussprechliche ausgedrückt, drängt sich dem Zuschauer auf im Scheitern der Sprache. Ein logisches Paradoxon.

Ich fühle mich so schwer, so schwer wie ein Stein
Du meinst, grau?
Ja. Grau. Nein. Grau ist nicht hässlich. Grau ist schön. Und hässlich.

Handlung gibt es in diesem Stück kaum, es offenbart sich einem eher als Meditation, als Landschaft oder schwebender Zustand zwischen Leben und Tod. Die imaginäre Wirklichkeit wird unterstützt durch ein Bühnenbild, welches ebenso reduziert ist, wie das Stück selbst. Die beiden Männer sitzen auf einem schwankenden Balken, dahinter ist ein netzartiges Segel gespannt. Befreiende Aufbruchstimmung kommt auf, als auf dem Balken gespeist und Schnaps gekippt wird. Die Koketterie mit anheimelnder Normalität ist jedoch von kurzer Dauer. Der Eine stellt sich euphorisch in den Wind, will hinaus in die ungewisse Weite, der Andere klammert sich an den Anker der Sicherheit versprechenden Bucht. Der Eine lässt sich nicht beirren, segelt hinaus, lässt alle Fixpunkte hinter sich. Das Boot wird zum Spiel der Wellen. Und dann passiert es.

wo bist Du? wo bist Du?

Jegliche Rettungsversuche scheitern. Der eine ist fort. Fort mit dem Wind. Das Scheitern manifestiert sich in verzweifeltem Aufbäumen gegen das Unfassbare.

ich bin fort mit dem Wind - ich bin der Wind 

Fosse erzeugt in diesem sperrigen Stück eine triste Stimmung, die nicht leicht zu ertragen ist. An manchen Stellen entsteht der Wunsch, die Protagonisten von der Stange zu werfen, um der Befindlichkeitsfolter ein Ende zu setzen. Manchmal fragt man sich, ob nicht das Cello allein das Stück sehenswert macht.
Doch das täuscht. Die Kraft von Fosse's Sprache wirkt nach, erschliesst sich einem in ihrer Tiefe erst nach dem Verlassen des Theaters. Auch Stunden später bleiben unklare Gedanken, die aber nach und nach einer klaren Faszination weichen.

Jon Fosse "Ich bin der Wind" / Regie Wulf Twiehaus / Stadttheater Konstanz

Arcade Fire - Cold Wind [mp3]
Juliette Lewis - Suicide Dive Bombers [mp3]
The Decemberists - Lost At Sea [mp3]
Regina Spektor - Sailor Song [mp3]
The Unicorns - Sea Ghost [mp3]

Donnerstag, 19. März 2009

Skandal im Sperrbezirk Südkurier

"Großer Streit um eine Inszenierung am Theater Konstanz: Wegen einer exzessiven Vergewaltigungsszene im Stück „Der Drache“, liegt nun eine Beschwerde vor. Das Ordnungsamt will das Stück erst ab 18 freigeben."

So stehts im SK online heute.
Es gäbe soviel, worüber man sich beschweren könnte, aber wer um Himmels Willen kommt denn auf die absurde Idee, gegen besagte Szene in "der Drache" Beschwerde beim Ordnungsamt einzulegen?
Als langjährige Abonnentin habe ich die Aufführung selbst gesehen. Die Vergewaltigungsszene hat mich berührt, ja, ich fand sie abstossend, doch im inhaltlichen Kontext war sie absolut passend und folgerichtig.
Die Szene ist keineswegs anzüglich oder reisserisch dargestellt, sie erzeugt aber Unbehagen, was zum Denken anregt.
Vergewaltigung ist eine sexualisierte Form der Ausübung von Macht und Kontrolle und nicht etwa die Befriedigung eines Sexualtriebes. Sie ist tief in den patriarchalen Kulturen verwurzelt. So findet man die Darstellung von Vergewaltigungen schon in Schöpfungsmythen und Legenden. Beispiele für Kriegsverbrechen von Männern sind auch die zahlreichen Vergewaltigungen in den eroberten Ostgebieten und in Deutschland.
Wie könnte ein Regisseur, der die Parabel von Jewgeni Schwarz auf die Bühne bringt, sich dessen verschliessen?

Bei seemoz las ich folgende Interpretation:
"Als sich die von Lanzelot geschwängerte, bereits in den Wehen liegende Elsa dem Ansinnen des Tyrannen widersetzt, wird sie von den Machthabern vergewaltigt. So abstoßend diese Szene auch sein mag, sie wird zur Metapher der hässlichsten Form männlicher Ausübung von Macht und Kontrolle. Fabian hat damit der Parabel die nötige Schärfe gelassen."

Dem kann ich inhaltlich voll beipflichten.

Vielleicht sollte sich der/die Beschwerdegänger/in mehr um Interpretation und Inhalt eines Theaterstücks bemühen!

Sonntag, 18. Januar 2009

Das Schiwago Projekt

Eine halbe Ewigkeit liegt zwischen dem noch kindlichen Betrachten des Films "Doktor Schiwago" und dem heutigen Theaterabend, verblasst inzwischen die Geschichte, zu lange her, als dass die oppulenten Bilder von damals das folgende Bühnenspiel beeinflussend überlagern könnten.
Und das war gut, so konnte ich mich ziemlich unvorbelastet auf das folgende, knapp 4 Stunden dauernde Schauspiel einlassen. Für mein Donnerstags-Abo hatte ich in weiser Vorraussicht eine Tauschkarte für's Wochenende besorgt, denn solch ein voluminöses Theaterstück erfordert die ganze Aufmerksamkeit. Nach einem langen Arbeitstag bleibt davon meist wenig übrig.

Die Bühne.
Kahle Wände, zwei sich zum Publikum neigende, schräge Ebenen, geteilt durch einen bewässerten Graben. Das optisch spärliche Bühnenbild, die Leere, weckt Neugier auf das kommende Spiel, lässt Raum für eigene Bilder. Nichts lenkt ab vom geschichtsträchtigen Geschehen um die Romanfigur Schiwago. Mehr noch, die so zweigeteilte Bühne entpuppt sich als ausdrucksstarke Metapher einer geteilten Gesellschaft und versinnbildlicht die unterschiedlichen Zeit- und Erzählebenen, zwischen denen die Akteure mal spielerisch leicht, mal gequält hin- und herspringen um dann wieder abgetrennt auf einer Seite verharren.
Der Wassergraben dient mal als Spiegel, wird zum Spielplatz für Liebende, dann wieder zum Schützengraben, wird zum symbolischen Riss sowohl durch Wünsche und Realitäten als auch durch menschliche Beziehungen, gesellschaftliche Zwänge und die Freiheit.
Die ausgeklügelte Kulisse unterstützt so hervorragend das vielschichtige Projekt des Schweizer Regisseurs Mario Portmann, die Inszenierung des Schiwago-Romans um die historischen Figuren, den Schriftsteller Boris Pasternak und seinen Verleger, den steinreichen Revolutionär Gian Giacomo Feltrinelli, zu erweitern und aufeinandertreffen zu lassen.

Das Geschehen.
Die anfänglichen Bedenken, ob ich den Theatermarathon nach einer schlafberaubten Nacht ohne lautes Schnarchen durchstehen würde, verstärkten sich im ersten, etwas konfusen Teil des Stückes. Es dauert eine Weile, bis man sich zurechtgefunden hat in den Beziehungen, in der Struktur der Zeiten, bis die Fäden gesponnen waren, sich dann immer mehr verdichteten zu einem Geflecht aus Krieg, revolutionärem Kampf und menschlichen Dramen, einem Teppich, gewebt aus Utopie und Wirklichkeit.
Meine Bedenken wurden zusehends entkräftet durch das tiefgründigen und feinsinnige Spiel der Akteure und ich wurde im weiteren Verlauf des Abends mit zunehmendem Tempo in deren Schicksal hineingezogen. Susi Wirth war für mich die heimliche Protagonistin des Stückes. Sie überzeugte mit ausdrucksstarkem Spiel als verzweifelt liebende Lara - ein absoluter Genuss ihr dabei zuzuschauen.
Portmann setzt auf leises Spiel, ersetzt laute Effektheischerei mit kluger Symbolik, mit dezentem Licht- und Schattenspiel und interressanten Klangbildern - in Zeiten dauernder Reizüberflutung eine wahre Wohltat. So wird die Kinderfreundschaft zwischen Lara und ihrem späteren Mann Pawel symbolisiert durch einen roten Ball mit weissen Punkten, es wird auch geschossen an diesem Abend, aber nicht geknallt, auf der Bühne gibt es keine Nackten und die Tode werden unblutig gestorben. Zwei Eimer über den Köpfen der Liebenden Juri und Lara betonen die Intimität der zentralen Liebesszene und entziehen sie doch den Blicken des Publikums. Die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers ist gefordert, um aus den fantasievollen Akzenten Bilder im Kopf entstehen zu lassen.
Und die homöopathische Dosierung der Reize zeigte starke Wirkung. Eine packend inszenierte Geschichte, umgestzt von einem enorm spielfreudigen Ensemble, machte diesen vierstündigen Theaterabend zu einem kurzweiligen Erlebnis.

Fazit: ganz grosses Theater - unbedingt sehenswert !

Sonntag, 13. Juli 2008

Anatevka meets Konstanz


Welch ein Genuss, an einem wunderschönen, lauen Sommerabend am Konstanzer Münsterplatz auf das Schtetl Anatevka, dessen sympathischen Bewohner Tevje nebst Frau und ihren Stall halbwüchsiger Töchter zu treffen!
Das Musical vor historischer Kulisse war ein Bühnenschmankerl der besonderen Art, ein Stück voller Lebensweisheit und verschmitztem Humor. Wunderbare Akteure, die nicht nur grossartig spielten, sondern auch ihre Sangeskünste nicht verstecken brauchten, wurden von melancholischem Klezmer unaufdringlich begleitet.
Man konnte eintauchen in das Treiben in Anatevka, teilhaben am mehr oder weniger bunten Leben seiner Bewohner dank der realistischen Altstadtfassaden-Szenerie.
"Wenn ich einmal reich wär'. . . " - dieser Wunsch ist mehr als das Streben nach Geld und Gut: Reichtum heißt für den Milchmann Tevje auch Vertrauen, gute Gesprächspartner, familiäres Glück - für die Juden aus Anatevka eine Vision, die sie leben läßt, und für das Theaterpublikum der Schnittpunkt zwischen Bühne und Leben.
Begeisterter Beifall am Ende des ohne Pause gespielten Stücks wurde zu meiner grossen Verwunderung flankiert von einem Schild, auf dem tatsächlich zu lesen war: "Bitte leise applaudieren". Hatte ich etwas verpasst? Oder sollte das gar ein Witz sein?
Es wurde ganz und gar nicht leise geklatscht, sogar laute Beifallsrufe waren zu hören und aus den Reaktionen der benachbarten Zuschauer konnte ich folgern, dass es sich bei dem Schild keineswegs um einen Scherz handelte. Zuhause recherchierte ich dann in alten Zeitungen, und meine Befürchtungen bestätigten sich. Diese tolle Inszenierung, dieser Glückswurf für Konstanz wird von einem Häuflein kleinkariertem Bürgertum konterkariert?
Ich staune, obwohl ich ja schon des öfteren mit lärmgeplagten Konstanzern konfrontiert wurde.
Das darf alles gar nicht wahr sein, in welcher Stadt leben wir eigentlich???

Konstanz, eine weltoffene Stadt mit toleranten Menschen, für mich eine Vision und der Schnittpunkt zwischen Kunst und Leben.

Freitag, 30. November 2007

Ausser Kontrolle

Was macht ein Politiker, wenn im Parlament hitzige Debatten geführt werden? Er vergnügt sich derweil mit der Sekretärin der Opposition, was sonst! So geschehen am Donnerstag auf der Bühne des Stadttheaters. Dass dabei eine vermeintliche Leiche durchs Fenster des Tatorts zuschaut, war eher nicht geplant. Die Suche nach dem Mann am Fenster bringt das Alibi ins Wanken und zwingt Willey, den Politiker, ein haarsträubendes Lügengerüst aufzubauen. So haarsträubend, dass am Schluss keiner mehr recht weiss, welche Rolle er denn nun grade spielt. Immer neue Antagonisten tauchen nach und nach auf und verhelfen dem Lügenkarussel zu schwindelerregendem Tempo. Am Schluss gelangt die Leiche zu ungeahnter Vitalität und alles wendet sich zum Guten - die Verstrickungen sind perfekt und für die Beteiligten wird die Lüge zur Wahrheit - wer hätte das gedacht.
Die Ironie dieser turbulenten, aberwitzigen Komödie von Ray Cooney wurde wirkungsvoll und unaufdringlich verstärkt mit zwar einfachen, aber schräg angeordneten Elementen des Bühnenbildes.
Star des Bühne war für mich der Gastschauspieler Harald Schröpfer, in der Rolle des facettenreichen Sekretärs George. Mit unglaublicher Energie fegte er über die Bühne und meisterte alle ihm zugeteilten Rollen bravourös, das war schon beeindruckend.
Altmeister Frank Lettenewitsch, der als perfekte Leiche des Privetdetektiven den Wandel zwischen Tod und Leben wahrhaft meisterlich spielte, war heimlicher Star des Abends. Wäre er am Ende nicht aus seinem Rollstuhl aufgestanden, man hätte den Leichenwagen geordert.
So ein Theater!
Owohl ich schwere Theaterkost durchaus mag, hat dieser Abend mal wieder richtig Spass gemacht das Lachen blieb nicht im Hals stecken, es kam herzhaft und häufig!

Dienstag, 23. Oktober 2007

Schokoherzen im Nebel oder der Gott des Gemetzels

















Worauf ich mich nach den Sommerferien immer ganz besonders freue, ist der Moment, wenn die ersten Schokoherzen in den Regalen der Supermärkte rumstehen. Diese butterzarten Matschdinger mit dem fruchtigen Kern, in Milchschokolade gehüllt.
Auch dieses Jahr hab ich mich gleich eingedeckt mit einer Tüte voller Schokoherztüten. Zum Abendessen gab's dann gestern erst Käse mit kernlosen, weissen Weintrauben und zum Nachtisch eine Tüte Schokoherzen. Das war die letzte. Herzlos geht dieser Abend nun zu Ende. Aus Verzweiflung vergriff ich mich an harten Salzletten. Schildkröte und Salzletten, das ergibt wenig Sinn. Salzletten und Kuhmaul wäre eine passende Kombination, aber zum Glück machten wir heute abend nicht das ungeliebte Kuhmaul, sondern die Schildkröte. Und zur Schildkröte passen nun mal Schokoherzen. Keine Ahnung weshalb, vielleicht ist es der Kontrast harter Panzer weiches Herz.
Das Kuhmaul ist übrigens ein Asana aus dem Yoga und heisst auch Gomukhasana. Mein Körper ist einfach nicht kuhmaulkompatibel, deshalb mag ich dieses Asana nicht. Irgendjemand, vielleicht ich selbst, sagte heute, das Kuhmaul sei tantrisch. So ein Quatsch. Wieso sollte ein Kuhmaul tantrisch sein. Anders verhält es sich mit Kurmasana, der Schildkröte. Du hockst da, krallst dir unter den Beinen durch die Füsse und ziehst den Kopf ein. Ein bisschen ooohmm dazu und nach wenigen Minuten merkst du, wie sich ein mächtiger Panzer auf deinem gekrümmten Rücken bildet und alle Alltagslasten darauf abprallen. Das ist klasse, das ist tantrisch. Aber noch besser kommt es, wenn du dir anschliessend weiche Schokoherzen unter den Panzer schieben kannst. Heute abend gabs kein Herz, aber das habe ich ja schon gesagt. Es machte mich traurig. Trotzdem werde ich keinen Wondratschek mehr posten.

Und dann klatschten sie alle. Aber das ist wieder ne andere Baustelle. Oder auch nicht. Fragmentiertes Schreiben nenne ich das. Also, Szenen zweier Ehen oder "der Gott des Gemetzels" hiess das Stück am Sonntagabend, in dem das Gerüst bildungsbürgerlicher Normen und Konventionen an zwei ausgeschlagenen Kinderzähnen zerbricht. Eine Gesellschaftssatire. Ins Absurde abdriftende Problemlösungsversuche im intellektgesteuerten Dasein des Bildungsbürgertums beherrtschen die Szenen.
Es wurde oft laut und wissend gelacht, an diesem Abend wirkte manche Lache auch etwas verkrampft. Denn wer ob der ätzenden Dialoge der beiden Paare lachte, hat sich selbst ertappt. Ich ertappte mich auch. Ich ertappte mich bei einer diebischen Freude darüber, diesem ganzen Paarblödsinn entronnen zu sein und herzhaft lachen zu können. Dafür danke ich meinen Göttern und Göttinnen auch gerne jeden Morgen mit einem zusätzlichen Kuhmaul.

Gute Nacht.

Sonntag, 22. Juli 2007

Was ihr wollt














«Ich thue etwas, und weiß selbst nicht was; ich besorge, ich besorge, meine Augen haben mein Herz überrascht! Schiksal, zeige deine Macht: Wir sind nicht Herren über uns selbst; was beschlossen ist, muß seyn, und so sey es dann!»


"Twelfth Night” - Dreikönigsabend - ist der andere Titel, den Shakespeare seiner wohl bekanntesten und beliebtesten Komödie gab. Möglicherweise wird damit auf ein Uraufführungsdatum am 6. Januar angespielt, das aber als nicht gesichert gilt.
Eine andere Deutung ist interessanter: Die zwölf Nächte zwischen Weihnachten und Dreikönig gelten als die "Rauhnächte”, in denen das Geisterheer umherzieht und die Menschen, um ihre Gespensterfurcht und das Grauen vor der winterlichen Dunkelheit zu besänftigen, ausgelassene, dem Karneval vergleichbare Feste feiern - die seit der Antike begangenen Saturnalien. Bei diesem Fest gingen in bunter Verkleidung die Dinge nicht nur in erotischer Hinsicht drunter und drüber: ein turbulentes Was-Ihr-wollt-Durcheinander, das soziale und sexuelle Identitäten vertauscht und jeden möglichen Zweifel an der logischen wie der gesellschaftlichen Ordnung sät. Dieses vergnügliche Experiment mit dem "anderen” nutzt William Shakespeare als Begriff für die Versuchsanordnung der Liebes-Spiel-Arten auf der musikbeseelten Insel Illyrien.

Horst Hawemann's sehr moderne Konstanzer Inszenierung war wohl eher Komödie denn Drama, durchaus vergnüglich gespielt entbehrte das Stück aber nicht einer feinsinnigen Ernsthaftigkeit. Ein stolzes Aufgebot von 10 Schauspieler/innen bot zweieinhalb Stunden vor illustrem Bühnenbild beachtenswerte und rasante Kommödienfreude, ohne in albernen Klamauk abzudriften.
Klaus Redlin als verballhornter Lakai mit gelben Strümpfen entlockte dem Publikum etliche Lacher; der Narr - überzeugend gespielt von Olga Strub - durfte das Geschehen zwischen Glück und Wahnsinn beobachten und mit viel Wortwitz kommentieren.

Kurzum: es wurde mir nicht langweilig am Mittwoch, dem letzten Theaterabend dieser Spielsaison.
Umso unverständlicher fand ich deshalb das Verhalten meiner Platznachbarn. In manchen Szenen fiel auf der Bühne der Satz "Ich will nach Hause". Jedesmal nickte mein Nachbar deutlich und blickte dabei nervös auf seine Armbanduhr. Während des ganzen Schauspiels konnte er es sich nicht verkneifen, seiner Begleiterin abfällige Kommentare zuzuraunen. Zum Schlussapplaus sassen beide stoisch klatschlos da.
Theater ist nicht jedermanns Sache und über Inszenierungen lässt sich streiten, aber der Einsatz und die Spielfreude der Schauspieler hatten an diesem Abend definitiv Applaus verdient. Ich finde es respektlos den Akteuren gegenüber, demonstrativ nicht zu klatschen, vor allem wenn man in den vordersten Reihen sitzt.
Immerhin gibt es die Möglichkeit, sich in der Pause zu verabschieden, wenn das Stück nicht gefällt oder zu lange wird.
Zum Glück sind das Ausnahmen, diesmal hatte ich eine Tauschkarte. Meine üblichen Abonachbarn sind begeisterte Theaterfreunde und besitzen ein Mindestmass an Anstand.

Townes Van Zandt - You Are Not Needed Now [mp3]
M.Ward - To Go Home [mp3]
Lynyrd Skynyrd - Saturday Night Special [mp3]
Michael Andrews - Just A Thought [mp3]

Samstag, 2. Juni 2007

Fremdes Haus














"Du kennst mich doch, ich hab nichts gegen Fremde.
Einige meiner Freunde sind Fremde.
Aber diese Fremden da sind nicht von hier."

Fremde, fremde Heimat, fremdes Haus, fremde Freunde, fremde Menschen, fremde Feiglinge, Feinde, fremde Haut, fremde Fremde, Freunde, fremde Freude, Fremde, Feinde, Freunde, fremde Gefühle, fremde Fragen, Frage, Fragen, Fremde fragen, fremde Fremde fragen fragliche fremde Fragen. Falscher Film. Filmriss.

Fremdes Haus auf vertrauter Bühne, in der Inszenierung von Nina Gühlstorff im Stadttheater am Donnerstag.
Die Reihen waren licht und sehr unvollständig besetzt. Was das Programm beim flüchtigen Durchblättern hergab, war vielversprechend und liess schwere Kost vermuten. Das grossformatige Bühnenbild mit überdimensioniertem Hamburger bestärkte meine Befürchtungen und setzte zu Anfang die passenden Akzente für das folgende Stück.
Fünf Menschen, ergeben in Tristesse und Fatalismus, wie der Fluss des Kanals an dem sie ihr trostloses Leben fristen. Trostloses Leben in trostloser Gegend im unwirtlichen Nirgendwo.
In bedrückender Enge beäugt jeder jeden, Fremde sind unerwünscht. Sehnsüchte von Liebe, Freiheit und Wohlstand sind Träume längst vergangener Tage. Kleine Geschäfte mit Tabak, Bier, Autos und Prostitution beherrschen den Alltag, man hat sich abgefunden, arrangiert mit der Hoffnungslosigkeit.
Alle wissen über alles Bescheid, aber niemals greift einer ein, keiner tut was, alle lassen alles laufen - Warten auf eine erlösende Katastrophe.
Diese kommt in Form von Jane, einem jungen Fremden aus Mazedonien, desertiert vor dem drohenden Jugoslawienkrieg, der mit seinen Träumen und Sehnsüchten wie ein Wirbelsturm an den eingefahrenen Festen rüttelt und Bewegung in die erstarrten Verhältnisse bringt.
Wo die Fassade bröckelt, kommen Lebenslügen und Verrat zum Vorschein - am Ende bewirkt ein Freitod die Katharsis in dieser Tragödie.

Ich war zerrissen zwischen Begeisterung und Abscheu, was für die Intensität der Inszenierung spricht. Die derbe Sprache mit häufig gebrauchte Gossensprüchen wie "Fick Deine Mutter" und sinnverwandten Beleidigungen versetzten einem mitunter in die gewaltschwangere Atmosphäre grossstädtischer Glasscherbenviertel. Der Ansatz des Stückes war gut, meiner Meinung nach aber zu vollgestopft mit Klischees und Einfällen, was die sonst gute Inszenierung und die hervorragenden Qualitäten der Konstanzer Akteure spielerisch kompensieren konnten.
Zum Beispiel Jörg- gespielt von Georg Melich - der in seiner Rolle als Automechaniker und ungeliebtem Ehemann eine enorme Bühnen-Präsenz zeigte. Besonders erwähnenswert erscheint mir sein eindringlicher, sehr emotionaler Monolog über Mazedonien und die Vielschichtigkeit ethnischer Verflechtungen, welcher das Publikum zu spontanen Klatschorgien hinriss.

Obwohl es auch bei diesem Stück etliche Pausenflüchtlinge gab, was ich durchaus verstehen konnte, harrte ich bis zum Schluss aus. Das anschliessenden Guinness in der Seekuh unterstützte mich dann in bewährter Manier hervorragend beim Verdauen der schweren Kost.

Tim Buckley - Wayfaring Stranger [mp3]
Joan Baez - Wayfaring Stranger [mp3]
Neko Case - Wayfaring Stranger [mp3]

Dea Loher ist die international meistgespielte deutschsprachige Autorin der Gegenwart. 2006 ist sie »für die kritische Auseinandersetzung mit der Gegenwart in ihrem literarischen Schaffen« mit dem Bertolt- Brecht-Preis ausgezeichnet worden. Für Loher ist das Theater ein eminent politischer Raum, in dem ihre Stücke anthropologisch-philosophische Fragen nach Schuld, Verantwortung und danach aufwerfen, ob Freiheit möglich ist.

Donnerstag, 17. Mai 2007

Die kalte Sophie und Karl, der Feigling

"Sophie man die Kalte nennt, weil sie gern kalt` Wetter bringt."
Die Sophie kam gestern und das kalte Wetter auch.
Wenn ich daran denke, dass meine Wanderkumpels mit der kalten Sophie für die nächsten 4 Tage ins Bergell ziehen, frostelt mich etwas.
Immerhin kommt unsere Maschine jetzt unter die schützende Haube - als ich um kurz vor 20 Uhr durch die Pforte schlich, war sie fix und fertig und ich auch.
Aber jetzt erst mal frei. Zeit zum Flicken. Denn: am Montag zog ich wieder mal die gute, 10 Jahre alte schwarze Theaterhose an - sie spannte etwas um die Hüften. Kein Grund zur Sorge, die jahreszeitlichen bedingten Schwankungen sind einfach noch nicht vollständig abgebaut. Mit offenem Hosenschlitz restaurierte ich mich also, in der Hoffnung, das gute Teil würde zwischenzeitlich die richtige Passform finden. Kurz vor dem Jackenüberwurf hielt ich vor Spannung die Luft an und quetschte meine 3 überschüssigen Pfunde hinter den Zipper. Geschafft, rein in die Jacke, dann ins Auto, Musik an, einmal tief durchgeatmet und - ratsch! Mein Sinn für Ästhetik kann sich nun mal gar nicht mit sichtbaren Sliprändern auf dem Hintern anfreunden - das daraus resultierende, reduzierte, optisch aber durchaus erfreuliche Teilchen gab unter der geplatzten Hose allerdings mehr frei, als mir lieb war. Also, Rolle rückwärts zum Kleiderschrank, rein in die reissfeste Alltagsjeans und Rolle vorwärts in die Vorstellung. So ein Theater!
Hätte ich gewusst, was mich dort erwartet, hätt ich's in Ruhe in die Reihe 7 krachen lassen.
Ein bisschen Situationskomik wäre der Aufführung gut bekommen.
Apropos, schreibt der Südkurier heute in seiner Rezension: "Wenig Toleranz bewiesen ein, zwei dutzend Besucher des Theaterabends mit Lukas Bärfuss' Stück Der Bus. Noch während der Vorstellung des Ensembles der Württembergischen Landesbühne Esslingen verliessen sie den Saal. Wir wissen nicht, was sie mehr dazu bewegte, Stück oder Inszenierung. Womöglich beides."
In meinem Fall war es beides, wie zuvor schon beschrieben.
Im Nachhinein allerdings scheint mir eine Figur aus dem Bus doch besonders erwähnenswert. Karl, der klassische, unsympathische Feigling. Karl, der ohne Rückgrat durchs Leben geht, der sich biegt und windet und kriecht, um letztendlich doch den bequemen, feigen Weg zu gehen, das aber konsequent. Uarks - Karl war mir richtig zuwider, spielte er doch seine Rolle absolut überzeugend. Schonungslos bekannte er sich zu seiner Feigheit, was ihn fast wieder sympathisch machte.
Wo du nicht mehr den Schauspieler siehst, den du in seiner Rolle bewertest, sondern die Charaktere auf der Bühne anfängst zu hassen oder zu lieben, da fängt richtig gutes Theater an.

Achso, hab ich schon erwähnt, dass ich keine Feiglinge mag?

Tim Buckley - Driftin [mp3]
Proclaimers - I Would Walk 500 Miles [mp3]

Montag, 14. Mai 2007

Der Bus

"Man soll gehen, wenn es am schönsten ist." Mag ja sein, doch der heutige Theaterabend lief unter dem Motto: "Gehe einfach, wenns am schlimmsten ist." Der richtige Zeitpunkt war allerdings schlecht auszumachen, es war eineinhalb Stunden gleich schlimm. Ich wollte einfach nicht mehr ausharren, bis es noch schlimmer kommen würde, so zog ich es vor, in der Pause dem schlimmsten vorzubeugen und das Theater unbeklatscht fluchtartig zu verlassen - ich hab mir wahrhaftig schon viel Theaterunsinn gegönnt, aber das kam bisher noch nie vor.

Der Kultkurier schreibt zum Stück:
DER BUS handelt von einer Busgesellschaft irgendwo in den Bergen. Darunter Erika, eine Pilgerin, die von einem Engel den Auftrag erhalten haben will, am Tag der Heiligen Sophie nach Tschenstochau in Polen zur Schwarzen Madonna zu reisen - denn sonst passiert ein Unglück. Doch Erika ist in den falschen Bus gestiegen und ist nun mit einer illustren Runde von Kurgästen konfrontiert, die nicht nach Polen fahren, sondern auf dem Weg in ein Kurhotel in den Bergen sind. Der Schweizer Autor Lukas Bärfuss zählt zu den wichtigsten Dramatikern der Gegenwart.

Aha. Die Fixerin Erika, welche vom Engel die christliche Botschaft, mit Bekehrung zum Guten inklusive eingeflüstert bekommt, sich aus Versehen - oder Fügung? - in einen mit Dekadenz besetzten Bus verirrt, dessen rüpelhafter Fahrer Hermann droht, sie umzubringen - so weit, so ungut. Fünf Schläge hätten für's Schauspiel auch gereicht, warum es 30 oder 40 sein mussten...und warum für's Grabschaufeln 15 Minuten Dreck über die Bühne geworfen werden muss, gepaart mit langatmigen Abhandlungen über die Beschaffenheit des Bodens - der tiefere Sinn blieb mir verborgen.
Eine haarsträubend zusammenkonstruierte Geschichte war das - ausgezeichnet mit dem Mülheimer Theaterpreis, auch das bleibt mir ein Rätsel - vielleicht hab ich auch einfach des Kaiser's neue Kleider übersehen.

Bleibt zu hoffen, dass die übrigen Aufführungen der Baden-Württembergischen Theatertage das Publikum mehr begeistern.

The Who - Magic Bus [mp3]

Sonntag, 22. April 2007

Manche mögen's heiss

Im Grunde genommen mag ich's ja auch heiss.
Alles Mögliche, aber Musicals anzuschauen gehörte bisher nicht zu meinen heissen Beschäftigungsfavoriten - nein, ich war bisher eher die Musicalignorantin. Dank meines Theater-Abos kam ich nun am Donnerstag doch in den Genuss einer amusanten Ausnahme der Regel.
Eine umwerfend witzige Komödie - das gelang nicht nur Billy Wilder 1958 mit seinem Streifen "Some Like It Hot" sondern auch Rosamund Gilmore mit der temporeichen, musikalischen Buhnen-Fassung von "Manche mögens heiss" am Konstanzer Stadttheater.
Vor allem die zweite Spielhälfte war gespickt von Komik und Slapstick par Excellence.
Ingo Biermann als Joe/Josephine und Harald Schröpfer als Jerry/Daphne verkörperten ihre vertauschten Geschlechterrollen aberwitzig komisch und mit enormer Spielfreude, ganz ohne tuntig zu wirken.
Einfach köstlich, Daphne und dem Millionär Osgood - hervorragend gespielt von Frank Lettenewitsch - beim leidenschaftlichen Rosen-Tango zuzuschauen.

Daphne: "Ich bin Kettenraucherin"
Osgood: "Egal"
Daphne: "Ich kann keine Kinder kriegen"
Osgood: "Egal, dann adoptieren wir welche"
Daphne: "Ich bin ein Mann"
Osgood: "Egal. Nobody is perfect"




Alexia Rödiger in der Rolle von sweet Sugar überzeugte als naiv-charmante Ukulelespielerin, ihre Begeisterung für brillentragende und saxophonspielende Männer konnte man geradezu nachempfinden.

I Wanna Be Loved By You (Monroe Cover) [mp3]

Und - last but not least - kein Musical ohne Musik. Die swingende Damenkapelle "Constance Society Syncopators", die für diese Inszenierung via Zeitungsannonce zusammengefunden hat, war bei Bandleader Paul Amrod bestens aufgehoben.

Alles in allem eine unbedingt sehenswerte, spritzige Persiflage auf den "American Dream".

Normalerweise beurteile ich die Qualität eines Stückes am Rückenschmerzindex - je früher ich die Sitzposition verlagern muss, desto schlechter oder langweiliger das Theater. Dieses mal trat das Phänomen erst am nächsten Tag im Büro ein...

Samstag, 24. Februar 2007

Die Kluge

"Oh hätt ich meiner Tochter nur geglaubt..." sinniert singend der Bauer über sein Schicksal.
So klang es am Donnerstag Abend von der Bühne im Stadttheater. Und so ähnlich klingt's manchmal auch im wirklichen Leben.
"Denn wer viel hat / hat auch die Macht, / und wer die Macht hat, / hat das Recht, / und wer das Recht hat / beugt es auch, / denn über allem herrscht Gewalt!"

Es ist schwer auszumachen, wer von den Darstellern Schauspieler/in oder Sänger/in ist, stellen doch sowohl die Sänger von der Philharmonie ihr schauspielerisches Talent als auch die Schauspieler wacker ihre Singstimmen unter Beweis.
Die Bühne ist schlicht, aber mit raffinierten, beweglichen Elementen ausgestattet.
Genial das königliches Bett, welches aus dem Schnürboden geschwebt kommt - mein absoluter Favorit.

Archaisch schlicht und schnell erzählt - der Märchenstoff, aus welchem das Stück gewebt ist.
Ein einfältiger Bauer fällt trotz Vorwarnung seiner klugen, schönen Tochter auf die List des Königs rein und wird zur Strafe in den Kerker geworfen. Mit Klugheit und Witz verhilft ihm die Tochter zur Freiheit und sich selbst in die königlichen Gemächer. Liebe ist - was wär ein Märchen ohne sie? - mit im Spiel. Des Königs kluge Gefährtin zeigt aber Ungehorsam und wird in Folge dessen mit einer Truhe voll dem Liebsten, was sie besitzt, vor die königliche Tür gesetzt. Kurzerhand verpasst sie dem König einen Schlaftrunk und packt ihn in die Kiste.
"Klug sein und lieben kann kein Mensch auf dieser Welt." Oder doch?
Kein schönes Märchen ohne Happy End, am Schluss siegt die Liebe.
Und wenn sie nicht gestorben sind...dann ist die Moral von der Geschicht: ohne Liebe nutz auch Klugheit nicht.

Grimmscher Märchenstoff und Orffsche Rhythmen schön verpackt in ein erfrischend mitreissendes Musiktheater.

Und - das muss noch gesagt werden - das Haus war wieder mal rappelvoll.
Als ich neulich zufällig auf die Theaterseite surfte, las ich das:
"Kurz vor knapp
Schüler und Schülerinnen sowie Studierende erhalten an der Abendkasse kurz vor Vorstellungsbeginn Karten in den verfügbaren Kategorien zu 5,–. Euro."

Theater-Lastminute, eine nette Idee, finde ich. Ein rechter Fux ist er, der Nix ;-)

Sonntag, 14. Januar 2007

Electronic City
















Bedrückende Stille. Die Bühne, duster, eintönig bestückt mit folienverschweissten Würfeln aus gepressten PET Flaschen. Eine Mülltonne am Rand und ein ein grosser, durchsichtiger Kubus im Hintergrund, in dem ein Bürostuhl und ein Tisch steht, ergänzen das Bühnenbild. Der Boden ist übersät mit leeren, bunten PET Flaschen.

Tom, der Protagonist, unterwgs als erfolgreicher global Manager, betritt das Szenario, irrt orientierungslos durch die Gleichförmigkeit.

-Die Stadt?
-Los Angeles
-New York
-Berlin
-Seattle, Tokio, New Mexico
-er weiss es selbst nicht so genau.

Ein Zahlencode verschafft ihm normalerweise Zugang zu seinem Zimmer, seinen Geschäftsunterlagen, seinem Laptop, seiner Identität. Der Code ist weg. Totalausfall, Sein Gehirn spielt verrückt. Die Erinnerung schrumpft sein bisher gelebtes Leben in eine Anhäufung von immer wiederkehrenden gleichen Szenarien, einer Mischung aus Zeit- und Atemlosigkeit, ausdruckslosen Gesichtern, nichtssagenden Gebäuden und Zahlen.

-Zu oft den Ort gewechselt, in der letzten Zeit, völlig die Orientierung verloren:
-Wo ist Joy, wo ist Joy?
-Wenn ich doch bloss mein Handy mitgenommen hätte
-meinen Palm
-meinen Organizer
-mein Notebook
-oder wenigstens einen Kompass

Verzweifelt versucht er, seine Erinnerung auszutricksen und ihr die Zahlenkombination zu entlocken.

-7-1-7-2-4?? 7-1-7-2-5??
-Manager auf Psychopharmaka irgendwo am anderen Ende der Welt
-in Hochhausbetten Lagerstätten Halbtagsunterkünften
-wo sie sich ablegen kurzzeitig zusammenbrechen Ruhe finden
-um dann nach wenigen Stunden weiterzufliegen
-zu fusionieren zu investieren zu spekulieren

Irgendwo, in irgend einer anderen Metropole, sitzt seine

-Frau?
-Freundin?
-Geliebte?

in der Flughafenlounge an der Kasse, scannt Fitnessriegel, Burger, Sushipäckchen und Powerdrinks. Er erinnert sich, an ihr Gesicht, ihre Stimme, ihre Haut, iheren Namen. Joy! Aber wo ist Joy?
Tom flüchtet sich in den Fitnessraum, der aussieht wie irgendeiner in irgendeinem Hotel in irgendeiner Stadt.

- Tom hetzt über das Laufrad im Fitnessraum,
- neben ihm zwanzig Männer, die genauso aussehen wie er:
- Schlappe Schultern, Hühnerbrust und Bauchansatz
- der typische Banker eben
- aber bemüht
- ja bemüht doch noch das Beste
- aus seinem erschöpften Körper rauszuholen
- verhetzt, verschwitzt, einsam, ungeliebt, ohne Sex.
- Menschen liegen in Hotels
- die auch gleichzeitig Kurzzeitkliniken und Feriendomizile sind

Dieses moderne Märchen hat kein Happy-End. Falk Richter lässt Tom am Ende die Hoffnung auf ein 20minütiges Treffen mit seiner Joy während eines Zwischenaufenthaltes auf dem Amsterdamer Flughafen. Wo sie sich dann für kurze Zeit in die Augen sehen, einige Sätze austauschen, sich umarmen können und dann vielleicht noch kurz auf der Herrentoilette...

JOY Ich liebe dich
TOM Das L-Wort. Du machst mir Angst.
JOY Ich vermisse dich. Wir schaffen das schon.
TOM Ja. Wir schaffen das.

ENDE

Das bunt-gemischte Publikum aller Altersgruppen füllt die Spiegelhalle bis auf den letzten Platz - selbst Nix, der Chef höchstpersönlich ist anwesend - und verfolgt mucksmäuschenstill gespannt das surrealistisch anmutende Treiben auf der Bühne.
Der starke Realitätsbezug lässt mich allerdings temporär vergessen, dass ich im Theater sitze, kenne ich doch zu gut Situationen der Hilflosigkeit angesichts fehlender Kreditkarten, vergessener Passwörter und leerer Akkus, sowie der Orientierungslosigkeit in sich gleichenden Grossstadtzentren mit ihren Shopping Malls, Mc Donalds, Hotelketten und Flughäfen.
Mindestens 50 Passwörter, Geheimcodes und Zahlencombinationen sind in meinem Gehirn permament gespeichert und meistens auf Abruf präsent.
Dann, abends an der Supermarktkasse passierte es neulich. 12 Stunden hat mein Gehirn ordnungsgemäss auf Befehl funktioniert, die Ware war eingescannt, mein Klingelbeutel wie meistens leer, aber die Kreditkarte..."tippen Sie ihre Geheimzahl ein und bestätigen 2 mal"...mein Zeigefinger stochert auf Kommando in den Tasten, nur - mein Gehirn verweigert den Dienst an der Zahl. Keine Befehle mehr von der Zentrale. Ich steh wie hypnotisiert, kann es nicht fassen. Die Leute in der Schlange fangen nach einigen Minuten nervös an zu raunen. Nichts. Es kommt nichts. Plötzlich fühl ich mich, wie eine von sämtlichem Zahlenmüll entleerte Hülle, zweckentfremdet und deplaziert in dieser codierten Welt.
Ein Kind, eingepfercht in einen Einkaufswagen, wirft währenddessen ungeduldig und übermütig Waren vom Band und bringt seine Mutter schier zur Verzweiflung - und mich zum Lachen. Da war sie wieder - die Zahl.

Zurück zum Stück: Spannend war's wie ein Thriller, obwohl die "Action-Szenen" eher Seltenheitswert besassen. Kein Leichtes, kein Seichtes, aber hervorragend und intensiv gespielt von seinen Darstellern, von denen einiges abverlangt wurde.
Die anschliessende, gross-öffentliche Diskussionsrunde reduzierten wir dann allerdings auf einen entspannt privat-kleinen, samstagabendtauglichen Weizen-Plausch.

Mittwoch, 13. Dezember 2006

Ladies Night - Konstanzer Chippendales

Naja, ganz so knackich waren die Jungs heute abend im Theater nicht, aber immerhin zauberten sie eine äusserst muntere, fast ausgelassene Stimmung unters weibsenlastige Publikum.
Mit Witz, Esprit und offensichtlicher Spielfreude forderten die Schauspieler die sonst eher zurückhaltenden Konstanzer Theatergucker zu wahren Klatsch- und Lachorgien auf - wirklich - man sehe und staune!

Ein Lob an die Theatermacher, solche Inszenierungen machen das Theater wieder für ein breitgefächertes Publikum zugänglich, wie der vollbesetzte Saal unschwer erkennen liess.

Hingehen > schauen > freuen!

Es war ein nettes, amusantes Stück, so richtig was für's Mädelsherz und eine schöne Abwechslung in der hektischen Vorweihnachtszeit.

Donnerstag, 28. September 2006

Kaukasischer Kreidekreis














Der kaukasische Kreidekreis

heut Abend im Theater. Das Stück war ungewöhnlich gut besucht, viele neue Gesichter gabs in den Zuschauerreihen und auch unter den Schauspielern konnte ich nur zwei Bekannte ausmachen. Gratulation, guter Einstand, Herr Nix!
Am Anfang war ich sehr zerissen, es fiel mir nicht leicht, mich auf die unterschiedlichen, teilweise skurrilen Bilder einzulassen. Dann, in der zweiten Hälfte, entwickelte das Spiel eine rasante Dramatik, meine anfängliche Skepsis wich der Neugierde und dem Schmunzeln über makabere Wortspiele... "im Krieg begegnet man vielen offenen Menschen"...wohl wa(h)r - oder - Richter: "Scheidungsgrund?" Paar: "Wir sind uns unsympathisch." Richter: "Wie lange schon?" Paar: "Schon immer!" Richter: "Geschieden!"

Das Bühnenbild ist schlicht und dennoch interessant gestaltet mit mehreren Wandebenen, die Darsteller voller Spielfreuede, wobei das Stück vor allem durch die enorme Präsenz und facettenreiche Darstellung der Grusche getragen wird. Alles in allem ist es eine interessante Inszenierung der Brecht'schen Parabel mit teilweise ungewöhnlichen theatralen Mitteln.

Nix mit Langeweile!