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Sonntag, 25. Juli 2010

Jugend an die Macht

Was wurde eigentlich aus......Peto ?
Die junge, engagierte Schülerpartei aus Monheim ist erwachsener aber nicht weniger erfolgreich geworden.
Einer der Gründungsmitglieder, Daniel Zimmermann, wurde im September 2009 mit 30,4% der Stimmen zum Bürgemeister von Monheim gewählt und ist mit 28 Jahren das jüngste Stadtoberhaupt von Deutschland.
Die Peto Partei arbeitet inzwischen mit einer tragfähigen Besetzung im Stadtrat, mit 12 Sitzen hat sie vier Sitze mehr als die SPD und liegt gleich mit der CDU.
Chapeau!
Wo ist die Politikverdrossenheit der Jugend? Hab ich was verpasst?

Mittwoch, 5. Mai 2010

Klassenkampf von oben

Als Verfechterin einer umfassenden Reform unseres Schulsystems im Allgemeinen und als "Züchterin akademischen Proletariats" im Speziellen werfe ich immer gerne einen Blick auf die Bildungslandschaft, auch über die Landesgrenzen hinweg, und so bleibt mir nicht verborgen, was sich in den dortigen Bildungs-Zuchtbetrieben bewegt.
Mit einem staatlichen Schulsystem assoziiert man üblicherweise eher Begriffe wie "Sitzung / setzen / sitzen bleiben / aussitzen" als "Bewegung". In Hamburg geht beides, eine geplante Schulreform bringt Bewegung  ins verstaubte System und spaltet die Elternschaft der Hansestadt. Die Besitzenden proben den Aufstand, seit zwei Jahren tobt dort ein Kampf um Privilegien und Auslese.
Nachdem Hamburg bei der letzten Pisa-Studie 2008 auf dem vorletzten Platz landete, zog der Senat und allen voran die Schulsenatorin Christa Goetsch Konsequenzen aus dem schlechten Abschneiden.
Kleinere Klassen und längeres, gemeinsames Lernen, eine 6-jährige Primarschule und Bildungschancen für ALLE, darum geht es grob bei der vom schwarz-grünen Hamburger Senat aus der Taufe gehobenen Reform.
Das klingt erst mal gut und richtungsweisend. Könnte man meinen.
Nicht so die selbsternannte Bildungselite um den Hamburger Rechtsanwalt Walter Scheuerl "Wir wollen lernen". Die Eltern-Initiative mit viel Geld, Bild-Zeitung, FDP und NPD im Rücken duldet keine Konkurenz für ihre wohlbehüteten Kinder, ein gemeinsames Lernen von Migranten-, Arbeiter- und Akademikerkindern wäre für sie unerträglich und käme dem Untergang des Abendlandes gleich.
"Wir sind laut, wenn man uns die Bildung klaut" tönt der Schlachtruf der Gucci-Eltern. So sei, meint Frau Müller-Maier-Schulze "das herangezüchtete akademische Proletariat für eine wissenschaftliche Laufbahn gar nicht befähigt", während sie milde lächelnd auf den ungebildeten Rest der Welt herabschaut. Ausserdem könne es "nicht funktionieren, wenn ein Arbeiterkind mit einem Kind eines Vorstandsvorsitzenden spielt". Besitzstandswahrung, Sicherung der Pfründe in einem ständischen und vermotteten Schulsystem, in dem der bürgerliche Nachwuchs nach unten abgeschottet werden kann, treiben die Reformgegner zum Widerstand. Pfeffersäcke geben nicht gerne ab.

WWL ("Wir wollen lernen")  hat nun mit zweifelhaften Methoden einen Sack voller Unterschriften zusammengetrommelt, ein Volksentscheid soll im Juli Klarheit bringen und den zähen Schulstreit beenden.
Ich wünsche den Hamburgern, dass der Volksentscheid ein ähnliches Ergebnis bringt wie der gegen das KKH Konstanz - mit umgekehrten Vorzeichen.

Nach dem Betrachten des folgenden Videos war ich ziemlich angewidert ob der unerträglichen Arroganz, mit der die "Elite" ihre Parolen unverblümt von der Bütt plärrt. Und ich kam zu dem Schluss, mit solchen Menschen weder spielen noch sonst in Kontakt treten zu wollen und wenn, dann nur mit Mundschutz. Pfeffersack - mir graut vor Dir. Die Initiative sollte sich umbenennen in "wir wollen alleine lernen" und ihre elitären Sprösslinge in elitäre Internate oder sonstwohin stecken.
Der Name ist jedenfalls nicht Programm, die Herrschaften haben bisher nichts gelernt und nichts verstanden. Ich befürchte, selbst Nachhilfe würde hier angesichts der verkrusteten Denkstrukturen versagen.
Setzen, sechs!


















Crosby, Stills, Nash&Young - Teach Your Children Well
Damien Dempsey - “Teachers“
Nicole Simone - "Teach Me"

Dienstag, 19. Januar 2010

Prolapsus nuclei pulposi


Der Deutsche geht durchschnittlich 18mal jährlich zum Arzt, so häufig wie nie zuvor. Das ginge aus dem neuen Arztreport der Barmer GEK hervor, sagte mir heute morgen der freundliche Nachrichtensprecher auf SWR3.
Dabei ist der Krankenstand der Niedrigste seit Einführung der Statistik anno 1970.
Wie passt das zusammen?
Eine andere Statistik sagt, aus Angst vor Arbeitsplatz-Verlust melden sich die Deutschen immer seltener krank.
Wenn ich richtig kombiniere, heisst das aber nicht, dass die Deutschen deswegen weniger krank sind, sondern dass die Krankheiten eben wegen der Angst ins Psychosomatische abdriften und sich so multiple, diffuse Krankheitsbilder entwickeln, die von den Ärzten nicht einfach behandelbar sind.
In den 8 Minuten, die ein Arzt durchschnittlich Zeit hat, einen Patienten zu behandeln, quält der sich dann noch oft durch schlecht funktionierende Computersysteme, da bleibt kaum die Zeit, dem Patienten in die Augen zu schauen. Eine ordentliche Diagnose allein aus Labor- und Gerätewerten ist m.E. in vielen Fällen nicht weiterführend, der fehlende empathischen Blick und diagnostische Mängel auf Grund einer reduktionistischen Denkweise der Schulmedizin offnet dem Drehtüreffekt Tür und Tor und die Katze beisst sich in den Schwanz.
Gut Ding braucht eben Weil. Würden sich Hausärzte statt der 8 Minuten gleich 20 Minuten pro Patienten Zeit nehmen, würde sich die Anzahl der Arztbesuche und Folgetermine drastisch dezimieren, und allen wäre geholfen. Eine nachhaltige Gesundheitssytem-Reform anstatt eines mit heisser Nadel gestrickten Gesundheitsfonds wäre ein Ansatz.

Ähnliche, verhängnisvolle Effekte erlebt man in der restlichen, schönen Arbeitswelt. Ein neues Projekt steht an, wie immer unter enormem Zeit- und Kostendruck. Man findet den kleinsten, gemeinsamen Nenner und beschränkt sich auf ein gerade noch kostenverträgliches Minimum an Ausarbeitung. Unterm Strich dieser Kosten- und Zeitreduktionsmentalität steht dann paradoxerweise immer eine Kostenexplosion, die dann von den hirngewaschenen Verantwortlichen in aberwitzig hochdotiert besetzten Gremien analysiert und schöndiskutiert wird. Und wenns gar nicht schöner werden will, dreht man am Personalkarusell.

Vor Jahren hatte ich mal einen Hausarzt, einer der letzten der alten Garde, der schaute mir erst mal tief in die Augen bevor ich ihm die Zunge rausstrecken durfte. Danach kamen die obligatorischen Fragen: "wo drückt der Schuh, wie gehts denn zuhause und auf Arbeit?" Oder: "lass di mol anschauä Mädle, Du hosch doch än dickä Hals!" Nachdem wir ein wenig geplaudert hatten, war ich kurz darauf wieder einsatzfähig oder mit einer aussagekräftigen Diagnose bei der Folgebehandlung.
Zum Leidwesen seiner Patienten begab sich Dr.Schlömann in den verdienten, vorgezogenen Ruhestand, einen Arzt mit ähnlich menschlichen Qualitäten suche ich seither erfolglos.

Ein verschleppter Prolapsus nuclei pulposi liess mich gestern an einem einzigen Tag 22,22% der durschnittlich jährlichen Arztbesuche verbrauchen. 5 Stunden hab ich damit verbraten, wenn ich die vom letzten Jahr plus Physiotherapie dazuzählte, käme das summa summarum auf locker 3 Wochen Kur. Krankgeschrieben wurde ich deshalb nie. Nachsitzen heisst die Devise, damit der Prolapsus prolapsen kann, denn häufige Fehlzeiten küren einem zur "unbrauchbaren Resource" und somit zu bevorzugten Anwärtern für den Schleudersitz.

Die nächsten Termine stehen schon im Kalender.Vielleicht sollte mir einen längsgestreiften Rolli besorgen. Zwecks dem dicken Hals, zur optischen Verschlankung.

Emily Haines & The Soft Skeleton - Dr. Blind
HEALTH - Die Slow 
Harlem Shakes - Technicolor Health

Sonntag, 20. Dezember 2009

Es geht um uns Menschen


Die Menschheit muss sich entscheiden

In Kopenhagen wird nicht nur über den Klimawandel verhandelt.
Dort wird eine Schlacht um die Neudefinition der Menschheit geschlagen.

Von George Montbiot

Veröffentlicht in THE GUARDIAN am 15.12.09

"Das ist der Moment, in dem wir innehalten und auf uns selbst schauen sollten. Hier in den plastikverkleideten Gängen zwischen den umlagerten Infoständen, in schwer verständlichen Texten und in ermüdenden Verfahren, befindet die Menschheit darüber, was heute ist und was werden wird. Sie hat die Wahl, so weiterzuleben wie bisher und ihre Erde zu einer Wüste zu machen, oder innezuhalten und sich neu zu definieren. Es geht um viel mehr als um den Klimawandel. Es geht um die Menschheit.

Das Treffen in Kopenhagen konfrontiert uns mit unserer Urtragödie. Wir sind die am weitesten entwickelten Affen und verfügen über den Einfallsreichtum und die Aggressivität, die es uns ermöglichten, Beutetiere zu erlegen, die viel größer als wir selbst waren, neue Landstriche zu erobern und mit unserem Gebrüll unsere natürlichen Beschränkungen zu überwinden. Jetzt sind wir durch die Konsequenzen unseres Verhaltens neuen Beschränkungen unterworfen und leben ziemlich kleinlaut auf diesem überfüllten Planeten, aus Angst, wir könnten andere provozieren oder ihnen in die Quere kommen. Mit unseren Löwenherzen müssen wir das Leben von Büroangestellten führen.

Die Prämisse des Klimagipfels muss die Erkenntnis sein, dass die Ära der Heldentaten vorbei ist. Die Zeit der Bescheidenheit ist gekommen. Wir können nicht länger ohne Einschränkungen leben. Wir können nicht mehr länger einfach unsere Fäuste schwingen, ohne an die Nase zu denken, die uns im Weg sein könnte. Bei allem, was wir tun, müssen wir Rücksicht auf das Leben anderer nehmen und vorsichtig, behutsam und sorgfältig vorgehen. Wir können nicht mehr nur im Heute leben und uns so verhalten, als ob es kein Morgen gäbe.

Das ist eine Konferenz über chemische Vorgänge, über die Treibhausgase, die unsere Atmosphäre zerstören. Es ist aber auch eine Schlacht zwischen zwei Weltsichten. Die zornigen Männer, die jede Vereinbarung zu verhindern versuchen, weil sie ihrer Selbstverwirklichung Grenzen setzen könnte, haben das besser verstanden, als wir anderen. Eine neue Bewegung, die am stärksten in Nordamerika und Australien ausgeprägt ist, jetzt aber überall Fuß zu fassen scheint, will weiter auf den Leben anderer Menschen herumtrampeln, als ob das ihr gutes Recht wäre. Ihre Anhänger wollen sich nicht durch Steuern, Waffengesetze, Regulierungen, Gesundheits-, Sicherheits- oder Umweltvorschriften einengen lassen. Sie betonen, dass fossile Brennstoffe dem am weitesten entwickelten Menschenaffen viel mehr als nur die Verwirklichung seiner steinzeitlichen Träume ermöglicht haben. Für einen (am Alter der Erde gemessen) wunderbaren kurzen Moment haben sie uns ein Leben in glücklicher Unbekümmertheit erlaubt.

Die zornigen Männer wissen, dass dieses goldene Zeitalter vorbei ist; aber sie finden für die Einschränkungen, die sie hassen, nicht die richtigen Worte. Ihre Exemplare des Buches "Atlas Shrugged" (s.http://de.wikipedia.org/wiki/Atlas_wirft_die_Welt_ab ) umklammernd, schlagen sie wild um sich und beschuldigen diejenigen, die sie einengen wollen, Kommunisten, Faschisten, religiöse Fanatiker oder Menschenhasser zu sein; im Innersten kennen sie jedoch den wahren Grund für die notwendigen Einschränkungen, der hemmungslosen Menschen allerdings noch viel widerwärtiger ist: die Rücksichtnahme, die sie anderen Menschen schulden.

Ich fürchte diesen Chor der Rücksichtslosen, ich kann sie aber verstehen. Ich führe ein größtenteils friedliches Leben, aber in meinen Träumen kämpfe ich immer noch mit riesigen Auerochsen. Alle, die noch Kampfeslust verspüren, müssen sich in Ersatzhandlungen oder Fantasievorstellungen flüchten. In Wachträumen und Videospielen leben wir die Bedürfnisse aus, die wir wegen ökologischer Schutzvorschriften oder aus Rücksicht auf andere Menschen nicht mehr befriedigen können.

Die Menschheit ist nicht mehr in Konservative und Liberale, Reaktionäre und Progressive gespalten, obwohl beide Seiten noch der alten Politik anhängen. Heute verläuft die Kampflinie zwischen Wachstumsbefürwortern und Wachstumsbegrenzern, zwischen den einen, die glauben, dass es keine Einschränkungen geben darf, und den anderen, die fordern, dass wir uns Grenzen setzen müssen. Die heftigen Kämpfe, die bisher zwischen der grünen Bewegung und den Leugnern des Klimawandels, zwischen Verfechtern von Geschwindigkeitsbeschränkungen und Geschwindigkeitsfreaks, zwischen echten Graswurzel-Gruppen und von Konzernen gesponserten Teppichrasen-Liebhabern stattfinden, sind erst der Anfang. Dieser Krieg wird noch viel erbitterter geführt werden, wenn die Menschen an die Grenzen stoßen, die aus Rücksicht auf andere Menschen eingehalten werden müssen.

Im Land der Heldentaten Beowulfs (s. http://de.wikipedia.org/wiki/Beowulf ) haben wir uns in einem Nebel aus Abkürzungen und Umschreibungen, Einschüben und Ausnahmen verirrt und verfolgen eine tödliche Politik, die versucht, allen Ansprüchen gerecht zu werden. Heroismus ist hier fehl am Platz, Leidenschaften und Machtansprüche werden durch die Bedürfnisse anderer Menschen begrenzt. So sollte es auch sein, auch wenn jede unserer Nervenzellen dagegen revoltiert.

Obwohl sich die Delegierten (der Klimakonferenz) ihrer Verantwortung bewusst sind, befürchte ich, dass sie uns im Stich lassen werden. Jeder will sein letztes Abenteuer erleben. Kaum eine der offiziellen Delegationen wird die Implikationen akzeptieren, die ein Leben mit Einschränkungen, ein Leben, das auch das Morgen bedenkt, mit sich bringt. Sie werden sich einreden, dass immer noch Grenzen zu überwinden sind, dass sich immer noch neue Ressourcen erschließen lassen, dass man sich selbst keine Beschränkungen auferlegen muss, weil man die Probleme anderen Weltgegenden und anderen Völkern aufbürden kann. Über allem hier Angesprochenen schwebt eine Erwartung, die nie ausgesprochen wird, aber immer präsent ist. Das (angeblich unbegrenzte) Wirtschaftswachstum ist die magische Formel, die eine Lösung der aufgezeigten Konflikte verhindert.

Wenn die Wirtschaft immer weiter wächst, muss man nichts für die soziale Gerechtigkeit tun, weil sich das Leben (der Armen) auch ohne Neuverteilung (des Reichtums) verbessern lässt. Wenn die Wirtschaft immer weiter wächst, brauchen sich Völker nicht gegen ihre Eliten aufzulehnen. Wenn die Wirtschaft immer weiter wächst, können wir uns auch weiterhin den Weg aus unseren Schwierigkeiten freikaufen. Aber wie bei den Bankern werden die heute angeblich bewältigten Schwierigkeiten morgen vervielfacht wiederkehren. Mit dem Wirtschaftswachstum leihen wir uns nur Zeit, für die wir später hohe Strafzinsen bezahlen müssen. Alle in Kopenhagen vereinbarten kleinen Einschränkungen werden sich schon bald als unzureichend herausstellen. Selbst wenn es gelänge, die Klimakatastrophe zunächst abzuwenden, bedeutet (weiteres) Wachstum, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wir an neue Grenzen stoßen, die wieder eine globale Antwort erfordern: die Öl- und Wasser-Knappheit oder die Überdüngung des Bodens. Wir werden von einer existenziellen Krise in die andere taumeln, wenn wir uns nicht um die eigentliche Ursache kümmern: Auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen kann es kein unbegrenztes Wachstum geben.

Auch in den Verhandlungen über den Klimawandel in der Plastikumgebung (in Kopenhagen) geht es nicht wirklich um ernstgemeinte Selbstbeschränkungen. Ein großes Problem bleibt unerwähnt: die Bevorratung. Die meisten Staaten, die sich in Kopenhagen streiten, verfolgen bei den fossilen Brennstoffen eine doppelbödige Politik. Einerseits soll die Nachfrage gedrosselt werden, indem man uns dazu ermuntert, unseren Verbrauch zu reduzieren. Andererseits sollen die Fördergesellschaften das Angebot durch möglichst große Fördermengen erhöhen.

Aus Artikeln, die im April dieses Jahres in der Zeitschrift NATURE veröffentlicht wurden (s. http://www.nature.com/nature/journal/v458/n7242/full/nature08017.html und http://www.nature.com/nature/journal/v458/n7242/full/nature08019.html ), wissen wir, dass wir nur 60 Prozent der gegenwärtigen Reserven an Kohle, Öl und Gas verbrennen dürfen, wenn die durchschnittliche globale Temperatur um nicht mehr als zwei Grad ansteigen soll. Wir könnten noch viel weniger verbrennen, wenn sich die Temperatur nur um 1,5 °C erhöhen soll, was viele der ärmeren Länder fordern. Wir wissen, dass nach der Förderung und Lagerung dieser Brennstoffe nur ein kleiner Bruchteil des darin enthaltenen Kohlenstoffs unschädlich gemacht werden kann. Deshalb müssen die Regierungen zwei unverzichtbare Entscheidungen treffen: Sie müssen festlegen, welche Menge der noch vorhandenen fossilen Brennstoffe im Boden bleiben muss, und es muss eine Vereinbarung geben, dass nicht nach neuen Vorkommen fossiler Brennstoffe gesucht wird. Keiner dieser Vorschläge wurde in Kopenhagen diskutiert.

Trotzdem müsste diese erste große globale Schlacht zwischen Wachstumsbefürwortern und Wachstumsbegrenzern (in Kopenhagen) gewonnen werden, bevor die nachfolgenden Kämpfe um die Begrenzung des Konsums, der Macht der Konzerne und des Wirtschaftswachstums beginnen können. Wenn es den Regierungen nicht gelingt, den Klimawandel zu stoppen, werden die Wachstumsbefürworter von der Schwäche der Wachstumsbegrenzer profitieren. Sie werden mit der gleichen Taktik des Leugnens, der Vernebelung und des Appellierens an den Eigennutz versuchen, auch andere Maßnahmen zu verhindern, die Menschen voreinander schützen oder die Zerstörung der Ökosysteme der Welt verhindern sollen. Der Kampf wird nie enden, und es gibt keine Linie, die diese Leute nicht überschreiten werden. Auch sie wissen, dass dies ein Kampf um die Neudefinition der Menschheit ist, und sie wollen den Menschen zu einer Spezies machen, die noch raubgieriger als die heutige ist.

(Wir haben den Artikel komplett übersetzt und mit Anmerkungen in Klammern und einer Hervorhebung versehen. Das mehr als dürftige "Ergebnis" von Kopenhagen – eine unverbindliche Erklärung ohne konkrete Festlegungen zur Verringerung des CO²-Ausstoßes – bestätigt die schlimmsten Befürchtungen des Autors. Informationen über George Montbiot, der sich seit mehreren Jahren mit dem Klimawandel befasst und Kolumnist der britischen Zeitung THE GUARDIAN ist, sind aufzurufen unter http://www.monbiot.com/archives/2000/06/09/about-george-monbiot/ .)

Quelle und Übersetzung: Wolfgang Jung, luftpost-kl.de

Montag, 23. November 2009

Gift

vom Geben und Nehmen

Die Kwakwaka'wakw First Nations leben Im Norden von Vancouver Island .
Im Gegensatz zu den meisten anderen Gesellschaften war bei ihnen Reichtum und Status nicht bestimmt durch Anhäufen materieller Güter, sondern durch das Weggeben derselben. Ihre Gemeinschaft war nicht vom Geld getrieben, sondern vom Geben und Nehmen, von Werten, die keinen Preis haben.
In der alten Tradition der Kwakiutl-Indianer gab es dafür ein wichtiges Ritual: den "Potlatch" ("geben, schenken"). Die tagelangen spirituellen Feiern dienten dem sozialen Ausgleich und der Repräsentation von Macht. Eine zentrale Rolle spielte dabei das Verschenken und Beschenktwerden - manchmal bis zur völligen Verausgabung. Die reich beschenkten Gäste waren verpflichtet, ihrerseits das nächste Potlach auszurichten. So ging das hin und her und hielt die Gemeinschaft zusammen.
Die "Verschwendung" des zeremoniellen Schenkens erregte jedoch nach und nach die Gemüter der weissen Siedler. Sie sahen durch die "heidnischen Bräuche" das Arbeitsethos, die Moral und die Christianisierungsbemühungen bedroht, betrachteten sie als ökonomischen Irrwitz. Beim letzten und grössten Potlatch im Winter 1921 schritt die kanadische Polizei ein und verhaftete 45 Gäste, 26 davon sassen monatelang im Gefängnis.
Schuldig befunden des Tanzens, Redens und Schenkens.

"Im Verlauf des 19. Jahrhunderts geriet dieses System durch den Kontakt mit europäischen Händlern und Werten aus den Fugen und wurde unwiederbringlich zerstört. Die von den europäischen Einwanderern verfügbar gemachten Reichtümer ermöglichten es jungen Häuptlingen, in einen regelrechten Wettbewerb beim Abhalten von Potlatchs zu treten. Doch mit dem zunehmenden Einfluss des Christentums handelte es sich hierbei mehr und mehr um ein Ringen nach weltlicher, denn nach spiritueller Bedeutung. Ein Ringen, bei dem so mancher der jungen Häuptlinge sich selbst und die ihm anvertraute Stammesgruppe in den Ruin trieb. 1884 wurde der Potlatch deshalb von der kanadischen Regierung verboten. Dieses Verbot galt bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts. Seither wird versucht, das ursprüngliche Wesen des Potlach in zeitgemäßer Form neu zu beleben.
[Wikipedia]"

Lite - Ghost Dance 
Lite - Human Gift 
Heels Catch Fire - This Was Never A Gift 
Royal City – Bring My Father A Gift

Freitag, 23. Oktober 2009

Schweinegrippe...

...oder: was nützt einem Gesundheit, wenn man sonst ein Idiot ist ?

aus der taz :

Machen Sie alles falsch!
 
So geht es in zehn Schritten über die Angst vor der Seuche, die Furcht vor der Zwei-Klassen-Medizin und die Abneigung gegen Politiker hin zum totalen PR-Desaster.

1. Sorgen Sie für eine diffuse, angstverbreitende Problemlage und nennen Sie das Problem beim Namen eines Tieres, das für seine Körperhygiene nicht bekannt ist. Prophezeien Sie das Ende der Menschheit, mindestens aber das Ende aller menschlichen Körperkontakte.

2. Sorgen Sie dafür, dass durch dieses alarmistische Meldesystem jeder einzelne Fall bekannt wird. Heizen Sie damit die Stimmung an. Gut auch, wenn das Problem aus dem bösen Ausland stammt und jede Minute herüberzuschwappen droht. Verbreiten Sie in den Medien flächendeckend Bilder von vermummten Menschen hinter Quarantänezellenfenstern, die Augen blicken traurig bis verzweifelt. Scheuen Sie sich nicht, dafür Kinder zu benutzen.

3. Vermeiden Sie einfache Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit, wie die Aufstellung von Desinfektionsmitteln in öffentlichen Räumen. Ignorieren Sie gute Beispiele aus dem Ausland. Sie wissen ja: Es kommt ganz dicke, da nutzt das sowieso alles nichts.

4. Bringen Sie stattdessen zwei verschiedene Impfstoffe in Umlauf. Raten Sie der einen Gruppe zum einen und warnen Sie die andere Gruppe vor dem anderen. Sorgen Sie dafür, dass Kinder- und Frauenärzte frühzeitig Bedenken an dem für die Normalbevölkerung gedachten Impfstoff anmelden und gerade die weltschützenswerteste Gruppen der Schwangeren und Kleinkinder in Gefahr scheinen. Je mehr Mediziner sich äußern, desto besser. Tun Sie alles, um die Lobby der Impfgegner zu stärken.

5. Verteilen Sie den Impfstoff, der nicht in der Kritik steht, an in der Bevölkerung ohnehin nicht unbedingt sympathieerzeugende Gruppen wie Beamte, Politiker und Bundeswehrsoldaten. Schüren Sie in den Medien dank Ihrer guten Kontakte zu Sozialverbänden und SPD-Gesundheitspolitikern die aufwühlende Debatte um die Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland. Nur zwei Klassen? Reagieren Sie auf diese Vorwürfe aber erst mal gar nicht.

6. Behandeln Sie die Bestellung von Impfstoffen als eine Art Nebensache. Als Innenministerium: Nehmen Sie das billigste Mittel, aber bestellen Sie möglichst früh. Bei billig muss man schnell zuschlagen. Wenn das Mittel keine Wirkstoffverstärker hat, umso besser. Warten Sie ab, es wird sich noch auszahlen.

7. Rücken Sie erst später mit der Sprache raus. Damit, dass der teurere Impfstoff in 50 Millionen Dosen übers Land verschippert wird. Schieben Sie alles auf die böse Pharmaindustrie. Demonstrieren Sie Machtlosigkeit.

8. Gehen Sie da als Kanzlerin vorneweg. Mit der Aussage, erst mal Ihren Hausarzt fragen zu müssen, wie sinnvoll eine Impfung überhaupt ist, beweisen Sie Kernkompetenz beim Thema und distanzieren Sie sich von der eigenen Entscheidungsmacht. Überlassen Sie das nicht Ihren Partei-Hardlinern wie den beiden Wolfgangs, Schäuble und Bosbach, die sich gar nicht erst impfen lassen wollen.

9. Vertreiben Sie auch noch die letzen Impfwilligen, indem Sie klarmachen: Ist alles schlecht. Oder: "Gleichgültig, was verimpft wird, es gibt immer Nebenwirkungen." (Klaus Vater, Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums)

10. Die von Ihnen medienwirksam in Szene gesetzte Pandemie bleibt aus. Gänzlich ungeimpft.

Dann doch lieber geimpft mit guter Musik das Sauwetter am Wochenende geniessen.
Da macht ihr nichts falsch :)

Fucked Up - Year Of The Pig [mp3]
Converge - Year of the Swine [mp3]
Sparklehorse - Pig [mp3]

Sonntag, 11. Oktober 2009

Von Leistungsträgern und anderen Versagern


 gefunden bei "READERS EDITION"

"Es gehört inzwischen zum Standardrepertoire der rechten Szene, unliebsamen Mitbürgern die Rechnung aufzumachen. Vom Kleinkind bis zum Greis werden vor allem Pflegebedürftige, Ausländer und HartzIV-Empfänger unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten taxiert.
Auf der Selektionsrampe der Soziobiologisten und Sozialdarwinisten werden betagte Kranke danach geprüft, ob sie noch eines Hüftgelenks würdig sind. Für Ungeborene erstellt man je nach ethnischer und Schichtenzugehörigkeit kollektive Erfolgs- oder Misserfolgsprognosen.
Das geschieht nicht selten in pseudowissenschaftlichen Begriffen und Denkmustern, deren Wurzeln an die Scharlatanerie einer längst überwunden geglaubten Sozial-und Rassenhygiene erinnern.
Die Hauptakteure dieser Welle an Volksaufklärung sitzen in den Redaktionen von BILD und SPIEGEL. Sie heissen Baring, Broder, Diekmann, Mohr, Metzger und Volkery. Von “HartzIV-Hütten”, ist in ihren Beiträgen verächtlich die Rede, davon, dass das Prekariat nur unterhalten werden will.
Folgt man deren Weltsicht, ergeben sich Würde und Wert eines Menschen nicht per se aus dem Menschsein selbst, sondern aus seinen Immobilien, dem Kurs seiner Wertpapiere und dem Grad seiner Verwertbarkeit.
Eine Art Kastendenken hat sich während der vergangenen neoliberalen Ära in den Köpfen dieser “Starautoren” breitgemacht. Kinder unter HartzIV werden zum Beispiel pauschal als “verdickt und verdummt” entwertet. Auch eine ganz neue Mathematik wird bemüht, um das krude Weltbild zu verkaufen. Es habe sich ein Millionenheer herausgebildet, das seit Generationen von Soziahlilfe lebe, so lesen wir beim Ex-GRÜNEN Oswald Metzger.
Diese stereotype Wendung hat sich inzwischen nicht nur an den einschlägigen Stammtischen festgesetzt, auch etliche bildungsbürgerlich angehauchte Zirkel glauben inzwischen solchen Darstellungen.
Man fragt sich, wo Metzger, Broder, Diekmann und Co diese Entwicklung beobachtet haben wollen. Auf dem Merkur, wo ein Jahr 90 Tage dauert? Hier auf der Erde währt jedenfalls eine Generation 25 bis 30 Jahre, das Jahr zu 365 Tagen. Bis 1980 gab es bundesweit nicht einmal 300.000 Menschen, die von Sozialhilfe leben mussten.
Heute schreiben wir das Jahr 2009. In welcher Raum-Zeit-Falte bringen die sozialdarwinistischen Stichwortgeber der Ultrarechten mehrere Millionen “Leistungsverweigerer” und davon gleich drei Generationen unter?
Um die Minderwertigkeit der neu erfundenen Parias aus der Unterschicht besonders verwerflich erscheinen zu lassen, werden ihnen die modernen Übermenschen gegenübergestellt : die vielbeschworenen Leistungsträger. Doch wer ist diese legendenumwobene Spezies? Wie sind sie definiert? Woran erkennt man sie?
Folgt man der Logik des Boulevard, dann gehört jeder, der mehr als 100.000 Euro jährlich verdient, zur Leistungsträger-Elite. Vor allem Vermögensmillionäre gelten in den Augen der massenmedialen Volksprediger als Säulenheilige, die auf ihren wattierten Schultern wie Titane und Herkulesse das Himmelsgewölbe der Gesellschaft tragen.
Leistung bemisst sich laut Tenor in SPIEGEL, stern und BILD am Konto- und Vermögensstand. So darf sich Thilo Sarrazin mit seinem Jahresgehalt von 220.000 Euro ebenso zu den Leistungsträgern zählen wie Peter Hartz mit seinen vormals 300.000 Euro Salär, Gerhard Schröder mit seinem Gazprom-Beraterlohn gehört gemäss unfehlbarer Medien-Kurie genau so in den Olymp der Leistungsträger wie Frau Schaeffler, Hartmut Mehdorn, Klaus Zumwinkel oder Ex-Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick.
Allein die Auflistung dieser Namen weckt bei kritischen Geistern mehr als nur leise Zweifel, ob die Kriterien der Bouleveardphilosophen, was Leistung angeht, wirklich so objektiv sind, wie sie deklamatorisch beteuern. Sind Jahresgehalt und Millionenvermögen wirklich Indizien einer andächtig zu bewundernden Leistung?
Was ist mit den Wafffenschiebern a la Schreiber, was mit den Milliarden-Bankrotteuren Schneider, Schmider, Madoff oder Lehman-Chef Richard Fuld? Wie ist die Leistung von Menschenhändlern, Atomlobbyisten oder gewisser Gorleben-Gutachter einzustufen? Sie alle sind Bestverdienende, die allermeisten mit Millionen-Vermögen in der Hinterhand.
Wie steht es um die Leistung der hochbezahlten Ratingagenten, Wertpapieranalysten, Bankberater, die gesunde Firmen um ihr angelegtes Eigenkapital, Millionen um ihre Jobs, ihr Erspartes, ihre Altersvorsorge gebracht haben?
Alles Leistungsträger? Gemäss SPIEGEL, Stern und BILD: Ja.
Was ist mit den Unternehmensberatern von GROHE, Rosenthal oder MÄRKLIN? Sie haben Millionengehälter kassiert und führten diese Firmen in den Ruin, zerstückelten eingespielte Teams, verhökerten kostbares Know-How. Worin lag die Leistung dieser angeblichen Koryphäen?
Worin liegt der besondere Nutzen der Lobbyarbeit eines Wolf-Rüdiger Landowsky oder eines Friedrich Merz? Was haben sie Positives für die Gesellschaft bewirkt? Was ist von der Leistung eines Wolfgang Clement zu halten, der heute bei RWE Power und dem Zeitarbeits-Giganten Adecco hochdotierte Posten einnimmt und der dafür gesorgt hat, dass ein Heer von Tagelöhnern saisonweise für untertarifliche Mini- und Hungerlöhne schuftet, dass auskömmliche, existenz- und familiensicherende Beschäftigung immer mehr zur Seltenheit wird?
Sie alle kassieren sechsstellige Tantiemen, haben Millionenvermögen angehäuft. Sind sie deshalb wirklich schon Träger echter Leistung?
Hat nicht jeder Kindergärtner oder Taxifahrer, jede Putzfrau oder Friseuse hundertmal mehr Positives für die Gesellschaft geleistet als die Vorgenannten?
Noch mehr Zweifel am Leistungsträger-Kult keimen auf, wenn man das bisherige Lebenswerk der Herren Westerwelle, Asmussen und Steinbrück näher betrachtet. Per Lobby und Gesetz haben sie jene Schwindel- und Giftpapiere legalisiert und salonfähig gemacht, die den Steuerzahler inzwischen Hunderte von Milliarden kosten und die Staatsverschuldung in ungekannte Höhen getrieben haben.
40 Milliarden für die Rettung der Landebanken von Bayern bis Sachsen, für LBBW und HSH, 20 Milliarden kostete die Commerzbank-Rettung den Steuerzahler. Bisher. Alle verantwortlichen “Leistungsträger” gingen mit Millionen-Boni beschenkt nach Hause.
Jeder anatolische Obst- und Gemüsehändler, jede Alleinerziehende, jeder einzelne aus der verhöhnten Unterschicht hat hundertmal mehr und Wertvolleres für diese Gesellschaft geleistet als die vergoldeten Galionsfiguren und Ikonen, die in BILD und SPIEGEL beweihräuchert werden.
Oder was ist mit Jürgen Schrempp, dem ehemaligen Daimler-Chef? Um das Jahr 2000 wurde er von Henry M. Broders Kollegen als Weltstratege gefeiert. Inzwischen weiss man: 50 Milliarden Verlust hat Jürgen Schrempp - vorsichtig geschätzt - mit seinen Auslandsabenteuern eingefahren. Mindestens 100.000 Mitarbeitern kosteten seine Allüren den Job.
Alle seine Artgenossen aber stellt der “Leistungsträger” Hans Tietmeyer in den Schatten. Der einstige Bundesbank-Chef übernahm 2002 das Ruder bei der Deutschen Pfandbriefanstalt, machte in Irland dubiose Milliardengeschäfte mit Immobilien und Hypotheken. Als es finanziell knisternd eng wurde, lenkte er den Supertanker Depfa randvoll mit zertifiziertem Nitroglyzerin in den Hafen der Hypo Real. 100 Milliarden Euro kostete sein scharfer Leistungsträger-Verstand bisher die Allgemeinheit. Und für weitere 500 Milliarden muss der Steuerzahler seither gradestehen.
Genau dieser Hans Tietmeyer aber wurde von Westerwelles FDP 2002 als Banken-Kontrolleur und Chef der Bankenaufsicht vorgeschlagen, genau diesen Hans Tietmeyer wollte Angela Merkel als Experte ins Beraterteam zur Bewältigung der Finanzkrise bestellen.
Das also sind sie.
Die Exponenten und Spitzenkräfte unter den vielbesungenen Leistungsträgern. Der gesellschaftliche und wirtschatfliche Schaden dieser Alchimisten geht ins Astronomische.
Alle schwarzen Schafe unter den Leistungsbeziehern dieser Republik haben zusammengerechnet in den 60 Jahren seit ihrem Bestehen nicht einmal ansatzweise den Schaden verursacht wie ein einziger dieser erlauchten “Leistungsträger”.
Der neue Politik- und Wirtschaftsadel sowie deren Gefälligkeitsschreiber leben offensichtlich seit vielen Jahren in einer Art Rokoko-Kokon. Das heisst: Sie bekommen nur noch ganz am Rande die Nöte der kaum mit Vermögen gesegneten Mehrheit mit. Dennoch spüren auch die Höflinge inzwischen: Der Wind hat sich gedreht, das Volk glaubt nicht mehr alles, was ihm die Gilde der globalisierungsgläubigen Ablassprediger vorsetzt.
Um den Mythos vom Leistungsträger zu retten, um vom Totalversagen der bisher bestaunten Eliten und ihrer Superhelden abzulenken, werden deshalb seit geraumer Zeit in den Artikeln der Top-Meinungsmacher immer öfter Ingenieure, Ärzte und Techniker als Leistungsträger ins Rampenlicht gerückt, sozusagen als Schokostreusel auf dem ansonsten zusammengefallenen Teig aus milliardenschweren Versagern, Schiebern und Halbkriminellen.
Doch das Publikum durchschaut den faulen Budenzauber. Diese Tarn- und Täuschungsversuche wirken auf viele so, als hätte man Einstein und Albert Schweitzer zu einem Gruppenfoto mit Berlusconi und den internationalen Mafiabossen zusammenmontiert, als würde man die “Ärzte ohne Grenzen” in einem Werbespot für Landminen missbrauchen.
In dieser Phase allgemeinen Argwohns und Misstrauens, da der Manager- und Leistungsträger-Kult nicht mehr verfängt, da des Kaisers neue Kleider immer durchscheinender werden, greift man in den Redaktionen von SPIEGEL, stern und BILD zum letzten publizistischen Mittel: eine Minderheit wird als Sündenbock für die Krisenerscheinungen und den Niedergang des Landes präsentiert."

Freitag, 25. September 2009

Spieglein, Spieglein...

...in der Hand, wer ist der beste Lobbyist im Land?  
Kampagnen-Journalismus vom Feinsten gibts im  Spiegel kurz vor der Wahl.



Wieder ein paar € am Montag gespart.

Quelle: Nachdenkseiten von Albrecht Müller

Nichtwählen...

...ist auch keine Lösung.

Haben wir überhaupt eine Wahl?


Ich meine
auch
nachhaltig

Grübel...

Donnerstag, 24. September 2009

Pricol Limited - Arbeiter lynchen nach Kündigung Vize-Chef

"Die Entlassung von Kollegen hat indische Arbeiter dermaßen aufgebracht, dass sie mit Eisenstangen und Stöcken auf den Vize-Präsidenten der Firma losgingen. Manager fürchten nun um den Ruf des Standorts."
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Chinesische Arbeiter retten mit Totschlag ihre Jobs

"Schon in der Antike wurden Überbringer schlechter Nachrichten geköpft. Der Manager einer chinesischen Stahlfirma wurde nicht geköpft, musste aber dennoch mit seinem Leben bezahlen. Ihr Ziel haben die wütenden Arbeiter erreicht."
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Dienstag, 28. Juli 2009

Auch Geiz ist geil im Pussy Club














Vorletzte Woche, beim Besuch eines Seminars, wurde von einer Seminarteilnehmerin offtopic folgender Brief vorgetragen und zur Unterschriftensammlung aufgefordert:

Offener Brief
Juli 2009
Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
Herrn Ministerpräsident Günther Oettinger Herrn Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble, Frau Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, Frau Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Dr. Ursula von der Leyen, Herrn Minister Heribert Rech MdL, Innenminister des Landes Baden-Württemberg, Herrn Minister Prof. Dr. Ulrich Goll MdL, Justizminister des Landes Baden-Württemberg, Frau Ministerin Dr. Monika Stolz MdL, Ministerin für Arbeit und Soziales des Landes Baden-Württemberg Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Damen und Herren Ministerinnen und Minister,

wir, engagierte Bürgerinnen der Stadt Fellbach, Stadträtinnen und Vertreterinnen im Gleichstellungsbeirat, unterstützt durch ein breites Aktionsbündnis, zu dem sich Fellbacher Gruppen, das Stuttgarter Fraueninformationszentrum FIZ für Frauen aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Osteuropa, Solwodi – Solidarität mit Frauen in Not, TERRE DES FEMMES e.V. und die Landesarbeitsgemeinschaft der Kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten zusammengeschlossen haben, wenden uns mit einem dringenden Anliegen an Sie. Seit Anfang Juni 2009 wird in Fellbach ein „PUSSY-Club“ betrieben, der mit einer „Sex- Flatrate“ wirbt. In Zeitungsinseraten, auf Plakaten an öffentlichen Orten und Autos als Werbeträgern sowie auf einer Homepage wird das Angebot folgendermaßen beschrieben: „Sex mit allen Frauen so lange du willst, so oft du willst und wie du willst! Sex mit allen Extras! Analsex, Oralsex Natur, 3-er, Gruppensex, Gangbang … Alles ist möglich!“ „Sex-Flatrate + 100 Pussys.... Alles inklusive.“ Der Einheitspreis für diese Dienste beträgt 70 Euro tagsüber und 100 Euro abends. Mit diesem Geschäftsmodell wird die bisherige Praxis eines „Vertragsabschlusses“ zwischen Kunde und Prostituierter unterlaufen. Preis und Leistung sind bei einer „Sex-Flatrate“ nicht mehr frei verhandelbar. Dadurch wird den Frauen das bisherige Mindestmaß an Einflussnahme und Selbstbestimmung genommen. Nachdem bereits in Berlin, Wuppertal und Heidelberg solche Clubs betrieben werden, ist abzusehen, dass sich diese Geschäftspraxis weiter ausbreiten wird. Wir sind als Bürgerinnen und Bürger Fellbachs, der Region, Baden-Württembergs und der gesamten Republik zutiefst betroffen und schockiert über diese menschenunwürdige, frauenverachtende Geschäftspraxis. Zum Schutz dieser Frauen fordern wir Sie, Frau Bundeskanzlerin und Herr Ministerpräsident, sowie die verantwortlichen Ministerinnen und Minister des Bundes und der Länder, zum Handeln gegen eine Sex-Flatrate auf. Wir fordern, dass in das Prostitutionsgesetz der Schutz der Menschenwürde von Frauen, die als Prostituierte arbeiten, aufgenommen wird. Wir fordern das Verbot einer „Sex-Flatrate“. Wir fordern das Verbot der Werbung mit diesem Geschäftsmodell.

Fressen, Saufen, Ficken...Hauptsache viel und billig - einfach ekelerregend.
Wie lange dauert es noch, bis wir uns nur noch kriechend über die Erde bewegen?
Gute Nacht Zukunft, gute Nacht Welt
.

Der Arbeitsplatz der Seminarteilnehmerin befindet sich in der Nähe des Clubs und sie berichtete von mehreren Zwischenfällen, bei denen ver(w)irrte Freier auf dem Betriebsgelände nach "scharfen Ladies" Ausschau hielten und sie hiermit auf das Etablissement aufmerksam machten.
Bis dato hatte ich noch nichts über dieses "Geschäftsmodell" im Prostituiertengewerbe gehört. Wütend und empört über die menschenverachtende Geschäftspraxis versprach ich, den Brief hier zu veröffentlichen.
Nun haben sich die Geschehnisse um den Fellbacher "Pussy Club" überschlagen, der Club ist dicht - es hat sich erst mal ausgepusselt. Ein Lichtblick, ich dachte nicht, daß es soo flott geht.

Samstag, 20. Juni 2009

Ayran und Ananas



Ein friedlich besinnlicher Tag heute, das letzte turbulente Wochenende und die unfreundliche Witterung laden zu beschaulicher Hausarbeit ein. Alles schon eingekauft - es fehlt mir nichts. Bis auf... Türk usullerine uygun - auch Ayran genannt. Ist momentan mein Favorit unter den Getränken. Das gibts im Kaufland, aber nicht in meinem Schrank. Und Ananas. Von Ananas könnte ich mich ernähren. Wenn das mit der Klimaerwärmung voran geht, werd ich mir eine Ananaspalme pflanzen, im Sommer die Früchte ernten, in Ringe schneiden und mit einem Glas kühlem Ayran in der Hängemattte geniessen. Mindestens...
Zwischen meiner Gier, der Ananas und dem Ayran liegt nur der Katzensprung ins Kaufland. Nach kurzer Überwindungsphase - es ist schliesslich nach 21 Uhr und rush hour da unten - ein heisser Ritt auf meinem Drahtesel und ab ins Getümmel.
Mit verschränkten Armen und stierem Blick, wie Zinnsoldaten, stehen Securities im Laden verteilt. Ich greife meine reduzierte Ananas und eile zum Milchregal. Ein Security kommt mir entgegen, im Schlepptau einen Jungen. 16, vielleicht 17 Jahre alt mag er sein. Kaum fähig zu laufen, seine Knie knicken immer wieder ein, dann sackt er zusammen. Sein kräftiger, schwarzbekleideter Bewacher zieht ihn hoch und schleppt ihn zum Ausgang.
Ich schnapp mir die letzten 4 Tüten Ayran. "Hey Alter, isch will aber Wodka"..."halts Maul Alter !" Sechs Jugendliche rangeln sich am Regal des ultimativen Samstagabendkicks. Der Regalauffüller nebendran greift zum Handy, die Jungs rangeln sich Richtung Kasse und ich in gebührendem Abstand hinterher.
Bevor ich dort ankomme, fliegt mir eine Tüte Reibekäse um die Ohren. Handball mit der Käsetüte - darfs sonst noch was sein? Zwei Buben haben sich wohl in der Ürtlichkeit geirrt und wähnen sich auf dem Bolzplatz. Bis die beherzte Fleischfachverkäuferin hinter ihrer Theke hervorkeift "Schluss jetzt !!!" Aber wirklich...
"War alles recht ?" an der Kasse mit dem erstaunlich freundlichen, jungen Mann schon. "Jaja" murmle ich etwas verstört und packe meine Ananas und Ayrans in den Korb.

Zuhause trinke ich eine Tüte Ayran und denke an den Jungen mit den weichen Knien.

Montag, 2. März 2009

Auf dem Weg in die Wolfsgesellschaft?

Donnerstag, 5. März, 19.30 Uhr vhs im Kulturzentrum
Der Crash der Wolfsgesellschaft ?
Vortrag von Prof. Friedhelm Hengsbach


"Er ist einer der letzten großen Köpfe Deutschlands, der sich dem Neoliberalismus entschieden widersetzt und die Nation auf dem Weg in eine "Wolfsgesellschaft" wähnt. Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach, Sozialethiker und Theologe, kritisiert vor allem das Verschwinden der sozialen Balance: "Die Zumutungen sind nicht gerecht verteilt, die Zumutungen werden vielmehr dem unteren Rand der Gesellschaft zugewiesen." Privatisierung und Deregulierung sind neoliberale Heilskonzepte, die ihren behaupteten Vorteil nirgendwo erwiesen haben. Ergebnis dieser "kollektiven Verengung des Denkens" sei vielmehr eine Deformation des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Die Finanzkrise bestätigt die Kritik auf doppelte Weise: Sie zeigt eklatant die Schwächen des Systems, aber bestätigt zugleich auch dessen Regeln: Geholfen wird denjenigen, die den Karren in den Dreck gefahren haben. Der Verlust wird der Gesellschaft aufgebürdet. Führt die Krise zu einem Umdenken? Kommt das Primat der Politik wieder zu seinem Recht? Kann der Crash die "Wolfsgesellschaft" delegitimieren?"

Friedhelm Hengsbach, 2008 emeritiert, war seit 1985 Professor für Christliche Sozialwissenschaft/Wirtschafts- und Gesellschaftslehre, sowie Leiter des Oswald von Nell-Breuning-Instituts für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik.

Haben Mieter der Wobak eine Lobby ?

"Im Paradies hat auch nicht jeder einen Stellplatz"
Frau C. aus K. kommt nach einem Thaeaterbesuch spät nachts mit ihrem Kleinwagen nach Hause. Wie so oft sind zu dieser Stunde schon alle Stellplätze im Wohnbereich belegt. Bis auf zwei von dreien vor den Garagen am Ende ihres Wohnblocks. Nach einer erfolglosen Suchrunde um den Block stellt sie ihr Auto - wie so oft - auf einem dieser Stellplätze ab. Die sind immer frei, aber ein Schild an der Garagentür warnt sie vor dem Abschlepper.
Am darauffolgenden Sonntagmorgen wird sie wieder einmal aus dem Bett geklingelt und mit unschönen Schimpfkannonaden aufgefordert, ihr Fahrzeug wegzustellen. Einfach so, weil der Besitzer der Garage, der in einer entfernten Strasse wohnt, zufällig vorbeikam und auf sein Recht pochte.
Bis vor einem Jahr waren meistens genügend Stellplätze vorhanden, denn zwei Mietsparteien im Haus waren fahrzeuglos. Ein Mieter verstarb und eine andere Mieterin zog aus, die Nachfolger der beiden brachten jeweils ihr Auto mit. Seitdem herrscht regelmässig Gedrängel.
Frau C. wandte sich in ihrer Naivität an die Wohnungsbaugesellschaft, in der Hoffnung, dort Gehör zu finden. Fand sie auch, aber leider nur beamtenmässige Durchzugsohren einer Sachbearbeiterin und dazu passende stereotype Antworten. Blabla.
Daraufhin machte sich Frau C. im Mietrecht kundig, schrieb einen Brief an die Wohnungsbaugesellschaft und erläuterte ihr Anliegen. Im Gegensatz zu den Ausführungen der Sachbearbeiterin, sie könnten den Garagenbesitzern nicht kündigen - obwohl die Garagen so gut wie nie benutzt werden und die Besitzer nicht im Haus wohnen - fand sie heraus, dass dies sehr wohl möglich ist, sogar ohne Angabe von Gründen. Ausserdem muss die Gesellschaft jeder Mietspartei einen Stellplatz zur Verfügung stellen, in diesem Anwesen kommen aber auf 8 Mieter 6 Stellplätze.
Der Brief blieb erst mal unbeantwortet. Erst als sich Frau C. an den Aufsichtsrat der Gesellschaft wandte, gab es eine Reaktion in Form eines Telefonats.
Der erst mal freundlich klingende Herr A. am anderen Ende der Leitung bekundete, mit den Mietern der Garage gesprochen zu haben, jedoch ohne Erfolg, da diese darauf bestanden, als frühere langjährige Mieter des Hauses ein Recht auf Fortbestand des Mietvertrags zu haben. Ausserdem betonte der im Verlauf des Gesprächs immer weniger freundlich klingende Herr A., in der Gegend, wo er wohne, hätte auch nicht jeder einen Stellplatz vor dem Haus. Ganz nach dem Motto, was ich nicht hab, brauchst Du auch nicht, was scheren mich da blöde Verordnungen. Und: Frau C. könnte einen Stellplatz in einer 10 Minuten entfernten Parkpalette mieten.
Die Frage, warum denn die jetzigen Mieter der Garagen nicht dort einen Platz mieten könnten, da sie ja sowieso schon einen längeren Anfahrtsweg in Kauf nehmen würden, wurde lapidar beantwortet mit: wir könnten zwar, aber wir wollen nicht.
Zu der Frage, warum man ehemalige langjährige Mieter protegiert und jetzige langjahrige Mieter dermassen vergrault, kam es leider nicht mehr, Herr A. am anderen Ende der Leitung beendete das Gespräch abrupt.

Frau C. fragt sich nun des öfteren, warum manche Menschen den gesunden Menschenverstand mehr fürchten, als der Teufel das Weihwasser.

Auch diese Frage ist bis heute unbeantwortet.

Fortsetzung folgt.

Samstag, 28. Februar 2009

Im Schatten der Abwrackprämie


Liebe Angela, liebe Bundesregierung !
Ich schreibe diesen Beitrag, damit ihr euch auch mal freut. Ich finde nämlich eure Idee mit der Abwrackprämie einfach supergeil. Gerne würde ich auch davon profitieren. Da mein Auto schon 19 Jahre alt ist, bekomme ich sicher die doppelte Prämie, denn wie mir zu Ohren gekommen ist, seid ihr bei der Unterstützung von Schrott nicht grade kleinlich.
Ein klitzekleines Problem gibt es da allerdings noch. Ich würde gerne die Prämie kassieren, aber ein neues Auto will ich gar nicht. Ich habe die Nase gestrichen voll von diesen stinkigen Auslaufmodellen. Bin zwar keine Bank, hab da aber ein wenig abgeguckt, die kassieren ja noch ganz andere Beträge obwohl sie gar nichts abwracken müssen. Wir Steuerzahlerfuzzies sind ja so doof und blechen das, haha. Hoffentlich führen diese Konjunkturgeschenkpakete dazu, dass möglichst viele von uns Steuerzahldeppen weiterhin abdrücken dürfen. Das wäre toll !!
Aber noch mal zurück zu meinem ganz persönlichen Problem. Das ist nämlich so: in unserer Stadt stellen ein paar ganz Schlaue immer neue Blitzer auf. In geschickter Kombination mit verwirrenden Lichtsignalen versuchen sie, die Geldsäckchen der nichtsahnenden Bürger zu leeren und ihres aufzufüllen. Das ist eine super Idee. Gabs schon früher, man nannte die Leute damals Wegelagerer. Neulich hatte ich den innovativen Gedanken einer Blitzerflatrate. Nein, nicht als versteckte Zusatzsteuer, sondern weil ich immer so Spass an dem Blitzlichtgewitter bei Nacht habe. Bevor es aber zur Konkretisierung kam, funkten mir ein paar Spassbremsen aus Flensburg dazwischen und jetzt ist erst mal Schluss mit Lustig. Ausserdem hätte ich neulich noch fast eine Katze überfahren und dieser Spass ist ja echt schon grenzwertig.
Aus lauter Frust lasse ich mein altes Schrottauto jetzt einfach vor der Haustür stehen, falls da grade mal ein Platz frei ist. Da unsere soziale Wohnungsbaugesellschaft der Meinung ist, die Mieter sollen doch selbst schauen, wo sie ihren Schrottkübel hinstellen und die Garagen in den Häusern fremdvermieten, ist das äusserst selten der Fall.
Pfiffig wie ich nun mal bin, habe ich ziemlich schnell rausgefunden, dass sich "per pedes" nicht nur gut anhört, sondern auch gut ist. Die vielfältigen Vorzüge werden mir täglich während meines meditativen Nordic Walkings zur Arbeit bewusst. Nicht nur meine Gelenke und meine Figur profitieren davon, sondern auch mein Geldbeutel, die Katzen und die schwer belasteten Krankenkassen. Ausserdem schone ich die Umwelt, denn meine körperlichen Ausdünstungen belasten die Umwelt weit weniger als die meines Autos. Da nun bald der Frühling Einzug hält, würde ich gerne den einen oder anderen Weg mit meinem geliebten Fahrrad zurücklegen. Mein Drahtesel ist aber inzwischen ein altgedienter Recke und müsste dringend runderneuert werden.
Da kam mir die Kampagne des VCD gerade recht: altes Fahrrad verschrotten und Umweltprämie beantragen.
Ein neues Fahrrad ist bekanntlich wesentlich preiswerter als ein neues Auto, deshalb würde ich mich auch mit einer Prämie von 250 Euro zufrieden geben.
Angela, da Du in puncto schneller, unkonventioneller Problemlösungsstrategien ein pfiffiges Mädchen bist und im tiefsten Grunde Deines Herzens weisst, dass man ohne Umwelt auch keine Autos mehr braucht, hoffe ich inbrünstig, dass Dein Herz gross genug ist und nicht nur für grosse Banken und Autos schlägt, sondern auch für uns kleine Radfahrer.
Glaub mir, DAS würde jeder verstehen !

Dienstag, 18. November 2008

Siemens - das Ganze ist mehr, als die Summe seiner Teile

Siemens Chef Peter Löscher hatte wohl vom Baum der Erkenntnis genascht, als er im Zeichen des Konzernumbaus seine Managerriege für "zu weiss, zu deutsch und zu männlich" befand. Auch Aufsichtsratschef Cromme bemerkte: "Neben einer stärkeren Präsenz von Frauen bedürfe es größerer Internationalität in der Zusammensetzung der Kontrollgremien".
Der Konzernumbau ist erledigt und Löschers Ziele bekommen langsam Profil.
Siemens schaffte den Posten eines "Chief Diversity Officers" und besetze ihn mit der 45-jährigen Jill Lee. Die in Singapur geborene Lee, die nun Talente fördern soll, ist seit 1986 für Siemens in verschiedenen asiatischen Ländern tätig. Zudem solle der Portugiese Pedro Miranda die weltweite Verantwortung für das Projekt "Siemens One" übernehmen. Unter dem Titel bietet der Konzern Großkunden Produkte aller Konzernbereiche aus einer Hand an.
Nun aber überraschte Löscher und seine Aufsichtsratskollegen mit einem herzhaften Biss in den Apfel - als erste Frau in der 160jährigen Firmengeschichte nahm gestern Barbara Kux ihre Tätigkeit im Siemens-Vorstand auf.
Siemens ist damit das zweite der DAX 30 notierten Unternehmen, welches mit einem weiblichen Vorstandsmitglied aufwarten kann.
Bettina von Österreich , die andere DAX-Frau und im Vorstand der Hypo Real Estate, sitzt derzeit auf einem heissen Stuhl - vielleicht wird Barbara Kux bald wieder einzige Frau in der Dax 30 Riege sein.
Auf den Vorstandsbühnen der Weltwirtschaft gibt es noch mehrere weibliche Vertreterinnen - erwähnenswert Lorraine Bolsinger, die bei General Electric einen ähnlichen Job macht wie zukünftig Barbara Kux bei Siemens und - leider - als unrühmliches Beispiel ohne Vorbildfunktion: Blythe Masters, die Frau, welche die "finanzielle Massenvernichtungswaffe" Bistro gebaut hat.

Als "hervorragende Persönlichkeit mit einem breiten internationalen Erfahrungshintergrund", lobte Aufsichtsratschef Gerhard Cromme die zukünftige Leiterin des neu geschaffenen "Ressort Supply Chain Management".
Siemens-Chef Peter Löscher erklärte: "Gerade angesichts der gegenwärtigen weltwirtschaftspolitischen Herausforderungen erfolgt die Bestellung von Frau Kux genau zum richtigen Zeitpunkt."

Bleibt zu hoffen, dass es kein saurer Apfel war.

Ihr neues Vorstandsmitglied ließ die Männergarde übrigens in der Pressemeldung des Konzerns zunächst mit keinem Satz zu Wort kommen.

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Von unten gesehen. Funktionärskonferenz ___


Karlsruhe, Ende Oktober 2008, zwei Tage vor der dritten Verhandlungsrunde. Auftaktveranstaltung zur heissen Phase in den Tarifverhandlungen.
Ca. 5.200 Metaller/innen folgten dem Aufruf der Arbeitnehmerorganisation und unterstützten lautstark und kämpferisch die diesjährige Tarif-Forderung "konsequent für 8 Prozent". Gehalt selbstverständlich, nicht Gewinn-Marge, die liegt erfahrungsgemäss in anderen Dimensionen.
Wenn ein börsennotiertes Unternehmen von "nur" acht Prozent Gewinnsteigerung spricht, nennt sich das Gewinnwarnung und verscheucht die Aktionäre. Wenn Gewerkschaften acht Prozent Lohnsteigerung fordern, haben sie - laut Gesamt-Metall-Chef Martin Kannegiesser - "nicht mehr alle Tassen im Schrank".

Die Gewerkschaft verschärft den Ton in der Tarifauseinadersetzung für die 3,6 Millionen Beschäftigten in der deutschen Metall- und Elektroindustrie.
Die Lohnforderung der Gewerkschaft ist die höchste seit 16 Jahren. Die IG Metall reagiert damit auf die Wut in den Betrieben über die wachsende Kluft zwischen Arbeitseinkommen und Unternehmensgewinnen.

IG Metall Chef Berthold Huber sagte, die Gewerkschaft wolle einer drohenden konjunkturellen Abschwächung mit einer Erhöhung der Kaufkraft entgegenwirken. «Wir brauchen angesichts der Finanzmarktkrise und der weltwirtschaftlichen Unsicherheiten eine Stärkung der Binnennachfrage», sagte Huber. «Wir brauchen höhere Löhne damit Arbeitsplätze gesichert werden». Huber hielt den Arbeitgebern vor, mitten in der Finanzkrise und einem Abschwung der Weltwirtschaft mit Lohnsenkungen die Binnenkonjunktur abzuwürgen. «Genauso könnte man einem Magersüchtigen eine Nulldiät verordnen, um ihn vor dem Verhungern zu retten», sagte Huber. Möglicherweise legen die Arbeitgeber am Donnerstag in Baden-Württemberg bei der dritten Verhandlungsrunde erstmals ein Angebot vor. Bezirksleiter Jörg Hofmann sagte, es gehe jetzt darum, die Schieflage zwischen Profiten und Arbeitseinkommen wieder gerade zu rücken. «Gerade weil die Arbeitnehmerhaushalte dringend mehr Geld in den Geldbeuteln brauchen, angesichts galoppierender Belastungen.»
Deutschland als Export-Weltmeister - die Zeiten des Aufschwungs im Inland durch florierende Ausfuhren sind leider vorbei.
Selbst nach Ansicht von Klaus Holschuh, Chefvolkswirt der DZ Bank, sollten die Unternehmen die Löhne stärker erhöhen, um die Kaufkraft der Bevölkerung zu stärken. Der Ökonom, der gewiss kein Gewerkschaftsanhänger ist, sieht dazu reichlich Spielraum. Vermutlich hat er Recht. Doch welcher Arbeitgeber lässt sich in der heutigen Lage zu einer kräftigen Tariferhöhung bewegen?

Nach Berechnungen des Tarifexperten Torsten Schulten von der Hans-Böckler-Stiftung, sind die durchschnittlichen Tariflöhne in der Gesamtwirtschaft in der ersten Jahreshälfte 2008 nur um 3,3 Prozent gestiegen, trotz nominal höherer Abschlüsse. Das gleicht noch nicht einmal die Preissteigerung aus.
Nur Malta hat geringere Netto-Lohnzuwächse innerhalb der EU. Im Land der 500.000 Millionäre dürfen wohl nur Reiche reicher werden.

Die Gewerkschaften sind den Arbeitgebern in den vergangenen Jahren - bedingt durch die schwache Konjunktur und den verschärften internationalen Lohnwettbewerb - weit entgegen gekommen. Sie haben gegen große interne Widerstände die Arbeitszeiten flexibilisiert, haben Öffnungsklauseln zugestimmt, die den Betrieben Abweichungen vom Flächentarifvertrag ermöglichen, haben Einschnitte bei Weihnachts- und Urlaubsgeld hingenommen.
Nun aber hat sich der Wind gedreht.
Die Vorbereitungen für die Warnstreiks laufen auf Hochtouren. Die Friedenspflicht endet in der Nacht auf Samstag.

Franz Ferdinand - What You Waiting For [mp3]
Damien Jurado - Everything Trying [mp3]

Samstag, 1. März 2008

Managergehälter



















Die Bezüge deutscher Unternehmensvorstände stiegen im Jahr 2007 um 17,5%. Das hat die Managementberatung Kienbaum nach der Erhebung von 4300 Vorständenaus 1300 Unternehmen herausgefunden. Besonders deutlich ist der Zuwachs bei den DAX-Unternehmen. Während nichtbörsennotierte Unternehmen 12,6 % mehr zahlten, gab es bei den grossen Aktiengesellschaften ein Plus von 23,3 %. Kein Sonderfall: In den vergangenen zehn Jahren wurden die Bezüge der DAX-Manager um knapp 200 % erhöht. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Auch Misserfolg wurde mit einem Gehaltsplus belohnt.

Sozialneidisch? Ja, 200 %ig, und ausserdem schwer vaduzt!