Donnerstag, 4. Januar 2007

Geil!


Als Blumenkinder sind wir in alten Zeiten oft per Anhalter mit Nietenhosen und Jutebeutel über den Globe getrottet. Unser Atombusen war ein Augenschmaus, aber manche Benzinkutsche fuhr trotzdem mit einem Affenzahn an uns vorbei. Die Beziehungskisten waren ein Eiertanz mit viel Bambule, die uns auf manch fetziger Fete in die Bredouille brachte. Spiesser mit Wampe und Nasenfahrrad aus dem Bürgerkäfig, oh Graus, mit Familienplanung hatten wir nicht viel am Hut. Wenn wir mit der Gummikuh in die nächste Disco fuhren, machten wir Remmidemmi und gaben den Poppern den Laufpass. Geil war das!

Manche Dinge verschwinden klammheimlich aus unserem Leben, aus unserer Sprache, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Zum Beispiel Laufpass. Wer gibt heute noch wem einen Laufpass?
Eben. Oder etwa doch das Fräulein dem Ganoven? Denkste! Humbug!
Geiz ist bei Media Markt zwar immer noch geil, aber vermutlich nicht mehr lange.











Als Gutmensch würde ich aus dem Stegreif behaupten, das ist eh Firlefanz, aber wer weiss schon, dass Stegreif ohne h geschrieben wird und dass es nichts mit stehen und greifen zu tun hat? Eben. Der Besswiss in mir sagt (hab ich nicht mit der Muttermilch eingesogen sondern angelesen), dass Steg-Reif ein altes Wort für Steigbügel ist und wenn jemand aus dem Stegreif handelt, macht er das so lässig, dass er nicht dafür vom Pferd steigen muss. Das ist geil, oder? Geil ist auch, dass das Wort geil ein uraltes ist, es stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutete ursprünglich in etwa "übermütig". Im 15. Jahrhundert geriet dieses Wort in Verruf, weil man es mit sexueller Erregung gleichsetzte. Es verschwand dann für lange Zeit aus dem Wortschatz, bis es irgendwann ein Pop-Duo namens Bruce & Bongo mit dem Lied "Everybody's geil" wieder zum Leben erweckte.
Geil benutze ich persönlich häufig und gerne als Attribut für Dinge, die einfach noch ein bisschen besser sind als "toll" und "klasse", das Sahnehäubchen also. Das hat für mich selten einen sexuellen Bezug, und dennoch klingt es oft anrüchig.

Die Gailtalerin [mp3]

Schade eigentlich, was ich dann aber beim googeln danach gefunden hab, das Lexikon der bedrohten Wörter, ist einfach geil!

Mittwoch, 3. Januar 2007

Lippenbekenntnis


Nur noch ungefähr 208 Arbeitstage, dann ist Weihnachten *freu*.
Sowas aberauch wünsch ich mir:

Musikalische Unterlippe [wmv]

sonst nix. Schreiben tu ich auch nix mehr heut.

Und die Spinne spinnt und schweigt. Träumt alle was Schönes.

Raucherzimmer


K: "Du hättest Dir das Genick brechen können, so ungeschickt, wie Du auf sie gestürzt bist."

O: "So war das nicht, sie hat mich angefallen, von hinten, ich hatte keine Chance. Aber ich konnte sie dazu überreden, sich heute ein anderes Opfer zu suchen."

K: "Puh, dann bin ich ja beruhigt. Zum Glück hab ich mit ihr keine Probs. Nicht dass ich ausgesprochen scharf auf sie wäre, aber wir kommen klar. Mach mich dann mal an sie ran, bevor sie mich anfällt, die Arbeit."

Hand Of Doom [mp3]

Weiter gehts


Er fehlt mir so. Nicht mal unbedingt seine Grösse, die Stärke, seine inneren Werte, obwohl.
Nein.
Obwohl, die Belastbarkeit, der in sich ruhende, kraftvolle Lauf und seine klaren Linien, das hatte schon was.
Aber das ist es nicht. Heute abend wusste ich, was mir so fehlt. Es ist sein Widererkennungswert. Seine Dreimaligkeit. Es gibt hier nur drei von seinem Schlag. Die Chance ist relativ gering, dass die zur gleichen Zeit am gleichen Parkplatz stehen.
Wir waren ein schönes Paar. Voller Harmonie aufeinander eingespielt, 13 Jahre lang. Viel gemeinsam erlebt, Verrücktes und Banales, Wunder und Wunderliches.
Bis er mich letzten Sommer verliess, nach Tschechien, mit nem Anderen.
Es ist nun schon ein halbes Jahr her und doch gibt es immer wieder Tage, an denen ich ich denke, er müsste vor der Tür stehen. So wie heute nacht. Ich will nach Hause, lauf die Strasse rauf und runter, sehe nur graue Mäuschen, eins wie das andere. Nichts blaumetallic Erhabenes - da fällt mir auf - er fehlt mir so. Ernüchtert quäl ich mich in eine graue Maus und fahr nach Haus.



Cosmic Guitarman [mp3]

Montag, 1. Januar 2007

Anfang - Gedanken - Ende


Ende

mit Musik von:
Goisern
Medusa
Skunk Anansii
Sun Kil Moon

Lauf ich neulich auf den Turmberg, auf den ich immer lauf, wenns mir zu eng wird.
Die Trude hatte mal wieder keine Zeit (Lust), ihr Mann, und so. Gut. Frau muss Mann hätscheln. Oder so. Oder andersrum. Oder auch nicht. Wer weiss.
Erhaben, frische Luft um die Nase, da werden meine Augen vom Abendrot angefallen, wie sie es noch nie zu sehen bekamen. Immer wieder fall ich drauf rein. Immer wieder seh ich das Abendrot zum ersten mal. Es ist jedesmal das Schönste. Und es reisst mich, immer wieder, von Neuem. Gerne würde ich es aussprechen, laut, oder singen. Ausser mir und dem alten Turmwächter ist keiner da. Also raus damit.
"Das ist das Leben" spricht da eine Stimme aus der Dämmerung zu mir. Oha. Das klingt. Unbemerkt, nach alter Indianermanier, hat sich ein Fremder, mit Kapuzenpulli vermummt, an dieses wunderschöne Farbenspiel rangepirscht. Wir stehen, erst still, wie berauscht, dann versuchen wir das
Unaussprechliche in Worte zu fassen. Wir reden, erzählen - zwei Fremde - und doch verbindet uns das Wesentliche. Sein. Leben. Eine halbe Stunde, dann ist es dunkel. Wir gehen beredt gemeinsam schweigend, bis unsere Wege sich in trennen. Eine halbe Stunde, in der alles gesagt wurde, was es zu sagen gibt.
Eben dachte ich noch: es wäre schön, mich mit jemandem über diese Farbenpracht austauschen zu können...
Ausserfahrplanmässig. Fügt sich alles.

Jahreswechsel [Goisern mp3]

"Wird's besser? Wird's schlimmer?"/ fragt man alljährlich./ Seien wir ehrlich:/ Leben ist immer/ lebensgefährlich."
Erich Kästner

Jetzt steht ne 7 nach der 200. Oder 2 plus 007. Und dann. Ist alles anders? Ja.
Morgen früh weckt der Wecker - als da noch 006 stand, weckte meist der Wecker morgens früh. Ein neuer Kalender hängt über dem Schreibtisch. Der neue von 006 ist übernacht gealtert. Der Sekt im Kühlschrank ist alle. Raketchen und Böller, die eben noch ihre Funken versprühten, übersäen in unansehnlichen Fetzen die Strassen, Wiesen und Parks. Sogar auf meine Terasse, obwohl streng bewachte Raketensperrzone, haben sich mehrere ausgebrannte Körper verirrt. Ein Lob im Vorraus an die schwäbischen Kehrwöchler. Schön, dass es euch gibt! Ihr guten Vorsätze! Heute gefasst - morgen gebrochen. Ist es ein guter Vorsatz, keinen guten Vorsatz zu haben? Ja. Mein einziger und mein bester. Es sind keine anderen mehr auf Lager, alle schon verbraucht und gebrochen. Ohne zu brechen lebt sichs besser.
Die Magnolienblüte wartet auf auf ihr Durchbrechen und die Schokimann-Ladenhüter sind klammheimlich zu schnuffigen Langohren mutiert und scharren in den Supermarktlagern mit den Pfoten.
Und nun ist Montag, einer ohne Arbeit, einer mit Frühstück und einer mit Ei und Familie. Darauf folgt ein Dienstag, einer ohne Ei, einer ohne Familie, dafür mit Arbeit. Und so weiter...und es ist gut so.

Schischi, Sekt und Trallala, Glitzerfummel, Küsschen rechts und Küsschen links.
In die Mottenkiste gepackt, bis zum nächsten.

Szenenwechsel [Medusa mp3]

Mein kanadischer Lieblingsonkel feiert heute das erste mal in seinem neuen Heim Geburtstag, im Kreise seiner 4 Söhne nebst Ehefrauen und seiner 16 Enkelkinder. Two stone's throws away from Vancouver.

Die Hütte, welche er einst, gemeinsam mit seiner Frau, eigenhändig, als Erfüllung seines Lebenstraumes in die Einsamkeit der Rocky Mountains zimmerte, umgeben von Wald, Bergen, glasklarem Wasser, mit häufigem Bärenbesuch auf der Veranda, verliess er vor einem Monat zugunsten der Familiennähe und kürzerer Arztwege und verkaufte sie schweren Herzens. Er zollte damit der Vernunft oder der Weisheit Tribut.

Rocky Mountains ade, das Alter wird beschwerlich in der Wildnis.
Schade eigentlich, ich hätte gerne die Kolibris noch mal Nektar aus den Blüten um "Wild Rose Place" schlürfen gehört. Wäre gerne noch mal mit dem Kanu lautlos über den Kooteney-Lake gepaddelt. Vorbei. Dann eben Alaska. So ist das Leben.

Zeitenwechsel [Skunk Anansii mp3]

Genau vor 10 Jahren starb meine Mutter. Mitten in der Silvesterparty zitierte mich die anrufende Krankenschwester auf den nächstbesten Stuhl und versuchte mir schonend das Unwiderrufliche begreifbar zu machen. Ich begriff nichts. War wie in Trance. Meine Gäste schmissen den Abend, bis ich mich von meiner Mutter verabschiedet und die Beerdigungsformalitäten erledigt hatte. Anschliessend stiegen wir mit Holz bewaffnet auf den Turmberg und machten ein Himmel-Höllen-Feuer. Meine Freunde blieben bei mir, bis das Feuer erloschen und ich anschliessend vor Erschöpfung und Trauer einschlief. Unvergesslich. Freunde. Unbezahlbar.

Blickwechsel [SunKilMoon mp3]


Sonnenuntergang auf der Reichenau, meiner Lieblingsinsel, an Silvesterabend