Die Ausdehnung von Los Angeles beträgt von Nord nach Süd ca 100 km und von West nach Ost ca. 200 km (im Vergleich Konstanz - Luzern und Konstanz - Ludwigsburg). Das Siedlungsmuster von L.A. ist hochkomplex. Die Kernstadt mit ca. 4 Mio. Einwohnern bildet die grösste Einheit, daneben gibt es 11 weitere Städte mit mehr als 150.000 Einwohnern und über 150 "Incorporated Cities", selbständige politische Gemeinden, die alle nahtlos ineinander übergehen. Alle Einheiten zusammen bilden eine Megalopolis, die mit knapp 18 Mio. Einwohnern (ca 20% der gesamtdeutschen Bevölkerung) zu den grössten Ballungsräumen der Welt gehört.
Bis zu 14 Spuren breite Autobahnen mit einer Gesamtlänge von 2.000 km sind über die Stadt gelegt und können den Verkehrsinfarkt dennoch nicht verhindern. Um Abhilfe zu schaffen wurden "Carpool Lanes" eingerichtet, auf denen nur Fahrzeuge mit einer bestimmten Anzahl von Passagieren fahren dürfen. Wenn die nötige Passagierzahl missachachtet wird, hagelt es saftige Strafen.
Die Stadt hat wegen der größten Kraftfahrzeugdichte der Welt, wegen des unterentwickelten öffentlichen Nahverkehrssystems und aufgrund der Industrieabgase eines der größten Smogprobleme in den USA.
Kurzum, die "Stadt der Engel" ist ein Moloch. Mehr gespenstisch als glamourös, mehr furchteinflössend als faszinierend und mehr Alptraum als Traum.
Compton, im südöstlichen Teil von Los Angeles gelegen, ist bekannt als eine der gefährlichsten Städte in USA. In kaum einer anderen Stadt ist das Risiko grösser, auf offener Strasse erschossen zu werden. Compton, nur 15 Kilometer von den Prunkhäusern der Hollywood-Stars entfernt, zählte in den vergangenen 20 Jahren rund 10.000 Gangmorde - das 8-fache des Landesdurchschnitts.
In manchen Stadtteilen werden Ausgangssperren verhängt und in anderen schottet man sich mit hohen Stacheldrahtäunen oder Mauern ab. Die "Gated Communities" sind privat organisiert und können nur von Bewohnern oder mit Nachweis betreten werden.
Unser netter Ausflug nach Hollywood endete mit einer fast schlaflosen Nacht voller Alpträume und verstörender Bilder. Nie zuvor hatte ich eine so grosse Anzahl verelendeter Menschen im Schatten von 5-Sterne Hotels, Glaspalästen und unverholen protzig zur Schau gestellten Reichtums gesehen. Auf dem Hollywoodboulevard vergnügen sich auf der einen Seite die Reichen und Schönen mit Sekt und Kaviar, während vor den Türen der Etablissements Heere der "Homeless People" ihre einzige Habe in Einkaufswagen durch die Strasse schieben. Auf dem Rodeo Drive kosten Handtaschen mehr, als ein durchschnittlicher Arbeiter im Monat verdient.
Südlich von Hollywood wird es fast unerträglich. Immer wieder liegen Menschen auf der Strasse, mehr tot als lebendig. Zwei Männer auf einer Bank, dem einen hing der Kopf hintenüber. Sein Kumpel schlug ihn immer wieder ins Gesicht und schrie verzweifelt "wake up! - wake up! - wake up!". Doch der Kopf baumelte nur hin und her. Zwei Strassen weiter kniete mitten auf dem Bürgersteig ein junges Mädchen und verpasste einem älteren Herrn mit Hut einen Blow-Job...usw... Solche Bilder vergisst man nicht.
Skid Row, die "Strasse der Hölle", ist eine No Go Area mitten in Downtown L.A. 50 Blocks zwischen Broadway und Alameda Street, ein ganzer Stadtteil, ist bevölkert von Obdachlosen, überwiegend Schwarze und Latinos "leben" hier und davon überdurschnittlich viele Kinder. Bis zu 10.000 Menschen vegetieren in "Dannte's Inferno" im Freien, in Zelten und in provisorischen Unterkünften aus Kartons und Plastikplanen, viele sind krank, drogen- oder alkoholsüchtig. Skid Row L.A. ist einer der grössten Drogenumschlagsplätze der USA - die daraus resultierende Gewalt allgegenwärtig. In letzter Zeit häuften sich Vorfälle, dass mittellose Kranke aus umliegenden Kliniken einfach in Skid Row "entsorgt" wurden.
Eine humanitäre Tragödie.
Die Politik reagiert mit Säuberungsaktionen und Verstärkung des Polizeiaufgebots, denn Downtown L.A. soll mit sündhaft teuren Lofts und Appartements wieder attraktiv werden für ein schickes und zahlungskräftiges Klientel.
Los Angeles County ist mit ca. 73.000 Homeless die Hauptstadt der Armen und Obdachlosen - in der derzeitigen Wirtschaftskrise hat sich die Situation durch die stetig wachsenden "Tent Cities" noch dramatisch verstchärft. Hunderte von Menschen, die ihren Job oder ihr Haus in der Subprime Crisis verloren, hausen in den Zeltstädten am Rande der Stadt.
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Der Entwicklungsstand einer Gesellschaft bemisst sich u.a. am Umgang mit ihren schwächsten Mitgliedern. Das, was hier geschieht, ist strukturelle Gewalt gegen die Schwächsten.