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Sonntag, 20. Mai 2007

Vom Speer zum Jazz

Unser gestriges Bergziel war der zwischen Toggenburg und Walensee aufragende Gipfel des 1950 m hohen Speer, dem höchsten Nagelfluhbergs Europas.














Nagelfluh: in wesentlich früheren Epochen der Erdgeschichte durch Erosion entstandene Flusskiesel wurden durch Silikate unter dem Druck später sedimentierter Schichten zusammengebacken und bilden den sog. Nagelfluh. Kennzeichen ist die waschbetonartige Zusammensetzung.














Auf mehreren Routen gelangt man dort hin, unsere sollte der Kletterweg über die Nordwestrippe sein. Vom Parkplatz "Mittler Wengi" stiegen wir über die Obere Rossalp steil bergan bis zum Kettersteig-Einstieg auf 1730 m. Da es letzte Woche nochmal kräftig geschneit hatte, mussten wir dabei einige Schneefelder überqueren.














Am Kletterweg angekommen, zeigte sich der Einstieg schwieriger als gedacht. Der Fels war schneebedeckt und schlüpfrig, ein paar Meter bis zum Drahtseil ausserdem ziemlich ausgesetzt und ungesichert. Wir zogen es vor, erst mal Pause für's zweite Frühstück einzulegen und einem unerschrockenen Bergburschen beim Abstieg durch die Felsen zuzuschauen.

Unten angekommen, schilderte er uns die Beschaffenheit des Weges als äusserst riskant und er riet uns als erfahrener Alpinist davon ab, den Steig ungesichert zu gehen.
Kein Problem für uns, denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Somit trat dann Plan B in Kraft, der hiess "null Plan". Die Karte lag noch in der Kommode zuhause, da entschieden wir von Wegweiser zu Wegweiser die folgende Route, immer unsere rechtzeitige Rückkehr im Auge, denn wir wollten ja restauriert und gestärkt pünktlich zu Jazz-Downtown wieder in Konstanz sein.














Es gibt seltene Tage im Leben, an denen passiert eigentlich nichts Ungewöhnliches, und doch unterscheiden sie sich bei genauerem Hinsehen durch kleine, feine Details von gewöhnlichen Tagen und schmuggeln sich als kostbare Perlen zwischen die eintönigen Strasssteine der Altages-Kette des Lebens. Gestern war wieder so ein Glückstag.


















Der Himmel war blauer, die Luft war frischer und der Berg erhabener. Das Wasser stürzte sich kristallklar, kraftvoll und übermütig den Fels hinunter, die Frühlingsflora reckte sich voll Neugierde und strotzender Energie durch die teilweise noch braunen Wiesen und selbst die Mücken tanzten verspielt durch die warme Bergluft.














Es passte einfach alles - was für ein ein wunderbarer Tag!

Lou Reed - Perfect Day [mp3]

Montag, 14. Mai 2007

Der Bus

"Man soll gehen, wenn es am schönsten ist." Mag ja sein, doch der heutige Theaterabend lief unter dem Motto: "Gehe einfach, wenns am schlimmsten ist." Der richtige Zeitpunkt war allerdings schlecht auszumachen, es war eineinhalb Stunden gleich schlimm. Ich wollte einfach nicht mehr ausharren, bis es noch schlimmer kommen würde, so zog ich es vor, in der Pause dem schlimmsten vorzubeugen und das Theater unbeklatscht fluchtartig zu verlassen - ich hab mir wahrhaftig schon viel Theaterunsinn gegönnt, aber das kam bisher noch nie vor.

Der Kultkurier schreibt zum Stück:
DER BUS handelt von einer Busgesellschaft irgendwo in den Bergen. Darunter Erika, eine Pilgerin, die von einem Engel den Auftrag erhalten haben will, am Tag der Heiligen Sophie nach Tschenstochau in Polen zur Schwarzen Madonna zu reisen - denn sonst passiert ein Unglück. Doch Erika ist in den falschen Bus gestiegen und ist nun mit einer illustren Runde von Kurgästen konfrontiert, die nicht nach Polen fahren, sondern auf dem Weg in ein Kurhotel in den Bergen sind. Der Schweizer Autor Lukas Bärfuss zählt zu den wichtigsten Dramatikern der Gegenwart.

Aha. Die Fixerin Erika, welche vom Engel die christliche Botschaft, mit Bekehrung zum Guten inklusive eingeflüstert bekommt, sich aus Versehen - oder Fügung? - in einen mit Dekadenz besetzten Bus verirrt, dessen rüpelhafter Fahrer Hermann droht, sie umzubringen - so weit, so ungut. Fünf Schläge hätten für's Schauspiel auch gereicht, warum es 30 oder 40 sein mussten...und warum für's Grabschaufeln 15 Minuten Dreck über die Bühne geworfen werden muss, gepaart mit langatmigen Abhandlungen über die Beschaffenheit des Bodens - der tiefere Sinn blieb mir verborgen.
Eine haarsträubend zusammenkonstruierte Geschichte war das - ausgezeichnet mit dem Mülheimer Theaterpreis, auch das bleibt mir ein Rätsel - vielleicht hab ich auch einfach des Kaiser's neue Kleider übersehen.

Bleibt zu hoffen, dass die übrigen Aufführungen der Baden-Württembergischen Theatertage das Publikum mehr begeistern.

The Who - Magic Bus [mp3]

Mittwoch, 2. Mai 2007

Da war doch noch was...















...genau, der Tag der Arbeit, auch 1.Mai genannt.

Exit Clov - Working Class Hero [mp3]

Die Geschichte des 1.Mai: vom Kampftag zum Feiertag gibt es hier ausführlich zum Nachlesen.

Die Maikundgebung im Kreuzlinger Dreispitzsaal gestern war überraschend gut frequentiert - Fips hatte für 350 Menschen bestuhlen lassen und der Saal war voll. Immerhin erfreulich für die Organisatoren, steckt in den Vorbereitungen für diesen Tag doch immer viel Mühe und ehrenamtliches Engagement.
Die Samba-Gruppe Konstanz begleitete die Gewerkschafter vom Zoll bis zum Dreispitzsaal und verhinderte durch ihre erfrischenden Rhythmen ein Abdriften zum Trauerzug.
Schade nur, dass bei diesem tollen Wetter die Veranstaltung im Saal stattfand - dafür konnte man die Sonne anschliessend ausgiebig im Biergarten geniessen.
Und - natürlich fehlten "Schwester Gaby" zum Abrocken. Die hatten sich schon verausgabt beim Tanz in den Mai, am Vorabend im Turm.

Sonntag, 29. April 2007

Alp Sigl












Heute haben wir - eine lustige Truppe von 11 Leuten - wieder mal den Alpstein unsicher gemacht. Von Schwende stiegen wir zur Alp Sigl und von dort Richtung Ebenalp, am Seealpsee vorbei zum Wildkirchli, wo nebenan im Gasthaus Äscher das kühle Bier auf uns wartete.

The Shins - The Gloating Sun [mp3]

Die Sonne versengte uns schier den Pelz, kein Wildbach rauschte - die Bachbette waren ausgetrocknet. Schnee gab es nur noch in Fragmenten an vereinzelten, schattigen Stellen.















Man wähnte sich im Hochsommer - ziemlich strange für Ende April.
Der Wirt vom "Äscher" hatte prophylaktisch das Wasser an den Waschbecken abgestellt und kostenloses Trinkwasser gabs nur noch auf Anfrage und abhängig davon, ob der weitere Weg eher schweisstreibend bergauf oder mit selbstkühlendem Tempo bergab gehen würde.















Schee war's trotzdem wieder mal und die Menschenmassen reduzierten sich dort oben dank der fehlenden Seilbahn auf ein überschaubares Trüppchen.

Freitag, 27. April 2007

Violent Celli und der DGB

50 Jahre wechselvoller Geschichte hat das DGB-Haus in der Beyerlestrasse hinter sich.
Heute sind dort noch einige Büros der Gewerkschaft Verdi, die Rechtsstelle des DGB, ein Sitzungssaal, in welchem regelmässig unter anderem das Ortskartell und der Frauenausschuss tagt, sowie im alten Jugendraum der Radio Wellenbrecher untergebracht.
Zu dieser Geschichte gibt es jetzt eine sehenswerte Ausstellung im Stadtarchiv - heute Abend war Vernissage.
Immerhin 8 spannende Jahre meines Lebens habe ich in diesem Haus gelebt, geliebt und gearbeitet, somit war die Einladung nicht nur gesellschaftliche Verpflichtung.
Unter anderem erzählte "die rote Vera" Hemm aus ihrem politisch-bewegten Leben, welches von Kindesbeinen an, vor allem durch ihre Mutter, stark gewerkschaftlich geprägt war und worüber sie das Buch "Im Zeichen der roten Nelke" geschrieben hat.
Erinnerungen wurden geweckt an den 1.Mai 1975, als der damalige DGB-Kreisvorsitzende und SPD-Stadtrat Erwin Reisacher mit den Teilnehmern der Maikundgebung spontan den Maiumzug zu einer Demonstration für ein freies Seeufer nutzte. Das Ufer wurde nach zähen Verhandlungen von der Seestrasse bis ans Hörnle für die die Allgemeinheit zugänglich gemacht und Erwin kam mit 1.600 DM Strafe davon. Wir aber wir profitieren bis heute von dieser Aktion und die Umbenennnung des Seeuferwegs in Erwin-Reisacherweg ist längst überfällig.
Verdammt lang her - das waren noch Zeiten und ich finde, derlei Aktionen hätten ein Revival mehr als verdient.

Aber was ich eigentlich noch sagen wollte - der musikalische Rahmen dieses Abends war vom Feinsten. Das Celli-Quartett Violent Celli in der Bestzung aus vier 17- und 18jährigen Jungs spielte Beatles, Metallica, Piazzola und Eigenkompositionen mit einer virtuosen Leichtigkeit, die absolut begeisterte. Mehr davon gibts am 20. Juli in der Schlosskirche von Meersburg.

Metallica - Nothing Else Matters (unplugged) [mp3]
Apocalyptica - Faraway [mp3]

Sonntag, 22. April 2007

Juliette And The Licks

Gestern war ich das erste mal im Rohstofflager in Zürich. Dieses entpuppte sich als feine Konzert-Location mit klasse Atmosphäre. Besonders gut gefiel mir unser luftiger Standort während des Konzertes oben auf der Gallerie. Das war fast wie auf dem Berg - erhaben, gute Fernsicht, im Vergleich zu unten wenig Menschen. Nur die Luft war aromatischer. In den Bergen riecht das Gras irgendwie anders.
Aber dann kam sie. Und dann blieb mir die Luft ganz weg. Rockröhre und Energiebündel Juliette Lewis mit ihren Licks brachte in wenigen Minuten das ausverkaufte Lager zum kochen. Wie ein Irrwisch, mit vollem Körpereinsatz und pathetischen Rockposen fetzte das zierliche Mädel über die Bühne - das weibliche Iggy Pop Pendant. Die anfängliche Skepsis wegen der unausgewogenen Abmischung des Sounds konnte dem Tempo auf der Bühne nicht mehr standhalten und ich hab's nur noch genossen.
Rohstoff Rock, pur und unverdünnt war das - den fantastischen Livequalitäten der Licks zu verdanken. Einfach ein geiles Konzert.

It was only Rock'n Roll but I liked it.

Juliette And The Licks - Get Your Tongue Wet [mp3]

Manche mögen's heiss

Im Grunde genommen mag ich's ja auch heiss.
Alles Mögliche, aber Musicals anzuschauen gehörte bisher nicht zu meinen heissen Beschäftigungsfavoriten - nein, ich war bisher eher die Musicalignorantin. Dank meines Theater-Abos kam ich nun am Donnerstag doch in den Genuss einer amusanten Ausnahme der Regel.
Eine umwerfend witzige Komödie - das gelang nicht nur Billy Wilder 1958 mit seinem Streifen "Some Like It Hot" sondern auch Rosamund Gilmore mit der temporeichen, musikalischen Buhnen-Fassung von "Manche mögens heiss" am Konstanzer Stadttheater.
Vor allem die zweite Spielhälfte war gespickt von Komik und Slapstick par Excellence.
Ingo Biermann als Joe/Josephine und Harald Schröpfer als Jerry/Daphne verkörperten ihre vertauschten Geschlechterrollen aberwitzig komisch und mit enormer Spielfreude, ganz ohne tuntig zu wirken.
Einfach köstlich, Daphne und dem Millionär Osgood - hervorragend gespielt von Frank Lettenewitsch - beim leidenschaftlichen Rosen-Tango zuzuschauen.

Daphne: "Ich bin Kettenraucherin"
Osgood: "Egal"
Daphne: "Ich kann keine Kinder kriegen"
Osgood: "Egal, dann adoptieren wir welche"
Daphne: "Ich bin ein Mann"
Osgood: "Egal. Nobody is perfect"




Alexia Rödiger in der Rolle von sweet Sugar überzeugte als naiv-charmante Ukulelespielerin, ihre Begeisterung für brillentragende und saxophonspielende Männer konnte man geradezu nachempfinden.

I Wanna Be Loved By You (Monroe Cover) [mp3]

Und - last but not least - kein Musical ohne Musik. Die swingende Damenkapelle "Constance Society Syncopators", die für diese Inszenierung via Zeitungsannonce zusammengefunden hat, war bei Bandleader Paul Amrod bestens aufgehoben.

Alles in allem eine unbedingt sehenswerte, spritzige Persiflage auf den "American Dream".

Normalerweise beurteile ich die Qualität eines Stückes am Rückenschmerzindex - je früher ich die Sitzposition verlagern muss, desto schlechter oder langweiliger das Theater. Dieses mal trat das Phänomen erst am nächsten Tag im Büro ein...

Montag, 9. April 2007

Ruine Kargegg

"Wer ist Nächster?" fragte die Bedienung am Ausschank der Bauernstube Litz. "Ich glaub die Kinder da drüben waren vor uns", antwortete eine ältere Dame neben uns, worauf es hinterm Tresen hervorfragte "Kinder??? Naja..." Gemeint waren mein Sohn - knapp 1,90m gross, und ich - jenseits der Mittlebenskrise.
Also, wie gesagt, heute war Familientag. Hätte nicht geglaubt, welch enormen Verjüngungseffekt eine entspannte Radtour mit sich bringt. Egal, also, wir 3 Kinder erforschten hoch zu Rad den Bodanrück - heute wollten wir die Ruine Kargegg erobern, um anschliessend durch die Marienschlucht an den See vorzustossen. Pustekuchen! Marienschlucht nur unter Lebensgefahr betretbar, stand auf der behördlichen Verbotstafel...nee, an so einem tollen sonnigen Tag wollten wir uns das nicht antun.
Vor 2 Jahren ist dort wohl ein Teil des Weges abgerutscht und bislang noch nicht wiederhergestellt worden; laut Planung ist es irgendwann 2007 soweit.
Auf dem alternativen Umgehungsweg nach Wallhausen begegneten wir einem Eulengewölle, welches nach vorsichtigem Pulen die sterblichen Überreste einer Maus freigab - Schädelchen mitsamt gut erhaltenen Mäusezähnchen. Leider fielen diese etwas zu klein aus, um mein Gebiss damit kostengünstig zu sanieren. So sei es denn - der Herr gibts, der Herr nimmts.

Beim abschliessenden Einkehrschwung in den sonnendurchfluteten Garten der oben beschriebenen Verjüngungsstube zu Freudental, sinnierten wir noch über das Gute des Schlechten, sprich über die Vorteile einer Ex-VW-Bus-Besitzerin:
Zu Buszeiten quälte mich an solchen Feiertagen regelmässig der Entscheidungswahn. Einerseits wäre ich gerne weggefahren, spontan irgendwo in den Süden oder die Berge, andererseits hätte ich gerne stressfrei die Beine hochgelegt oder die heimischen Gefielde per Pedes oder eben zweirädrig erkundet. Nur, meine mobile Zweitwohnung stand schliesslich vor der Tür und wollte genutzt werden. Der aufwändige Entscheidungsprozess hielt uns oft in Schach - von diesem Dilemma bin ich jetzt befreit. Auf den Strassen dürfen gerne all die anderen im fein stäubenden Stau stehen, und die Kohle für Heimtrainer oder Fitnessbude investier ich lieber nach schweisstreibendem Strampeln in ein Steak mit Weizen im nahen, lauschigen Biergarten.
Und ganz nebenbei erfährt man dabei noch einiges über unsere geschichtsträchtige Heimat:
Der Name Kargegg dürfte seinen Ursprung in einem Gewannnamen "uff der kargen Egg" aus dem Jahr 1273 haben.Unter anderem soll Kargegg als Hehlernest für diverses Raubgut gedient haben.Am 25. Mai 1525 brannten aufständische Bauern die Burg nieder. Seitdem ist sie unbewohnt und verfällt.

Von der Ruine Kargegg existiert auch folgende Sage:
Ein Liebhaber einer hübschen Tochter des Burgherren durchschwamm für ein Treffen in einer Nacht den Überlinger See. Dabei sollte ein Licht am Fenster ihm den Weg zeigen. Doch im aufsteigenden Nebel verlor der Schwimmer die Orientierung und ertrank letztendlich völlig entkräftet.

Freitag, 6. April 2007

Kartause Ittingen

Heute lockte uns kein grosser Berg, nur ein kleiner Hügel, der Seerücken - den erzwangen wir mit dem Fahrrad. Von Konstanz am Rhein lang nach Steckborn, dann schnaubten und schoben wir den Buckel hoch und fuhren durch eine idyllische Lanschaft, teilweise an der Thur entlang über Weiningen und Warth zur Kartause Ittingen. Ein wahrhaft paradiesisches Fleckchen Erde - eingebettet in eine sanfte Hügellandschaft liegt das ehemalige Kartäuser-Kloster vor uns. Der lauschige Biergarten innerhalb der Klostermauern ist wohl einer der schönsten weit und breit und dort geniessen wir entspannt die restlichen Sonnenstrahlen und stärken uns für die Rückfahrt.

Ein wirklich lohnenswerter Radausflug an einem so
herrlichen, sonnigen Frei-Tag - das ist wiederholungsverdächtig.















Zur Geschichte der Kartause:
Von 1150 bis zum Jahr 1848 beherbergt das Kloster Mönche vom Kartäuser-Orden, 1867 kauft eine Familie Fehr die Anlage und betreibt dort über 100 Jahre Weinbau und Landwirtschaft. Die Stiftung "Kartause Ittingen" übernimmt 1977 die Anlage und rettet sie vor dem Zerfall. Heute ist die Kartause eine kulturelle Begegnungsstätte und Treffpunkt für Menschen aus allen Kulturen, Nationen und Religionen. Es befindet sich dort ein Schulungs- und Tagungszentrum, der Gutsbetrieb mit Käserei und Weinbau, ein Gastwirtschaftsbetrieb, der Heim- und Werkbetrieb für psychisch und geistig behinderte Menschen und beherbergt das Kunstmuseum des Kantons Thurgau, das Ittinger Museum und das tecum, das evangelische Begegnungs- und Bildungszentrum.

Regelmässig stellen Künstler in den beiden Klosterkellern mit ihren beeindruckenden Gewölben ihre Werke aus - aktuell Ernst Thoma, ein Thurgauer Experimentalmusiker und Videokünstler, bekannt durch seine epischen „Landscapes“, in denen sich grossformatig projizierte Landschaften langsam, fast unmerklich verändern. Neben der Auseinandersetzung mit solchen städtischen Landschaften wandte sich Ernst Thoma in Berlin auch einem für ihn ganz neuen Thema zu: der menschlichen Figur. Als Ausgangsmaterial verwendet der Künstler Aufnahmen seines eigenen, nackten Körpers. In einer zweiten Werkgruppe sind es Bilder von pornografischen Websites.
Grossformatige Digitalprints und Videoprojektionen finden sich im grossen Kellergewölbe zu einer eindrücklichen Installation zusammen, in der die Themenwelt des Klosters – Schuld und Sühne – eine genuin heutige Umsetzung erfährt.

Sonntag, 1. April 2007

Paul Camilleri

Paul Camilleri spielte gestern mit seiner 3-Mann Combo im Eisenwerk in Frauenfeld.
Sie boten Blues-Rock vom Feinsten, einen absolut sauber abgemischten Sound mit guter Akkustik im Saal.

Ein perfektes Konzert, aber für mein Gefühl eben "zu" perfekt.
Die Show excellent einstudiert, die Akkorde exakt platziert, aber leider profillos, nichts Improvisiertes und nichts Erdiges, was ich am Blues sonst so liebe. Der Sound wollte einfach nicht unter die Haut - in die Beine schon.
Vielleicht fehlen dem Camilliero einfach noch ein paar Jährchen "Blues" oder ich bin doch zu alt für den jungen Blues...

Ain't Givin' Up [mp3]

Sonntag, 25. März 2007

Gefährliches Allgäu

Strassenraub?













Wolkenbruch?!













Besetzung??











Banküberfall!!













Faltenkiller??!!

















Mensch, wer hätte das gedacht, dass im verschlafenen Allgäu solche Risiken lauern! Völlig unvoreigenommen und vorfreudig sind wir vergnügt in ein langweiliges Wochenende gestartet. Dann passierte das: wir wurden geschröpft, unser Geld ist weg und der Faltenkiller war erfolgreich hinter uns her. Zu allem Überfluss mussten wir noch stundenlang in einer schrecklich heissen Holzbude ausharren - fast medium gegart - da haben wir aber Blut und Wasser geschwitzt! Glücklicherweise hat uns die verlockende Aussicht auf einen tollen, arbeitsreichen Montag in gesicherten Verhältnissen, entspannt, geniessbar und geglättet an Leib und Seele aus dieser gefährlichen Region wieder hinausgerettet...

Samstag, 17. März 2007

Lenzerheide und das Bergwald-Projekt















Die alljährliche Skiausfahrt unserer Firma hat heute wieder stattgefunden. 8 Busse karrten Mitarbeiter mit Freunden und Familie nach Lenzerheide zu einem wirklich geselligen, gut organisierten Schneeplausch mit anschliessendem Wurst-Brot-Bier-Apresski.
Das Wetter war perfekt, man konnte zwischen den Abfahrten bei einem Cafe Creme das Gesicht in die Sonne recken ohne schon nach 5 Minuten durch Wärmeverlust zum Weiterfahren getrieben zu werden. Da der Schnee schwer war und einiges an Muskelkraft abforderte, kam uns das nicht ungelegen.
Auf der anderen Seite, am Rothorn, war gleichzeitig Worldcup. Der Rummel, den wir dadurch befürchteten, stellte sich aber als Gegenteil raus. Vermutlich dachten viele Menschen ebenso und meideten deshalb das Skigebiet. Unser Glück, denn es gab null Wartezeit an den Liften und zwischen den Skifahrern am Berg so grosse Lücken, dass man gefahrlos, auch ohne mitreissenden Körperkontakt, um die anderen rumfahren konnte.














Ein fast perfekter Tag, der mich trotz allen Genusses etwas nachdenklich stimmte.
Seit meiner Kindheit treibe ich mich wandernd und kletternd durch die Berge, das Skifahren kam relativ spät dazu. Ich liebe die Bergwelt über alles, am meisten die Unberührte. Diese ist in der Alpeneregion zu einer Rarität geworden, und ich sehe durchaus die Problematik, dass jeder, der unberührte Natur aufsucht, darin seine mehr oder weniger gravierenden Spuren hinterlässt.
Wir Skifahrer hinterlassen sehr markante Spuren in der Natur, die, im Winter zu unserem Genuss, in den Sommermonaten dem Berggänger aber mit Kahlschlag, Erosion und Eintönigkeit sich von ihrer hässlichsten Seite präsentieren.
Da beschleicht mich dann regelmässig ein Gefühl von "toll gefeiert, den Müll können andere wegräumen".
Natürlich ist es nicht der Weisheit letzter Schluss, wenn ich jetzt beschliesse, das Skifahren zugunsten des Schneeschuhlaufens aufzugeben, hängen doch viele Alpenregionen am Touristentropf und vor allem der Skitourismus füllt im Winter die Kassen.
Vermutlich früher als uns lieb ist, wird der ausbleibende Schnee in den beliebten Skiregionen sowohl uns Wintersportler als auch die dortige Bevölkerung und deren Vertreter zu einer Umorientierung zwingen.
So sind einfach mal die ungeschriebenen Gesetze dieses Lebens: wer seine Hütte nicht pflegt und von Zeit zu Zeit repariert, dem scheissen irgendwann die Krähen auf den Kopf. Da muss mehr getan werden, als Sparlampen in die Fassungen zu schrauben und sich dann mit beruhigtem Gewissen wieder zurückzulehnen und leider rettet uns auch das wildeste und erhobenste Zeigefingerwedeln nicht vor der Tatsache, dass wir nur diese eine Welt und das eine Leben haben, welches sich in der Evolution darauf spezialisiert hat, Sauerstoff aufzunehmen und Kohlendioxyd abzugeben an die Bäume, die dies wiederum aufnehmen, um dann den Sauerstoff wieder an uns abzuliefern und so weiter. Ein einfacher Prozess von Geben und Nehmen.
Da ich in den Bergen, dem Wald und der Natur immer wieder viel Lebensfreude, Kraft und Energie tanke, habe ich - wie das in der Natur der Liebe liegt - das Bedürfnis, etwas zurückzugeben.
Eine tolle Möglichkeit dafür bietet das "Bergwald Projekt". Ein Freund nahm schon öfters an diversen Bergwaldprojekten teil und erzählte mir voller Begeisterung davon.
Trotz einfachster Unterbringung und Verpflegung, teilweise ohne Strom, Warmwasser und geldwertem Vorteil, sind die Projekte erstaunlicherweise immer schnell ausgebucht und man sollte sich bei Interesse frühzeitig anmelden.
Die neuen Sinneseindrücke, Erfahrung und Erleben für Körper und Seele allein sind es so einen Einsatz schon wert.

Aber natürlich können wir alternativ auch lamentieren, verordnen und fingerzeigen bis der letzte Baum uns die Nahrung verweigert und wir an unserem eigenen schlauen Wortmüll ersticken...

Sonntag, 11. März 2007

Muttjöchle
















Auf das 2074 m hohe Muttjöchle im Silbertal/Montafon sind wir mit unseren Schneeschuhen geschlurft. Ein traumhaft sonniger Tag lockte viel mehr Schnee- und Sonnenhungrige schon früh aus ihren Betten, als uns lieb war. Um 7:30 Uhr fuhren wir in Konstanz ab und stopp and go-ten uns nach Autobahnende zu unserem Ziel, der Kristbergbahn. In der gut gefüllten Kabine schwebten wir bis zur Bergstation und von dort aus die restlichen knapp 600 Höhenmeter auf unseren Schlappen zum Gipfel des Muttjöchls.
Eine wunderbare, unberührte Wintermärchenschneelandschaft und ein gigantischer Panoramablick auf die umliegende Bergwelt belohnte uns für die Mühen.
Auf den 1200m Abstieg verzichteten wir auf die Bahn, um den letzten Rest Sonne auskosten zu können.
All die unvernünftigen Menschen, die anstatt zuhause auf ihrer Terasse oder beim Sonntagsspaziergang die Frühlingssonne zu geniessen, meinten, die Bergwelt heimsuchen und ihre Spuren im frischen Puverschnee hinterlassen zu müssen, fuhren natürlich wie auf Kommando nach dem Sonnenrückzug wieder heimwärts und verursachten damit den abendliche 1-stündigen Stau. Das ist normalerweise schon wenig freudebereitend, in einem Auto, in dem die Heizung versagt, kann man es nur noch unter "Abhärtung" einordnen.
Bis wir dann um 20 Uhr endlich in Konstanz ankamen, träumten wir uns warm mit der Überlegung, wie wohl Eisbein ohne Sauerkraut schmeckt und ob Streusalz im Badewasser beim Auftauen hilft...
Ach ja, und wir sassen übrigens klimafreundlich zu fünft im Wagen, zu sechst hätten wir die Energieeinsparwut optimiert, wirkungsvoller als Sparleuchten, denn mit der erzeugten Reibungswärme ging uns ein Licht auf: könnte man glatt auf die Heizung verzichten und die von menschlicher Wärme erzeugte Energie direkt noch in Treibstoff umwandeln?

Samstag, 10. März 2007

Mr. John Cale im "Sohm"









Das "Conrad Sohm", in einer alten Fabrikhalle ausserhalb Dornbirns untergebrachter Nachtclub, in dem schon viele Grössen der Musikszene gastierten, überraschte uns mit absolut angenehmer Atmosphäre und überwiegend jüngerem, bunt gemischtem Publikum. Nicht zu unübersichtlich und nicht zu klein - eine geniale Location für Live-Gigs.
Wenn es ein Konzert den Anfahrtsweg definitiv wert war, dann dieser zweistündige Auftritt von John Cale und seiner Band gestern Abend im Sohm.
Was der grosse, alte Meister der avantgardistischen Musik an seinem 65. Geburtstag dem Gehör zu bieten hatte, war erste Klasse.
Einen ausführlichen Konzertbericht gibt es im "Volksblatt", der Tageszeitung von Lichtenstein, zu lesen.
Die erste Stunde stand ich direkt vor der Bühne. Mit unheimlicher Intensität und Konzentration begleitete Cale seine Songs mit Gitarre und Keyboard; voller Spannung auch die Wechsel zwischen knallig rockigen und entrückt wirkenden akustischen Stücken.
Ja, alt ist er geworden, der Cale, nicht so seine Ausstrahlung und Stimme, die bei mir immer noch Gänsehaut erzeugt.
Und nein, er war nicht in Geburtstagsfeierlaune. Eigenwillig ignorierte er die "Happy-Birthday"-Rufe aus dem Publikum und nach einem fulminant gespielten, über 10-minütigem "MaryLou", verliess er nach knappem Abschied die Bühne und und liess sich auch nicht durch kaum enden wollenden Zugabe-Rufe und Klatschorgien seiner Fans zu einer Rückkehr überreden.

Zum Reinhören 11 MB John Cale: Mary Lou [mp3]

Montag, 5. März 2007

In Ulm, über Ulm und um den Wilden Mann herum



















768 Stufen darf man erklimmen, bis man in ca 143 m Höhe den vollen Überblick über Ulm und seine Umgebung geniessen kann. Von da aus fehlen dann nochmal 18,5 m bis zur Domspitze, der weltweit höchsten.
Das Konstanzer Münster steht mit seinen 76 m dagegen immerhin noch an 159. Stelle auf der Liste der höchsten Kirchtürme der Welt.








Auch als durchaus höhengewohnter, berggängiger Mensch kommt man beim schwindelerregenden Anstieg leicht aus der Puste. Dafür erwartet uns ein atemraubender Tiefblick auf die Stadt, die Häuschen wirken wie frisch aus der Spielzeugkiste hingestellt.














Nach diesem schweisstreibenden aber lohnenswerten Akt trieb uns der Hunger durch die Ulmer Altstadt ins Fischerviertel, wo wir im "Wilden Mann" nahrung- und platzfündig wurden.
Eine hübsche, gemütliche Kneipe und Cocktail-Bar mit preiswertem, leckeren Essen und angenehm dezenter Beschallung. Absolut empfehlenswert für potenzielle Ulmbesuchswillige!


































Samstag, 3. März 2007

Die Bleiche

Gestern abend sass ich wieder mal in der Bleiche zu einem vorzüglichen Fisch-Dinner mit anschliessendem, oberleckeren Nachtisch.
Erstaunlich, wo es im Sommer so trubelt und man schier um guten, unbesetzten Platz kämpfen muss, gähnte Leere. Freie Parkplätze und den Tisch konnten wir aussuchen zwischen "Oberrhein" und "Niederrhein". Schwäne paddelten am Fenster vorbei und der Blick aufs Wasser und das abendliche Wolkenschauspiel vermittelte eine wunderbar friedliche Stimmung. Ein wirklich paradiesisches Fleckchen, um den Wochenstress hinter sich zu lassen.
Das Personal war wohl etwas unterfordert und in den Pausen der 10-minütigen Frage-Intervallen "ist bei Ihnen alles in Ordnung" - was es durchaus war - sinnierten wir über die geschichtsträchtige Vergangenheit des Gebäudes, in welchem wir heute kulinrischen Genüssen frönen und in dem wohl früher Menschen geschwitzt und geschafft haben.
Die grossformatigen Drucke an den Wänden zeugen von einer Vergangenheit, über die uns, ausser dass hier einmal eine zelteproduzierende Fabrik florierte, recht wenig einfiel.
Dem Informationsdefizit habe ich dank Google gleich mal Abhilfe geschaffen, wurde auf diversen Seiten fündig und hab folgendes zusammengetragen:

"Die Straßen im Gewerbegebiet Stromeyersdorf direkt am Rhein in Konstanz tragen heute noch die Namen derer, die hier einst arbeiteten: Näherinnen, Weberinnen und Färber. Sie nähten, webten und färbten in flachen Manufakturgebäuden für die Zeltfabrik von Ludwig Stromeyer, der sich das Ensemble seiner Fabrikgebäude um 1905 vom Industriearchitekten Philipp Jakob Manz errichten ließ. Um einen geschlossenen Arbeitsablauf zu gewährleisten, entwarf Manz große, eingeschossige und hintereinander gestaffelte Fabrikhallen, zwischen denen Straßen verliefen, so dass das Ganze wie ein Dorf wirkte, eben Stromeyersdorf.
Der Namensgeber Ludwig Stromeyer fing im 19. Jahrhundert mit Juteverarbeitung an und es gelang ihm als erstem Unternehmer, wasserdichte Gewebe zu fabrizieren, die als Militärzelte und als Decken für die Eisenbahn und für den Privatgebrauch verarbeitet wurden. Da die Herstellung von maschinell geprägten Stoffen ein Novum war, wurde das Unternehmen nun auch international bekannt. Ab 1878 nahm Stromeyer die Produktion von Zirkus- und Schauststellerzelten auf und festigte damit seine führende Marktstellung. Zunächst in der Konstanzer Münzgasse ansässig, verlagerte er mit dem boomenden Zeltgeschäft die Produktion auf das Gelände des Lohnerhofs am rechten Rheinufer, wo sich bereits die Bleiche befand. Schon kurz nach der Jahrhundertwende errichtete das Unternehmen auf ihrem Fabrikgelände, dem Stromeyersdorf, auf über 150.000 qm eine moderne Industrieanlage, die allen Anforderungen eines Großbetriebs entsprach. Durch die ständige Expansion des Unternehmens und den damit bedingten Anforderungen an Fabrikationsräume und Lagerhallen erfuhr die Fabrikanlage eine kontinuierliche Erweiterung ihrer baulichen Anlagen bis in die 50er Jahre.

Neben den schlichten Fabrikhallen entwarf Manz die Kontorbauten im so genannten "deutschen Nationalstil", der um 1800 aufkam. Während die Bleiche als Riegel zur Rheinseite hin erhalten blieb, stellte der um 1910 erbaute Wasserturm für das Sprinklersystem in den Fabrikhallen eine weithin sichtbare Geländemarke dar.
Der Wasserturm wurde bereits in Stahlbeton gegossen, während die Fabrikhallen und die Kontorbauten noch traditionell gemauert wurden. Zusammen mit der Bleiche hat sich der Wasserturm als identifikationsstiftend für Konstanz erwiesen. Neben einigen Verwaltungsgebäuden und nur wenigen Fabrikhallen haben auch Bleiche und Wasserturm die Schließung der Zeltfabrik 1989 überstanden, denn die alten Strukturen sind nur teilweise erhalten, vor allem die ganzen eingeschossigen Fabrikhallen wurden abgerissen.
Obwohl sich die Firma in den 50er Jahren durch internationale Aufträge und Patente, wie die Textilbauten für die Olympischen Spiele 1972 in München, wirtschaftlich zu erholen schien, konnte nicht verhindert werden, daß der Großbetrieb 1973 Konkurs anmelden mußte. Doch erst im Dezember 1984, 11 Jahre nach Beginn des Konkursverfahrens, schlossen sich nach zähen Kämpfen und einem schrittweisen Abbau der Belegschaft die Türen für die letzten 250 Arbeiterinnen und Arbeiter. Heute erinnert auf dem Gebiet Stromeyersdorf noch die Bleiche und der Wasserturm an die früheren Zeiten. Sie sind eingebettet in eine Überplanung des Gebietes, die dort in den vergangenen Jahren ein neues, hochwertiges Gewerbegiet entstehen ließ."

Montag, 26. Februar 2007

Basler Morgenstraich

















Mein Freund, das Chaos, war auch dabei.
Das Chaos ist verlässlich und unkaputtbar.
Alles fing wie immer ganz harmlos und gut gemeint an, dann heftete es sich leise und unbemerkt an meine Fersen.



















Vorrausgehend zog sich ein miesewettertauglicher, gemütlicher Geburtstagsbrunch lindwurmartig durch den Tag bis in den frühen Abend.
Um 22:29 Uhr sollte dann unser Zug nach Basel zum Morgenstraich zuckeln. Fahrpläne steckten korrekt ausgedruckt in meinem Rucksack. 5 nach 10 fuhren wir los Richtung Stadt, ich stellte die Shrunk-Limousine vor meine Haus- und Hofwerkstatt in die Nähe des Bahnhofs mit der Absicht, dass mein Hofmechaniker bis zu unserer Rückkehr die Kiste unter sein fachmännisches Visier nimmt. Undefinierbare Klopfgeräusche bei Geschwindigkeitsverlust, stinkender Qualm aus beiden Vorderrädern und apruptes Zicken und Stehenbleiben am Berg bei der letzten Ausfahrt veranlassten mich zu dieser Massnahme. Ich warf also den Zündschlüssel mit ordnungsgemässem Handzettelauftrag in den Briefschlitz und wir trabten los zum Bahnhof.



















Als wir am Bahnsteig eintrafen, fuhr gerade ein Zug ab. Ich schaute auf die Uhr - das böse Denken war schon im Anmarsch - wir hatten aber noch 10 Minuten. Das böse Denken verflüchtigte sich wieder. Die Fahrkarten, die gar nicht mal so billig waren, schon gelöst, schauten wir noch mal auf die Fahrplantafel. Hm, da stand was anderes als auf meinem Druck. Argh! Schweizer Bahnhof in Konstanz ist was anderes als Kreuzlinger Bahnhof in Kreuzlingen - fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren...du böser Denkfehler du!
Zug weg, Zündschlüssel weg - gekonnt...



















Das Handy, mein ungeliebter Freund, zitierte den Mechaniker zeitplanmässig hinter den Briefschlitz zum Zündschlüssel und klopfend nahmen wir die Verfolgung der Eisenbahn auf. Zürich, 00:06 Uhr, das könnten wir schaffen. Rauf auf's Gas, bei Frauenfeld runter wegen Blitzer, bis Zürich wieder rauf. 23:45 Zürich an, rein ins nächste Parkhaus, den heutigen verpassten Waldlauf als nächtlicher Züricher Strassenlauf nachgeholt, um 00:02 am Gleis 16, rein in den überfüllten Waggon und los Richtung Basel - röchel.














In Basel tobte das Leben. Alles was Beine hatte und noch mehr war unterwegs. Wir trollten uns auf einen Cafe Creme in eine der gut geräucherten Kneipen und zogen dann durch die von Trubel erfüllte, nächtliche Stadt. Zwischendurch machte immer wieder Petrus seine Schleusen auf, doch pünktlich um 4:00 Uhr schloss er sie wieder zeitgleich mit dem Verlöschen aller elektrischen Lichter der Innenstadt. Auf Kommando tauchten dann aus allen Himmelsrichtungen und Gassen pfeifend, trommelnd und gänsehauttauglich die Maskierten auf. Tausende von Menschen säumten die Strassen und verfolgten mit Blicken und Kameras das archaische Treiben.



















Stunden später - der Wettergott war uns zum Glück wohl gesonnen und es blieb trocken - fuhren wir müde, durchgefroren aber glücklich wieder nach Zürich, und von dort erstaunlicherweise ohne glühende Bremsen und Klopfgeräusche zurück nach Konstanz, wo der Schlaf der Gerechten auf uns wartete.
Schee wars!



















"You should call it entropy. Nobody knows what entropy really is, so in a debate you will always have the advantage."
John von Neumann



















Wir straichen durch den Basler Morgen

Samstag, 24. Februar 2007

Die Kluge

"Oh hätt ich meiner Tochter nur geglaubt..." sinniert singend der Bauer über sein Schicksal.
So klang es am Donnerstag Abend von der Bühne im Stadttheater. Und so ähnlich klingt's manchmal auch im wirklichen Leben.
"Denn wer viel hat / hat auch die Macht, / und wer die Macht hat, / hat das Recht, / und wer das Recht hat / beugt es auch, / denn über allem herrscht Gewalt!"

Es ist schwer auszumachen, wer von den Darstellern Schauspieler/in oder Sänger/in ist, stellen doch sowohl die Sänger von der Philharmonie ihr schauspielerisches Talent als auch die Schauspieler wacker ihre Singstimmen unter Beweis.
Die Bühne ist schlicht, aber mit raffinierten, beweglichen Elementen ausgestattet.
Genial das königliches Bett, welches aus dem Schnürboden geschwebt kommt - mein absoluter Favorit.

Archaisch schlicht und schnell erzählt - der Märchenstoff, aus welchem das Stück gewebt ist.
Ein einfältiger Bauer fällt trotz Vorwarnung seiner klugen, schönen Tochter auf die List des Königs rein und wird zur Strafe in den Kerker geworfen. Mit Klugheit und Witz verhilft ihm die Tochter zur Freiheit und sich selbst in die königlichen Gemächer. Liebe ist - was wär ein Märchen ohne sie? - mit im Spiel. Des Königs kluge Gefährtin zeigt aber Ungehorsam und wird in Folge dessen mit einer Truhe voll dem Liebsten, was sie besitzt, vor die königliche Tür gesetzt. Kurzerhand verpasst sie dem König einen Schlaftrunk und packt ihn in die Kiste.
"Klug sein und lieben kann kein Mensch auf dieser Welt." Oder doch?
Kein schönes Märchen ohne Happy End, am Schluss siegt die Liebe.
Und wenn sie nicht gestorben sind...dann ist die Moral von der Geschicht: ohne Liebe nutz auch Klugheit nicht.

Grimmscher Märchenstoff und Orffsche Rhythmen schön verpackt in ein erfrischend mitreissendes Musiktheater.

Und - das muss noch gesagt werden - das Haus war wieder mal rappelvoll.
Als ich neulich zufällig auf die Theaterseite surfte, las ich das:
"Kurz vor knapp
Schüler und Schülerinnen sowie Studierende erhalten an der Abendkasse kurz vor Vorstellungsbeginn Karten in den verfügbaren Kategorien zu 5,–. Euro."

Theater-Lastminute, eine nette Idee, finde ich. Ein rechter Fux ist er, der Nix ;-)