Sonntag, 7. September 2008

Vom Verlassen und Ankommen






















Einfach ankommen. Oder Ankommen ist einfach. Es ist aber nicht einfach, einfach nicht anzukommen. Und immer geht dem Ankommen ein Verlassen vorraus. Umgekehrt ist das nicht zwingend, dem Verlassen folgt nicht unbedingt ein Ankommen.

So geschehen am Mittwoch, als ich nach 22 Stunden Reisezeit und dem Überfliegen von 10 zeitzonen wieder in der lieblichen Heimat gelandet bin.
Angekommen ist mein Körper - meine Seele und ein Teil meines Herzens sind noch gefangen, brauchen wohl noch eine Weile, um zu folgen.
Einfach verlassen?
Zu tief die Spuren, zu stark die Eindrücke, zu still die Einsamkeit, zu aufwühlend die Liebe, zu unbarmherzig die Natur und zu gross die Freiheit um sie zu entlassen in die beklemmende Enge der Zivilisation.
Verfangen und verloren in der unendlichen Weite der Wildnis.
Verlassen ist nicht einfach.
Gespalten und zerrissen, noch nicht hier und nicht mehr dort.
Einfach ankommen?

Ich hab ihm noch eine Karte geschrieben. Am letzten Tag vor dem Abflug hab ich sie zur Post in Whitehorse gebracht. Weil ich es ihm versprochen hab. Weil er es sich gewünscht hat.
Ich hab ihm auch versprochen, Bilder zu zeigen, nach meiner Rückkehr.
Weil er sich immer für meine Reisen interessierte und im Atlas nachschlug, in welche verlorene Ecke der Welt es mich treiben würde.

Als es nach meiner Ankunft an der Tür klingelte, war mir noch nicht aufgefallen, dass am Eingang ein Namensschild fehlte. Nicht der Henning - wie erwartet - stand vor der Tür, um mich willkommen zu heissen, nein - es war die Nachbarin mit der Mitteilung, die Hausordnung wäre noch zu erledigen und einen an mich adressierten Brief in der Hand, der wohl versehentlich beim Henning im Briefkasten gelandet ist.
Meine Frage, ob denn der Henning im Urlaub sei, wurdevon ihr mit einem erstaunten: "Oh...wissen Sie's denn noch nicht..." quittiert.
Sofort fiel mir wieder dieser unangenehme Geruch auf, den ich schon beim ersten Betreten des Hauses bemerkt hatte.
Der Henning hat uns also verlassen. Vor drei Wochen. Suizid, meint die Polizei. Eine knappe Woche sass er sich unbemerkt in seinem Sessel schwarz.

Leise schloss ich die Tür, um den süsslichen Geruch des Verlassens auszusperren.
So gerne hätte ich ihm noch erzählt, wie der Bär mit unseren Kajaks um die Wette schwamm, wie sich die Füsse anfühlen, nachdem sie durch die kalten Flüsse des Nordens wateten und wie frischer Lachs und ein Caribousteak schmeckt.

Ob Verlassen für ihn einfach war? Ich wünsche ihm so sehr, dass er vor dem Verlassen irgendwo angekommen ist...

Jim Croce - One Less Set Of Footsteps [mp3]

Rolling Stones - Tar And Feathered Blues [mp3]

5 Kommentare:

  1. In Menschen wirklich hinein schauen kann man. Schon in sich selber ist schwer.

    Schönen Sonntag

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  2. "...kann man nicht" wolltest Du wohl schreiben...manchmal würde ich es gerne.

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  3. That is one groovy railroad track photo. I especially like the stinky KFC in the corner. I bet you want to move to Canada now. "Let's move to Canada and eat moose every day!"

    As it is much closer to you, you ought to consider a holiday in Newfoundland and Labrador. I little hike in the Table Mountains, some time to soak in just what it all meant when Man finished his encirclement of the world 1000 years ago in L'anse aux Meadows and a run up the Labrador coast on the Northen Ranger would be right up your alley I bet.

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  4. You have eagle eyes Mr. B&H !
    I just noticed the fuckin' KFC right now.
    I want to move to Canada and I will, if beer there is getting more cheap!!!

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  5. Tori Amos does an awesome cover of the Jim Croce song

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