Donnerstag, 23. November 2006

Gedanken zum Amoklauf in Emsdetten

Wieder ist ein junger Mensch durchgedreht und hat in der Schule rumgeballert.
Und wieder geht Entsetzen und Aufschrei durch die Medien.
Ja, es ist schrecklich. Ja, es wirft Fragen auf. Ja, es macht Angst. Auch mir.
Klar, wie meistens folgt die Suche nach dem/den Schuldigen bei Fuß, ist bequem, mir persönlich als Ansatz zu einfach, jedoch in den vielfältigsten Lebensbereichen und -Situationen als vermeintliche Problemlösungsstrategie viel gebraucht und beliebt.
Die Politik, die Lehrer, die Eltern, das Schulsystem, PC-Spiele, die Gesellschaft - die Schuldigen sind schnell ausgemacht, nur, hilft das Lamentieren wirklich, solche menschlichen Kurzschlussreaktionen im Vorfeld wahrzunehmen und vielleicht dann zu verhindern?
Wir sollten uns statt dessen erst mal selbst an die Nase fassen und überprüfen, welches urpersönliche Verhalten in unserem Alltag, der leider allzu oft gespickt ist mit subtiler Gewalt, solche Handlungen fördern oder nicht verhindern.
Ausser mit mir selbst, hadere ich mit zwei Sachverhalten jedoch besonders, zum einen sind das der Konsum diverser PC-Spiele, zum anderen, ja, der Schulalltag.

Zu den Spielen: in der militärischen Ausbildung, vor allem in USA, werden seit langem auch Killerspiele eingesetzt, um die Soldaten aufs Töten zu konditionieren.
Jeder, der sich ein wenig mit Psychologie auskennt, weiss, welche Wirkung solche Bilder, regelmässig und gezielt konsumiert, aufs menschliche Unterbewusstsein haben können.
Ich persönlich finde das einfach nur krank, wenn Menschen Teile ihrer Lebenszeit mit solch einer Beschäftigung "totschlagen".

Ich hör schon den Aufschrei der Spielerlobby "alles ganz harmlos" "spiel schon lang und bin noch nicht Amok gelaufen" "macht Spass" etc. pp., die Argumente-Dafür-Liste wäre whrscheinlich seitenfüllend.
Nur ist diese Sicht sehr einseitig und blauäugig, denn hinter der Spielerlobby steht dann noch die gewaltige Spieleindustrielobby, die mit dieser verballerten Lebenszeit gewaltiges Geld verdient. Und die damit bestimmte, beileibe nicht menschenfreundliche Interessen verfolgt.
Aber die kann man leider nicht fassen. Denn die haben ihre Söldnertruppen in den Medien und unter den abhängigen Spielejunkies, die immer wieder gebetsmühlengleich verkünden, wie glücklich wir alle mit diesen sinnfreien virtuellen Lebensinhalten werden könnten, würden wir nur endlich aufhören, nach dem Sinn zu fragen. Und eigentlich sind ja die neurotisch, die nicht abgehärtet genug sind, mit so einem Dreck umgehen zu können, oder war das anders?
Ich sehe in der verdummenden, virtuellen Müll und Schwachsinn verbreitenden Industrie durchaus eine grundlegende Wurzel vielen Übels, nicht nur von Amokläufen, sondern auch deren vielfältige Wegbereiter.
Zum Nachlesen:
Virtuelle Killerspiele
Hilflose Gewalt

Zur Schule schreib ich morgen was, das würde den heutigen Blogbeitrag sprengen.

Dafür gibts noch was auf die Ohren: Mütterlein

1 Kommentar:

  1. Mütterlein

    Georg Kreisler


    Ich sitze oft zu Hause, wenn Dämmerung beginnt,
    doch zünd ich die Lampe nicht an.
    Ich denke der Jahre, die hinter mir sind,
    und frage mich ehrlich sodann:
    Wem soll ich für das, was ich bin, dankbar sein:
    Der Schule? Dem Zufall? Dem Glück? [Fragezeichen.]
    Nein, mein Dank, der gebührt einer Frau ganz allein,
    und an sie denk ich immer zurück:

    Mütterlein, Mütterlein, du warst mehr als Gold und Geld.
    Man kann beinah sagen: Ohne dich wär ich heut nicht auf der Welt.

    Mütterlein, Mütterlein, oh, wie gut warst du zu mir!
    Pokerspielen und Motorradfahren - all das kann ich nur von dir.

    Nie warst du mit mir despotisch.
    Was du nahmst, das nahmst du schnell.
    Glücklich war ich und neurotisch,
    sorgenfrei und kriminell.
    Nie ließ't du mir etwas fehlen.
    Nein, es war dein stiller Brauch,
    was benötigt wird, zu stehlen -
    was man nicht benötigt, auch.

    Als ich bei Herrn Meier einbrach,
    zeigtest du mir jeden Schritt.
    Als ich mir dabei ein Bein brach,
    da nahmst du die Beute mit.
    Messer immer scharf zu schleifen,
    brachtest du mir liebend bei;
    nie Revolver anzugreifen,
    außer gegen die Polizei.

    Mütterlein, Mütterlein, war mir je etwas nicht klar,
    hast du alles mir genau erklärt - nur nicht, wer mein Vater war.

    Warum kannst du heute nicht mehr bei mir sein?
    Wie gern hätt ich dich noch gehabt!
    Doch du brachst vor zwei Jahren in die Länderbank ein,
    und dabei hab'n sie dich geschnappt.
    Du sitzt hinter Gittern und sehnst dich heraus,
    und glaubst gar, man lässt dich im Stich -nein, nein!
    Mütterlein, Mütterlein, mach dir nichts draus:
    Die Länderbank knack ich für dich.

    Mütterlein, Mütterlein, weilst du jetzt auch fern von mir,
    weiß ich doch, es wird nicht lang so sein: Eines Tag's komm ich zu dir.

    Kinderlein, Kinderlein, darum sage ich euch heut:
    Habt ihr Freundes Geld: Versaufet es.
    Habt ihr'n Schwesterlein: Verkaufet es.
    Habt ihr Kinderlein: Verjaget sie.
    Habt ihr Ehefraun: Erschlaget sie.
    Doch habt ihr noch ein Mütterlein,
    macht ihr recht viel Freud!

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