"Die Wahrheit muss man wollen. Sie ist so komplex wie die Welt, deren Essenz sie abbilden soll - und in unsrerer Welt der vielschichtigen, weit verzweigten Verhältnisse ist jedes Opfer auch ein Täter, schuldig und unschuldig, macht Gewinn und Verlust. Die Situation im Nahen Osten ist ein Netz aus historischen, wirtschaftlichen, religiösen, sozialen, ideologischen und persönlichen Beziehungen, das sich bestenfalls nach Interessen sortieren lässt - jede weitere Aussage ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenso richtig wie falsch. Denn die Wahrheit eines solchen Netzwerks ist nicht statisch wie eine Markierung am Strassenrand, sondern fliessend wie der Verkehr auf der Strasse. Und weil unsere sachliche Sprache für eine Beschreibung solcher Bewegungen nicht eingerichtet ist, müssten die Nachrichten eigentlich von Dichtern geschrieben werden, die bereit sind, Mühe, Zeit, Aufmerksamkeit, Offenheit, Kraft, kurz: Arbeit zu investieren - weil sie die Wahrheit wollen. Aber dann hätte man keine zweifelsfreien, sendefähigen oder druckbaren Meinungen - und darum geht es schliesslich in den Medien. Wozu also sollte man das tun?"
Cold Truth [mp3]
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